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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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die Mägde die Reste des Mahls abgetragen hatten, kamen die Männer auf ihre Probleme mit dem Keilburger zu sprechen. »Wie ich hörte, hat Graf Konrad sich einer Burg bemächtigt, die Euch zusteht?«, begann der Württemberger.
    »So ist es«, erklärte Ritter Dietmar rasch und berichtete dem Grafen von dem seltsamen zweiten Testament seines Oheims, das die Herrschaft Mühringen angeblich dem Keilburger zusprach. »Er hat sich der Burg im Handstreich bemächtigt und ist nicht bereit, meine Ansprüche anzuerkennen«, schloss er mit grimmiger Miene.
    Eberhard von Württemberg blies die Wangen auf. »Kann man denn nicht Ritter Otmar befragen, weshalb er sich zu diesem zweiten Testament überreden ließ?«
    »Das hätte ich schon getan, wenn es möglich gewesen wäre. Graf Konrad behauptet, mein Onkel hätte sich in ein Kloster zurückgezogen, aber er wisse selbst nicht, in welches, sonst hätte er ihn längst gerufen.« Ritter Dietmars Miene zeigte deutlich, dass er das für eine wohlfeile Ausrede hielt.
    Graf Eberhard schien der gleichen Meinung zu sein. Er stützte sein bärtiges Kinn auf die Rechte und spielte mit der Linken an einem der silbernen Zierknöpfe auf seinem Wams. »Ich kann nicht behaupten, dass mir die Situation gefällt. Auf alle Fälle werde ich Eure Sache dem Kaiser vortragen. Ihr sagt, Ihr besitzt ein gesiegeltes und von Zeugen unterzeichnetes Testament Eures Onkels?«
    »Das will ich meinen – und zwar doppelt«, rief der Arnsteiner mit einem zufriedenen Lächeln. Er nestelte einen Schlüssel von seinem Gürtel, streckte seiner Frau die Rechte hin und nahm einen ähnlichen Schlüssel in Empfang. Giso, der einen dritten Schlüssel von seinem Gürtel löste, nahm die anderen beiden entgegen und verließ den Saal, um den Vertrag zu holen. Kurz danach kam er mit einer Lederhülle zurück, die er weit von sich hielt.
    »Hier ist der Vertrag, Herr. Ich will aber nicht behaupten, dass er besonders gut riecht.«
    Der Burgherr sah irritiert auf und schnupperte an dem Leder.
    Der Geruch, der der Rolle entströmte, brachte ihn zum Husten.
    »Da stimmt etwas nicht«, sagte er, als er wieder Atem bekam. Vorsichtig faltete er die Hülle auseinander und starrte fassungslos auf die zur Unkenntlichkeit verfärbten Pergamentfetzen, die einen penetranten Gestank verbreiteten.
    Der Württemberger ließ sich von einem Diener ein Tuch reichen, um seine Hand zu schützen, und hob eines der Stücke auf. Es wirkte wie verbrannt, und von der Schrift darauf war nichts mehr zu sehen. Der Graf reichte es kopfschüttelnd dem Burgherrn. »Es sieht aus, als hätte der Keilburger Euch einen üblen Streich gespielt. Jemand hat Säure auf das Pergament gegossen und es damit zerstört. Ich fürchte, Ihr habt einen Spion in der Burg.«
    Zu ihrem Entsetzen sah Marie einige Augenpaare auf sich gerichtet. Ritter Dietmar starrte auf das Leder, als könne er nichtfassen, was er dort erblickte. Dann warf er das stinkende Ding mit einem Fluch zu Boden und schlug mit der Faust auf den Tisch.
    »Das wird dem Keilburger auch nichts helfen. Immerhin liegt die zweite Ausfertigung sicher verwahrt im Kloster St. Ottilien. An die kommen Graf Konrads Leute gewiss nicht heran.«
    Abt Adalwig, der auf der anderen Seite des Burgherrn saß, stieß einen Ruf der Verwunderung aus. »Aber nein! Ihr habt das Testament doch vor ein paar Wochen durch Euren Schreiber Jodokus holen lassen, Ritter Dietmar.«
    Der Burgherr starrte den Abt aus weit aufgerissenen Augen an. »Das ist unmöglich. Ich habe nie …« Er brach ab und knirschte mit den Zähnen. »Darum ist Jodokus also verschwunden. Er hat zuerst mein Exemplar des Testaments mit Säure zerstört und danach die Abschrift aus dem Kloster geholt. Oh, ich Narr! Warum bin ich nicht gleich misstrauisch geworden, als der verdammte Mönch nicht mehr aufzufinden war?«
    In der Halle war es nach dem kurzen Wutausbruch des Burgherrn still geworden. Die Leute sahen sich an, und in ihren Gesichtern spiegelte sich die Angst vor einem Feind, dessen Macht stark genug war, Verträge zu vernichten, die hinter dicken Mauern in mehrfach verschlossenen Truhen ruhten. Einige bekreuzigten sich.
    Der Graf von Württemberg spürte, dass etwas geschehen musste, um die Angst der Anwesenden vor der scheinbar grenzenlosen Macht Konrads von Keilburg zu vertreiben. Er trank einen Schluck Wein und legte seinem Gastgeber die Hand auf die Schulter.
    »Habt Ihr uns nicht zu einer Taufe geladen, Ritter Dietmar?«
    Der Angesprochene nickte

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