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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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schmollend in eine Ecke verzogen hatte. Gerlind gesellte sich zu ihr und redete auf sie ein.
    Schließlich legte Marie die Münzen, die für Fita bestimmt waren, beiseite, verteilte ihren und Hiltruds Anteil auf die erbeuteten Ledertäschchen und reichte Hiltrud eines davon. Dann streckte sie sich und gähnte ausgiebig. »So etwas Warmes im Magen tut gut. Ich fühle mich schon viel besser. Du musst mir das Rezept für das Gebräu verraten, Gerlind. Es beruhigt nämlich auch die Schmerzen in meinem Bauch.«
    »Es wird dich noch viel mehr beruhigen«, spöttelte Berta.
    Hiltrud bekam noch mit, dass Gerlind ihr einen Stoß versetzte, und wollte etwas sagen, doch ihre Zunge wurde auf einmal so schwer wie ihre Augenlider. Sie sah noch, dass Marie neben ihr vornübersank, dann glitt sie in einen dichten Nebel, der schnell schwärzer wurde. Das Letzte, was sie vernahm, war Bertas Lachen. »Das war ein guter Trunk. Die beiden schlafen schon wie Murmeltiere.«
    Gerlind starrte auf die beiden zusammengesunkenen Frauen und spie aus, als ekle sie sich vor sich selbst. »Wir müssen schleunigst von hier verschwinden, denn ich weiß nicht, wie lange das Zeug wirkt. Los, Berta, nimm ihnen das Geld ab.«
    Berta ließ sich das nicht zweimal sagen, sondern sammelte hastig Fitas Anteil auf. Dann schnitt sie Marie und Hiltrud die Ledertäschchen und die schmaleren Beutel mit dem eigenen Geld ab und reichte Gerlind einen Teil davon.
    Die alte Hure kämpfte sichtlich mit ihrem Gewissen. »Wir sollten ihnen nicht alles abnehmen.«
    Berta winkte lachend ab und steckte die Börsen ein. »Pah, jeder ist sich selbst der Nächste!«
    Dann deutete sie auf Hiltruds und Maries Bündel. »Was ist mit dem Zeug? Nehmen wir das auch mit?«
    Gerlind schüttelte den Kopf. »Wir haben schon genug zu schleppen. Kommt, lasst uns aufbrechen.«
    Berta verzog ihr Gesicht zu einem gehässigen Lächeln. »Mit dem größten Vergnügen. Es wird mich bis ans Ende meines Lebens freuen, dass ich den beiden hochnäsigen Miststücken diesen Streich spielen konnte. Jetzt, wo sie kein Geld mehr haben, müssen sie die Beine für jeden stinkenden Bock breit machen.«
    Sie drehte sich um, ohne ihrer alten Gefährtin Fita noch einen einzigen Blick zu gönnen, und stapfte mit zufriedener Miene davon. Märthe folgte ihr auf dem Fuß, während Gerlind zauderte. Erst als die beiden anderen nach ihr riefen, gab sie sich einen Ruck und ließ die betäubten Frauen schutzlos zurück.

IX.
    A ls Marie zu sich kam, war es kurz vor Mittag. Das verwirrte sie im ersten Moment, denn in ihrer Erinnerung war eben erst späterNachmittag gewesen. Dann begriff sie, dass sie fast einen ganzen Tag geschlafen hatte, und dachte sofort an Gerlinds unangenehm schmeckenden Tee, der ihren Mund immer noch wie Galle zusammenzog. Mühsam richtete sie sich auf und sah sich um. Keine Armspanne neben ihr lag Hiltrud in tiefem Schlaf. Marie musste sie mehrmals schütteln, bis sie aufwachte.
    »Was ist los?«, stöhnte Hiltrud und fasste sich an ihren Kopf.
    »Gerlind hat uns mit ihrem Tee betäubt.«
    Hiltrud sah sich schlaftrunken um. Außer Fita, die starr auf ihrem Moosbett lag, war niemand zu sehen. Gerlind, Berta und Märthe waren verschwunden, und mit ihnen auch die Börsen, die an ihren Gürteln gehangen hatten.
    Hiltrud presste einen Fluch hervor, der selbst dem abgebrühtesten Priester die Haare aufgestellt hätte. »Diese ungewaschenen Teufelshuren haben all unser Geld gestohlen.«
    Marie sah ungläubig an sich herab und entdeckte die Reste der Lederriemen, mit denen sie ihre eigene und die erbeutete Börse befestigt hatte. Ihr lief es heiß und kalt den Rücken hinunter, und sie griff rasch unter ihren Rock, um zu sehen, ob auch Siegward von Riedburgs Gold und der Rest ihrer Ersparnisse gestohlen worden waren. Als sie die Beutel und Täschchen mit den harten Münzen ertastete, jubelte sie auf.
    Hiltrud starrte sie an, als hätte sie ihren Verstand verloren. »Was ist denn in dich gefahren? Gerlind und ihre Kumpaninnen bestehlen uns, und du freust dich noch darüber?«
    »Es ist nicht so schlimm, wie ich dachte.« Marie hob ihren Rock hoch und zeigte ihrer Freundin die verborgenen Schätze. »Das Geld hier ist mindestens zehnmal so viel wert wie das, was sie uns abgenommen haben. Was bin ich froh, dass sie nicht auf die Idee gekommen sind, uns zu durchsuchen.«
    Hiltrud atmete auf, doch ihre Wut auf die Diebinnen war größer als ihre Freude über Maries kleines Vermögen. »Die diebischen Weiber

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