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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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werden uns jede Münze wiedergeben – und zwar doppelt!Komm, Marie, wir suchen ihre Spuren und folgen ihnen. Ich haue Berta ungespitzt in den Boden.«
    »Zuerst müssen wir uns um Fita kümmern.« Marie wartete Hiltruds Antwort gar nicht erst ab, sondern kämpfte sich auf die Beine und ging zu der Kranken hinüber. Als sie ihr Gesicht sah, wurde ihr klar, dass sie nichts mehr für sie tun konnte.
    Sie wandte sich ab und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Fita ist tot. Das Einzige, was mich daran tröstet, ist, dass sie wegen Gerlinds Schlaftrunk nicht leiden musste.«
    Hiltrud stemmte die Arme in die Hüften und sah mit grimmigem Gesicht auf die Tote herab. »Ha! Gerlinds Gebräu wird sie umgebracht haben.«
    »Der Tee hat ihr Ende höchstens beschleunigt. Ich glaube nicht, dass Fita die nächsten Tage überstanden hätte, denn sie war zu schwer verletzt und hatte keinen Lebenswillen mehr.«
    Marie kniete nieder und streichelte das abgemagerte Gesicht der Toten. »Lebe wohl, Fita. Wenn es einen gerechten Gott gibt, so wird er dich mit deinem Kind vereinen, das du empfangen hast, ohne es zu wollen, und das du ohne dein Zutun wieder verloren hast.«
    »Gott gebe ihr die ewige Ruhe. Was machen wir mit ihr? Wir können sie so nicht liegen lassen.« Hiltrud trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.
    »Wir müssen Fita begraben.«
    Marie ließ Hiltrud keine Zeit zur Widerrede, sondern nahm Fitas Dolch und fing an zu graben. Hiltrud murrte und schimpfte, weil sie Berta nicht entkommen lassen wollte, half aber tatkräftig mit. Der Nachmittag schwand, während sie mit ihren unzulänglichen Mitteln ein Loch in die Erde gruben, und als sie die letzten Steine auf Fitas Grab wuchteten, sank bereits die Sonne.
    Hiltrud reckte ihre steifen Muskeln und seufzte. »Wir müssen noch ein Gebet für sie sprechen. Aber ich weiß nicht die richtigen Worte.«
    Marie versuchte sich an die Gebete zu erinnern, die sie im Konstanzer Münster und der Stephanskirche gehört hatte. Früher hatte sie beinahe täglich die heilige Messe besucht und den Liedern der Sängerknaben gelauscht. Da Hiltrud sichtlich nervös war und noch im letzten Licht des Tages einen neuen Lagerplatz suchen wollte, beschloss sie, es kurz zu machen.
    »Nimm Fita in Gnaden auf, oh Herr. Sie war in ihrem Herzen zu gut für diese Welt, Amen«, sagte sie und warf eine Hand voll Erde auf das Grab. Hiltrud riss ein paar Blüten ab und streute sie darüber. Bevor sie aufbrachen, kehrten sie noch einmal kurz zurück, fertigten aus zwei Ästen und einem Streifen Tuch ein Kreuz und steckten es in die Erde. Dann verließen sie den Ort so schnell, als wären sie auf der Flucht.
    Zu ihrer Erleichterung hatten Gerlind und die anderen ihnen ihre Bündel gelassen, so dass sie mit dem Allernotwendigsten versorgt waren. Hiltrud besaß noch ein Kleid und Marie einen Kittel zum Wechseln, dazu zwei Decken, das Kochgeschirr, zwei Becher aus Holz und ein paar lebensnotwendige Kleinigkeiten, wie Zunder und Feuerstein und die Salben, die sie nach jener schlimmen Nacht dringend brauchten.
    Als Hiltrud eine gute Stunde später im Schutz tief herabreichender Tannen ihr Bündel abnahm, um sich ein notdürftiges Lager zu bereiten, fiel ihr ein kleiner Lederbeutel in die Hände. Zuerst wollte sie es nicht glauben, doch als sie hineinschaute, begann sie zu lachen.
    »Die diebischen Elstern haben auch meine Reserve übersehen. Es ist zwar nicht viel, aber wenigstens müssen wir unser Brot nicht gleich mit einem deiner Goldstücke bezahlen. So etwas zieht nämlich die Büttel an, die meist auch nur bessere Diebe sind. Die würden sofort behaupten, wir hätten das Gold gestohlen, und es uns abnehmen.«
    Marie streckte sich erschöpft auf ihrer Decke aus und stützte den Kopf mit dem Arm ab, um ihre Freundin anzusehen. »Das Golddürfen wir nur bei einem Juden wechseln. Alles andere wäre zu auffällig und könnte Siegward von Riedburg auf unsere Spur bringen.«
    Hiltrud war nicht in der Laune, sich derlei Belehrungen anzuhören, und reagierte leicht vergrätzt. »Von was sollen wir denn leben, wenn wir keine kleinen Münzen besitzen?«
    Marie richtete sich auf und legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm. »Zum einen sind nicht nur Goldmünzen in den Beuteln, sondern auch ein paar Schillinge und Regensburger Pfennige. Zum anderen könnten wir es so machen wie Gerlind, die sich auch früher schon für Brot, für einen Krug Wein oder etwas Fett und Honig für Pfannkuchen hingelegt hat.«
    »Danke,

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