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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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gekommen sind? Zwischen den Bäumen kommen wir nicht so rasch voran, wie es mir lieb wäre. Ich würde gerne einen guten Tagesmarsch zwischen uns und den Riedburger bringen.«
    Marie schlug die Arme um sich, als fröre sie. »Und was machen wir, wenn Nachzügler kommen?«
    »Die werden wir ebenfalls früh genug hören.« Hiltrud gab sich mutiger, als sie sich fühlte. Ihr erschien es sicherer, Junker Siegward weit hinter sich zu wissen als irgendwo im Umkreis, wo er sie jederzeit überraschen konnte. Marie konnte sich diesem Argumentnicht entziehen. So krochen sie aus dem Gebüsch und setzten ihren Weg schweigend fort, zuckten aber bei jedem Geräusch ängstlich zusammen.
    Sie hatten jedoch Glück. Im Osten zog bereits die Dämmerung auf, ohne dass ihnen ein Wanderer oder gar ein Riedburger Söldner begegnete. Schließlich erreichten sie eine Wegkreuzung und blieben stehen, um zu beraten, wohin sie sich jetzt wenden sollten. Mit einem Mal schrie Marie auf. Hiltrud legte ihr sofort die Hand auf den Mund.
    »Sei still«, herrschte sie ihre Freundin an.
    Marie keuchte erstickt und nickte. Als Hiltrud die Hand von ihrem Mund nahm, zeigte sie auf das blutige, entstellte Bündel, das einmal Gerlind gewesen war, und bog sich unter einer Welle von Übelkeit. Sie stolperte und krümmte sich zusammen, als sich ihr Magen entleerte, bis ihr Inneres nur noch aus Galle zu bestehen schien.
    Hiltrud konnte sich nicht um Marie kümmern, denn das Entsetzen hatte sie zur Salzsäule erstarren lassen, und sie vermochte ihren Blick nicht von dem von Fliegen umschwärmten Leichnam zu lösen, der sie aus leeren Augenhöhlen vorwurfsvoll anzublicken schien.
    »Gerlind war eine Diebin und hat uns verraten. Aber ein solches Ende hat sie nicht verdient«, sagte sie, als Marie sich erhob und neben sie trat.
    »Das hat kein menschliches Wesen.« Marie stöhnte vor Schmerzen, die der längst entleerte Magen ihr bereitete, und wankte gekrümmt davon.
    Hiltrud eilte ihr nach und entdeckte keine zehn Schritte von Gerlind entfernt die Überreste von Berta. Die fette Hure war so übel zugerichtet, dass man sie nur noch an ihren Haaren und den Resten des Hemdes erkennen konnte, das sie zuletzt getragen hatte. Wie es aussah, hatten Siegward und seine Leute all ihre Wut über den Diebstahl an den Körpern der Frauen ausgetobt,bis nur noch zerfetztes Fleisch und blanke Knochen übrig geblieben waren.
    Während Maries Magen sich ein wenig beruhigte, liefen ihr die Tränen in Strömen über die Wangen. »Wie konnte das geschehen?«
    »Sie müssen den Söldnern direkt in die Arme gelaufen sein und hatten keine Chance.« Hiltrud wandte sich schaudernd ab und hoffte, dass wenigstens Märthe den Schlächtern entkommen war. Die Hoffnung zerstob, denn die junge Hure lag ebenso nackt und ausgeweidet wie die beiden anderen am Wegesrand.
    Marie schüttelte verzweifelt den Kopf. »Wie können Menschen so grausam sein?«
    Hiltrud, die sich bis jetzt noch aufrecht gehalten hatte, begann beim Anblick der Reste des jungen Mädchens zu heulen. »Der Riedburger hat wahrscheinlich geglaubt, Gerlind und die anderen hätten sein Gold verschluckt«, erklärte sie mit vielen Schluchzern zwischen den Worten.
    »Gott im Himmel, das ist alles meine Schuld«, flüsterte Marie. »Wenn ich das Geld nicht gestohlen hätte, würden unsere Freundinnen noch leben und wären bei uns.«
    Bei diesen Worten richtete Hiltrud sich auf, trocknete ihr Gesicht am Ärmel und legte die Hände auf Maries Schultern. »Hör mir jetzt gut zu! Hätten die drei uns nicht betäubt und ausgeraubt, würden sie jetzt noch leben, und wir wären alle in Sicherheit. Was glaubst du, wohin Siegward von Riedburg und seine Totschläger unterwegs waren? Die reiten jetzt zu dem Platz, an dem die Diebinnen uns zurückgelassen haben. Eine von ihnen muss den Schlächtern den Weg erklärt haben. Hätten die Kerle sich nicht so lange mit dem Gemetzel aufgehalten oder hätte Gerlinds Schlaftrunk uns länger betäubt, lägen wir beide jetzt ebenfalls ausgedärmt am Boden. Unser Ende hätte sich wahrscheinlich noch länger hingezogen, weil der Riedburger seine Börse bei uns gefunden hätte.«
    Marie schüttelte es bei dieser Vorstellung, aber sie mochte ihre ehemaligen Gefährtinnen nicht ganz verdammen. Sie konnte sich vorstellen, dass eine von ihnen ihr Versteck aus Todesangst an die Riedburger verraten hatte, und versuchte das auch Hiltrud begreiflich zu machen.
    »Das mag ja sein«, unterbrach Hiltrud Marie rüde. »Mich

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