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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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der sich uns leisten könnte. Hätten wir das gewusst, wären wir wohl noch zwei oder drei Wochen länger in unserem gemütlichen Quartier geblieben.« Sie übersah dabei großzügig, wie sie über die zugige Kate mit dem defekten Kamin und dem undichten Dach geschimpft hatte.
    »Vielleicht gehen wir und bieten uns für die Hälfte an«, schlug Nina mit ihrem charmanten Akzent vor. »Sonst verhungern wir.« Das war zwar übertrieben, denn die Börse der Italienerin war vom letzten Jahr noch gut gefüllt. Trotzdem fand nicht nur sie die Entwicklung bedenklich.
    Marie war ebenfalls besorgt. Zwar besaß sie noch einige Ersparnisse aus dem Vorjahr und zudem die vor Goldgulden strotzende Börse Siegwards von Riedburg. Da sie dieses Geld jedoch für einen ganz speziellen Zweck verwenden wollte, war sie nicht bereit, auch nur eine Münze davon für das tägliche Leben zu opfern.
    Hiltrud wusste von dem Vermögen, das Marie mit sich herumschleppte, hatte es aber aufgegeben, ihr Ratschläge zu erteilen, denn Marie war in diesem Punkt keinem Argument zugänglich. Als Marie den anderen beipflichtete und die Befürchtung äußerte, sie würden, ginge es so weiter, sich im nächsten Winter nicht einmal die Hütte eines Schweinehirten mieten können, warf Hiltrud ihr einen spöttischen Blick zu. Dann starrte sie zu dem Wiesenstück hinüber, auf dem sich die Pfennighuren niedergelassen hatten. Dort warteten mehr als ein Dutzend Männer darauf, an die Reihe zu kommen.
    »Die Schmuddelweiber, die sonst keine Konkurrenz für uns sind, verdienen jetzt mehr als wir«, stellte sie in einem Tonfall fest, als sei das eine persönliche Beleidigung.
    Helma löste ihren dicken Zopf und begann, ihn neu zu flechten.»Das stimmt. Ich glaube, ich biete mich dem Nächsten für einen Schilling an, um das Geschäft zu beleben.«
    Marie hob warnend die Hand. »Das würde ich nicht tun. Wenn wir uns hier billiger verkaufen, müssen wir es auf dem nächsten Markt ebenfalls tun. Irgendwann werden wir so viele Kerle mit ins Zelt nehmen müssen wie die da drüben.«
    Helma stöhnte auf. »Aber was sollen wir tun? Gestern hatte ich nur einen Freier für vier Schilling und heute noch keinen einzigen.«
    »Der Mann dort sieht aus, als könnte er zahlen.« Nina wies auf einen untersetzten Mann mittleren Alters in übertrieben modischer Kleidung mit einer hautengen roten Hose, deren blaurot gestreifte Schamkapsel sein Gemächt besonders hervortreten ließ, einem weiß und grün abgesetzten Wams, das kaum über den Gürtel reichte, und einem grünen Filzhut, den eine rote Feder schmückte. Das Gesicht des Mannes wirkte derb, wie das eines Knechtes, der zu Reichtum gekommen war. Er wanderte eben an den Zelten der Pfennighuren vorbei und musterte einige von ihnen mit gerunzelter Stirn. Immer wieder schüttelte er den Kopf und kam dann, von den unflätigen Beleidigungen der Verschmähten begleitet, auf Maries Gruppe zu.
    Als er vor ihnen stand und sie betrachtete, hellte sein Gesicht sich auf. »Na, ihr vier könntet mir gefallen. Was haltet ihr davon, gut zu verdienen, gut zu essen und die schönsten Kleider zu tragen?« Hiltrud lachte kurz auf. »Davon halten wir sehr viel. Aber wir würden gerne den Pferdefuß kennen lernen, der dahinter steckt.« Der Mann hob in gespieltem Entsetzen die Hände. »Kein Pferdefuß, um Gottes willen. Mein Angebot ist ehrlich gemeint. Wenn ihr es geschickt anfangt, verdient ihr innerhalb eines Jahres genug für euer restliches Leben.«
    »Danke, aber wir haben keinen Bedarf, uns in die Hände eines Hurenwirts zu begeben, der uns unser Geld wegnimmt und uns jeden räudigen Bock, den kein ehrliches Frauenzimmer auch nurmit Eisenhandschuhen anfassen würde, in die Kammer schickt.« Hiltrud winkte ab und drehte dem Mann den Rücken zu.
    Er ging um sie herum und fasste sie am Kinn. »Das kann ich so nicht gelten lassen, meine Schöne. Sehe ich etwa aus wie ein Hurenwirt? Wenn ihr mit mir kommt, könnt ihr auf eigene Rechnung arbeiten und erhaltet zudem einen echten Goldgulden als Handgeld vom ehrenwerten Rat der Stadt Konstanz.«
    Marie zuckte bei dem Namen ihrer Heimatstadt zusammen. Gleichzeitig erinnerte sie sich daran, dass das geplante Konzil schon begonnen haben musste. Am liebsten wäre sie schnurstracks dorthin gelaufen, um zu sehen, ob sie in der Stadt etwas gegen ihren ehemaligen Verlobten unternehmen konnte. Ihre Angst, erkannt und erneut ausgepeitscht zu werden, war jedoch größer als ihr Wunsch, mit eigenen Augen zu

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