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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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gespottet hatte, da die ungewöhnlich große Ansammlung von Waffenknechten, Dienstboten undMönchen sie anzog wie ein Pferdeapfel die Fliegen. Der Hurenwerber brachte Nachschub für die besseren städtischen Bordelle, in denen die Mitglieder des Konzils nach langen und schwierigen Verhandlungen Entspannung suchten, und ein paar Frauen, die wie Marie und Hiltrud auf eigene Rechnung arbeiten wollten.
    Jobst hatte einen Wagen gemietet, der bei schlechterem Wetter rundum geschlossen werden konnte, damit keine von ihnen zu Fuß gehen musste oder ihm gar krank wurde. Jetzt war die Plane hochgebunden, damit die Frauen die Landschaft betrachten und, wie Marie im Geheimen spöttelte, selbst schon von den Reisenden begutachtet werden konnten. Jobst saß vorne auf einem Brett, das als Bank quer über den Seitenwänden befestigt worden war, und verkürzte den Frauen die Reise, indem er Geschichten über die Gegenden erzählte, durch die sie kamen. Jetzt blickte er auf die müde Schar herab und wies auf den See. »Eure schöne, freie Zeit geht nun zu Ende. Heute Abend werden wir drüben in Konstanz sein, und dann dürft ihr ordentlich anschaffen.«
    Die Frauen sahen sich erleichtert an, denn sie fühlten sich wie zerschlagen und sehnten nur noch den Augenblick herbei, in der sie das holpernde Gefährt verlassen konnten. Kordula, die Älteste unter den Huren, drückte es drastisch aus. »Es wird auch Zeit, Jobst. Mein Hintern ist schon ganz zerstoßen.«
    »Aber nicht so, wie du es sonst gewohnt bist«, spöttelte Helma, die den weichen Teil ihrer Habe zu einem Polster zusammengebunden hatte, um sich gegen die Schlaglöcher zu schützen.
    Die anderen hatten ihre Decken gefaltet und auf das blanke Holz gelegt, doch das half nur wenig. Der stabile Wagen war für Fässer und ähnlich schweres Gut gebaut worden und völlig ungeeignet für das empfindliche Gesäß einer Frau. Das bekam der Hurenwerber nun von allen Seiten zu hören.
    Jobst zog beleidigt die Augenbrauen hoch und hieß den Fuhrknecht, der neben den beiden Pferden einherging, das Gespann anzuhalten. »Wenn euch so viel daran liegt, Bewegung zu bekommen,dann steigt aus. Wir legen den Weg zum Ufer zu Fuß zurück.«
    Er sprang über den Rand des Wagenkastens und landete mit einer angedeuteten Verbeugung auf dem Boden. Dann reichte er Marie, die als Erste aufgestanden war, die Hand. Sie warf sich die Decke über die Schulter, hob ihr Bündel auf und ließ sich von ihm hinunterhelfen. Hiltrud folgte ihr auf dem Fuß. Sie legte Marie, kaum dass sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte, die Hand auf die Schulter und schob sie ein Stückchen weiter, um mit ihr zu reden. Die Berührung verstärkte den Juckreiz auf ihrem Rücken. Sie begann sich heftig zu kratzen.
    »Was hast du? Du wirst dir doch keine Krankheit zugezogen haben?«, fragte Hiltrud besorgt.
    Marie bewegte die Schultern, um die Spannung zu lindern.
    »Es juckt, als wären die Narben auf meinem Rücken noch ganz frisch.«
    »Wir hätten nicht herkommen dürfen.« Hiltrud hatte ihre Stimme gedämpft, so dass die Frauen hinter ihnen sie nicht verstehen konnten.
    Marie schüttelte abwehrend den Kopf. »Nein, es war die richtige Entscheidung, ich muss mich meiner Vergangenheit endlich stellen.«
    Hiltruds Rechte fuhr heftig durch die Luft. »Vergiss, was damals gewesen ist. Versuche, in Konstanz so viel wie möglich zu verdienen, und schau, ob du mit diesem Geld und den Ersparnissen in deiner Tasche irgendwo anders ein neues Leben beginnen kannst.«
    »Du meinst: Wir sollten danach ein neues Leben anfangen. Dagegen habe ich nichts. Aber keine Stadt wird zwei Frauenzimmern zweifelhafter Herkunft das Bürgerrecht verleihen, es sei denn, wir wären reich genug, uns die Söhne des Bürgermeisters als Ehemänner kaufen zu können.«
    Hiltrud wusste, dass Marie Recht hatte und sie einem Traumnachhing. Dennoch begann sie zu lachen. »Wer weiß, vielleicht verdienen wir tatsächlich so viel. Jobst zufolge sollen die Konzilherren ja sehr freizügig sein.«
    »Wollen wir es hoffen«, sagte Kordula, die zu Marie und Hiltrud getreten und die letzten Worte gehört hatte. Jetzt musterte sie Hiltrud kritisch. »Für uns beide wäre es nicht schlecht, wenn wir uns nach dem Konzil vom Geschäft zurückziehen könnten. Schließlich sind wir gerade noch jung genug, ein oder zwei Bälger in die Welt zu setzen. In ein paar Jahren werden wir zahnlose alte Vetteln sein.«
    Marie verzog das Gesicht, als sie das hörte. Wer sollte eine Hure

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