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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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dir die derbste Tracht Prügel, die du jemals eingefangen hast.«
    »Das muss ich mir in meinem eigenen Haus nicht gefallen lassen!«, schäumte Mombert auf, zuckte jedoch zurück, als der Mann seine freie Hand hob. Da er für den geübten Krieger kein gleichwertiger Gegner war, beschränkte er sich weiterhin darauf, lauthals zu schimpfen. »Lass sofort meine Tochter los, du Lump. Dann packst du deine Sachen und verschwindest. Ich will dich hier nicht mehr sehen.«
    Der Ritter lachte ihn aus. Doch dann schien er einzusehen, dass der Böttcher die halbe Stadt herbeischreien würde, und ließ das Mädchen los. Hedwig konnte sich gerade noch am Geländer festhalten und den Sturz abfangen. Schnell kam sie wieder auf die Füße und huschte hinter den Rücken ihres Vaters. Philipp von Steinzell presste die Kiefer zusammen, starrte zornig auf die beiden herab und rieb sich die blutende Linke. Für einen Augenblick sah es so aus, als wolle er auf Mombert losgehen, um ihn für sein Dazwischentreten zu züchtigen.
    Michel, der an der Tür stehen geblieben war, trat in den Flur hinaus, bereit, dem Böttcher beizustehen. Philipp konnte in dem spärlichen Licht, das aus dem Zimmer fiel, nur seinen Umriss sehen und den seines langen Schwertes. Sofort zuckte er zurück, wandte sich mit einem halb wütenden, halb enttäuschten Schnauben ab und stieg die Treppe hoch. Oben drehte er sich noch einmal um und blickte verächtlich auf Mombert herab.
    »Wir sind noch nicht fertig miteinander, Fettkloß. Du hast mir und meinem Diener Quartier zugesagt, solange das Konzil dauert, und das werde ich auch in Anspruch nehmen.«
    Sein Blick verriet, dass er seine Absichten noch nicht aufgegeben hatte.
    Momberts Kopf schwoll rot an, und er machte Miene, seinem Quälgeist nach oben zu folgen und ihn wider alle Vernunft handgreiflichzur Rede zu stellen. Doch als er den Fuß auf die erste Stufe stellte, nahm er seinen ältesten Lehrling wahr, der sich weiter hinten im Flur herumdrückte und seinen Meister anstarrte. Da Mombert die Tür zur Werkstatt nicht hatte knarren hören, musste Melcher schon dort gewesen sein, als der Ritter Hedwig belästigte. Nun ergoss der Zorn des Böttchers sich über den Jungen.
    »Was hast du hier zu suchen, du fauler Schwachkopf?«, schrie er ihn an und bedachte ihn mit einigen weiteren Unfreundlichkeiten.
    »Wilmar hat mich geschickt, um zu fragen, wann Ihr in die Werkstatt kommt. Wir haben viel Arbeit.« Melcher lachte seinem Meister dabei respektlos ins Gesicht.
    Mombert ging auf den Burschen zu und hob die Hand, um ihm eine Ohrfeige zu versetzen, blieb dann aber stehen und winkte ärgerlich ab.
    »Ich bin weder dir noch Wilmar Rechenschaft schuldig. Gerade habe ich einen Gast, um den ich mich kümmern muss, sag ihm das.« Mombert drehte sich brüsk um, fasste Michel bei der Schulter und schob ihn in die gute Stube zurück.
    Melcher starrte eine Weile auf die Stubentür, hinter der sein Meister mit Hedwig und Michel verschwunden war, und blickte dann nach oben, wo man Ritter Philipps Fluchen durch die geschlossene Kammertür hören konnte. Ein paar heftige Atemzüge später horchte er an der Tür zur Werkstatt, um festzustellen, ob man dort auf die Geschehnisse hier draußen aufmerksam geworden war. Als nur die normalen Arbeitsgeräusche zu hören waren, schlich er erneut zur Tür der guten Stube und legte sein Ohr an das Holz. Nach einer Weile wandte er sich enttäuscht ab und schlüpfte durch die Vordertür ins Freie.
    Draußen sah er sich sorgfältig um und rannte dann die Gasse hinab. Nach wenigen Minuten erreichte er eine Weinschenke in Hafennähe, die trotz der frühen Stunde bereits gut besucht war.Dort blieb er hinter der Eingangstür stehen und hielt Ausschau. Die Person, die er suchte, schien ihn erwartet zu haben, denn er wurde von einer kräftigen Faust gepackt und in einen leeren Nebenraum gezerrt.
    »Da bist du ja endlich! Ich warte schon seit gestern auf dich. Erzähl mir, was geht in Flühis Haus vor? Gibt es etwas Neues?« Es war Utz, der Fuhrmann, der in einer Zeit, in der jeder Fuhrknecht den doppelten Lohn erhielt, weil es galt, die zahlreichen Gäste in Konstanz und Umgebung zu versorgen, in einer Schenke herumsaß.
    Der Junge stellte sich auf die Zehenspitzen und brachte seinen Mund nah an Utz’ Ohr. »Es hat einen weiteren Streit zwischen dem Meister und dem Ritter gegeben, und Flühi ist so laut geworden, dass ihn die Leute noch drei Häuser weiter schreien gehört haben. Er hat gedroht,

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