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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wollte«, log der Junge.
    Utz warf einen spöttischen Blick auf den Kuchenrest in Melchers klebrigen Händen. »Wenn du als Diener eines hohen Herrn ebenso herumtrödelst, wird er dich bald wieder auf die Straße setzen. Vielleicht sollte ich mir besser einen anderen Helfer suchen.«
    Melcher schluckte rasch das letzte Stück Kuchen hinunter und rieb die Handflächen an seinem Hosenboden sauber. Utz legte ihm die Hand um die Schulter und beugte sich zu ihm nieder.
    »Ist der Steinzeller zu seinen Freunden gegangen?«
    »Ja, und er hat zu seinem Diener gesagt, dass er nicht vor Einbruch der Dunkelheit zurückkommen wird. So wie ich ihn kenne, wird es sicher Mitternacht werden.«
    »Gut. Dann geschieht es heute Nacht. Du weißt, was du zu tun hast?«
    Melcher sah mit großen, bewundernden Augen zu dem Fuhrmann auf. »O ja. Ich werde alles genau so machen, wie du es mir aufgetragen hast.«
    »Das weiß ich doch.« Utz grinste, tätschelte dem Burschen die Wange und reichte ihm den halb vollen Weinbecher. »Komm, trink, mein Junge. Den Schluck hast du dir redlich verdient.«

IX.
    W ährend Melcher Utz’ Wein bis zur Neige leerte, hielt sich auch Philipp von Steinzell an seinem Becher fest. Er saß im Quartier des Ritters Leonhard von Sterzen und hörte den Männern zu, die Frieden zwischen ihrem Lehnsherrn Friedrich von Tirol und Kaiser Sigismund stiften wollten. Sein Vater hätte sichgewiss lebhaft an der Diskussion beteiligt und sich mit jedem gestritten, der nicht seiner Meinung war. Ihn aber langweilte die Politisiererei. Das Einzige, was die Zusammenkünfte der Verbündeten für ihn erträglich machte, war die Tatsache, dass der Sterzener einen ausgezeichneten Wein ausschenken ließ, während die raffgierigen Konstanzer Händler für einen lumpigen Krug Säuerling so viel verlangten wie eine Hure für ihre Dienste. Philipp trank seinen Becher aus und winkte dem Diener, ihm nachzuschenken. Da das Geschwafel der alten Männer ihn mehr und mehr anödete, überlegte er sich, wie er Mombert Flühi überlisten konnte, um endlich an seine Tochter zu kommen. Der Böttcher ließ das Mädchen ständig von Dienstboten bewachen und war jedes Mal zur Stelle, wenn er die Kleine auch nur ansah. Daheim auf Burg Steinzell hätte er dem Kerl ein paar Maulschellen verpasst und ihn in den Turm werfen lassen. Hier in Konstanz musste er jedoch vorsichtig sein, denn diese Pfeffersäcke waren imstande, ihn, einen Junker des Heiligen Römischen Reiches, in den Kerker zu sperren und seinem Vater ein hohes Lösegeld für ihn abzupressen.
    Irgendwann kriege ich Hedwig, dachte er wütend. Bis dahin musste er mit käuflichen Weibern vorlieb nehmen, obwohl ihn jeder Pfennig reute, den er für sie ausgab. Seufzend dachte er an die Mägde zu Hause in Steinzell.
    Der Junker hatte sich den Aufenthalt in Konstanz kurzweiliger vorgestellt und ärgerte sich, weil er seinen Vater überredet hatte, ihn zum Konzil reisen zu lassen. Er mochte sich gar nicht vorstellen, dass er sein bestes Stück jetzt in Odas weichen, willigen Leib stoßen könnte, statt hier auf dem Trockenen zu sitzen und die missbilligenden Blicke der anderen Gefolgsleute des Tirolers ertragen zu müssen. Er griff nach dem Becher, um seine trüben Gedanken hinunterzuspülen, stellte fest, dass er schon wieder leer war, und winkte erneut dem Diener mit der Weinkanne.
    Die Beratung ging bis tief in die Nacht, und Philipp von Steinzelltrank noch viele Becher, um die Besprechung ertragen zu können. Als die Herren sich zum Aufbruch fertig machten, war er so betrunken, dass er sich kaum aufrecht halten konnte. Nur der Wille, den anderen nicht weiteren Grund zur Kritik zu geben, ließ ihn steifbeinig zur Tür gehen, wo ihm ein Diener eine Fackel reichte, mit der er seinen Heimweg ausleuchten konnte. Die kalte Luft legte sich wie eine Schlinge um seine Kehle, und seine Beine drohten unter ihm nachzugeben, doch die Gewohnheit vieler durchzechter Nächte hielt ihn aufrecht und ließ ihn den Weg zum Haus des Böttchers finden.
    Als der Junker das Tor zum Hof nur angelehnt vorfand, wankte er zufrieden hinein, warf die Fackel in eine Ecke und urinierte gegen die Hauswand, um den reichlich genossenen Wein loszuwerden. Der Lehrjunge Melcher schien ihn erwartet zu haben, denn er öffnete vorsichtig die Haustür und leuchtete ihn mit einer Blendlaterne an. Philipp wandte sich zu ihm um, doch als er auf ihn zuwankte, dunkelte der Junge seine Laterne ab. Philipp nahm noch wahr, wie im Schein seiner

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