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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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verglühenden Fackel ein Schatten neben ihm auftauchte; bevor er jedoch reagieren konnte, legte sich eine Hand über seinen Mund und erstickte seine Frage. Gleichzeitig bohrte sich etwas in seine Brust. Schmerz durchbrach den Nebel, den der Alkohol um sein Bewusstsein gelegt hatte. Dann erlosch er wie eine ausgeblasene Kerze.
    »Der Kerl wird dir keinen Fußtritt mehr versetzen«, flüsterte Utz Melcher zu. »Los, mach das Tor zu und blende die Laterne wieder auf, damit wir ihn ins Haus tragen können.«
    In dem schmalen Lichtband, das die Lampe über den Toten warf, prüfte Utz, wie gut sein Messer getroffen hatte. »Genau ins Herz. Diesen Stoß muss mir erst einmal einer nachmachen.«
    Der Fuhrmann wickelte den Junker in die Decke, die er mitgebracht hatte, packte ihn unter den Achseln und hob ihn an. Melcher klemmte sich den Bügel der Laterne zwischen die Zähne und packte die Beine des Toten. Nachdem Utz ein paar verdächtigeSpuren entfernt hatte, schleppten sie den Junker ins Haus und blieben am Fuß der Treppe stehen. Es war nicht möglich, den Steinzeller in seine Kammer zu tragen, denn das Knarren des Holzes hätte die Schläfer im Haus geweckt. So legte Utz den Junker auf die unteren Stufen, wickelte ihn wieder aus und zog den Dolch aus der Wunde. Ein Schwall Blut schoss heraus und nässte den Fußboden. Utz nickte zufrieden, denn jetzt sah es so aus, als wäre der Junker an dieser Stelle erstochen worden.
    Er streckte die Hand aus. »Wo ist Flühis Messer?«
    Melcher zog eine schon recht dünn geschliffene Klinge mit klobigem Griff aus dem Gürtel. »Es war nicht leicht, es unbemerkt wegzunehmen«, flüsterte er in der Hoffnung auf ein Lob.
    Utz klopfte ihm auf die Schulter und stieß dann Meister Momberts Messer mit einem heftigen Ruck in den Wundkanal. »Fertig. Du schließt jetzt hinter mir das Hoftor und die Haustür ab und legst dich ins Bett. Wenn die Büttel kommen und dich befragen, sagst du, du hättest die ganze Nacht geschlafen und nichts gehört, verstanden?«
    Als der Lehrling nicht rasch genug antwortete, deutete Utz auf den Toten. »Schau ihn dir an, Melcher. Wenn du nicht genau das tust, was ich dir sage, wirst du bald ebenso tot sein.«
    Melcher begriff, dass der Fuhrmann die Drohung todernst meinte, und bekam zum ersten Mal Angst. Er zitterte, war aber nicht bereit, sich einschüchtern zu lassen. »Du hast versprochen, dass ich in die Dienste eines hohen Herrn treten kann. Wann wird das sein?«
    Utz legte ihm die Hand auf die Schulter. »Morgen ist es so weit. Wenn der Mord entdeckt worden ist und Meister Mombert im Loch sitzt, läufst du zum Hafen und steigst in Schiffer Hartbrechts Boot. Der wird dich nach Lindau mitnehmen und dort dem Hausmeister deines neuen Herrn übergeben.«
    Ein Geräusch im oberen Stockwerk ließ Utz aufschauen. Schnell blies er Melchers Laterne aus, so dass beide im Dunklen standen,fasste nach dem Jungen und zog ihn auf die Haustür zu. »Sei vorsichtig und denke an das, was ich dir eingeschärft habe«, mahnte er und verschwand lautlos in der Dunkelheit.

X.
    D er Tote wurde tatsächlich erst am nächsten Morgen entdeckt. Mombert Flühi stolperte im Licht der frühen Dämmerung über ihn und glaubte zunächst, Philipp von Steinzell wäre betrunken am Fuß der Treppe eingeschlafen. Als er den Diener des Junkers holen wollte, entdeckte er den dunklen Fleck auf dem Fußboden und gleich darauf den Messergriff in Philipps Brust. In seiner Aufregung bemerkte er nicht, dass es sich dabei um sein eigenes Messer handelte, sondern wich zurück und sah sich hilflos um.
    »Jesus, Maria und Josef, was für ein Unglück!«
    Seine Frau steckte den Kopf aus der Kammer. »Was ist los, Mombert?«
    »Der Junker, der Steinzeller. Er ist tot.« Mombert trat beiseite, damit seine Frau den Leichnam sehen konnte.
    Frieda Flühi schlug die Hände über dem Kopf zusammen und kreischte auf. »Mein Gott, ist er vielleicht betrunken von der Treppe gefallen und hat sich das Genick gebrochen?«
    Mombert schüttelte erregt den Kopf. »Nein, es steckt ein Messer in der Brust. Ruf Wilmar. Er muss zum Vogt laufen und das Verbrechen anzeigen.«
    Frieda Flühi nickte und segelte in ihrem zeltartigen Nachthemd davon. Kurz darauf hörte Mombert sie mit schriller Stimme auf den Gesellen einreden. Gleich darauf schoss Wilmar um die Ecke und starrte den Toten an, während er noch sein Hemd in die Hose stopfte.
    »Ist er wirklich tot?« Es klang nicht gerade bedauernd.
    Mombert befahl ihm, sich zu

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