Die Wanderhure
ich kenne keinen Ort, an dem wir sie unterbringen könnten. Als allein stehende Frau wird man sie überall als Hure ansehen und entsprechend behandeln. Wir dürfen sie ja nicht einmal in ein Kloster bringen, denn Abt Hugo würde davon Wind bekommen.«
Marie kniff die Lippen zusammen. Wie es aussah, gab es keine Möglichkeit, ihre Base in Sicherheit zu bringen, solange ihr Vater noch unter Anklage stand. Das war auch einer der Gründe, weswegen sie zu Eberhard von Württemberg ging und alles tat, um ihm zu gefallen. Er war der einzige Mensch auf Erden, der nicht nur bereit, sondern auch in der Lage war, sich für sie und ihre Verwandten einzusetzen.
Viel zu schnell für Michels Gefühl erreichten sie das Gebäude, das der Graf für sich und seine engere Begleitung in Beschlag genommen hatte. Es hieß allgemein, dass der Württemberger die früheren Bewohner mit Drohungen dazu gebracht hatte, ihm ihr Haus für die Zeit des Konzils zu überlassen und selbst nach Radolfzell zu ziehen, wo sie Verwandte besaßen. Da Graf Eberhard nicht zu den Armen gezählt werden konnte, nahm Marie an, dass der Hausherr der Verlockung einer Börse voll blanker Hirschguldenerlegen war. Dem Württemberger gefiel das Gerücht jedoch, und er ließ sogar zu, dass seine eigenen Leute es herumerzählten.
Für Konstanzer Verhältnisse war es ein imposantes Gebäude, mit einem aus großen, behauenen Steinen errichteten Erdgeschoss, zwei weiteren, vorkragenden Stockwerken, deren Fachwerk mit aufwändigen Schnitzereien verziert war, und einem ungewöhnlich großen Dachboden. Die Fenster waren mit Glasscheiben ausgestattet, die der Besitzer aus Murano importiert hatte, und die anders als das in der Umgebung hergestellte gelbliche Butzenglas so durchscheinend waren, dass man sie kaum wahrnahm. So brauchte man nicht das Fenster zu öffnen, wenn man sehen wollte, wer auf der Straße vorbeiging. Wer hier lebte, zählte seine Gulden nicht mehr einzeln, sondern in Beuteln zu je drei Dutzend, dachte Marie wieder einmal, als sie an die geschnitzte Tür aus Eichenholz trat und den Türklopfer anschlug. Ein Lakai öffnete ihr und ließ sie eintreten, während Michel einem Händler, der mit einem kleinen Fass auf dem Rücken durch die Straßen wanderte, einen Becher Wein abkaufte, der angeblich von der sonnigsten Lage drüben in Meersburg stammen sollte. Er merkte nicht einmal, wie sauer das Gesöff war, sondern stürzte es hinab, ohne das Haus, in dem Marie verschwunden war, aus den Augen zu lassen. Obwohl er wusste, dass sie in der Zeit, in der sie den Württemberger besuchte, zu Hause mindestens ein halbes Dutzend Freier empfangen hätte, störte es ihn, dass sie sich als Gespielin für den berüchtigten Lebemann hergab. Michel lehnte sich gegen eine Wand und starrte Löcher in die Steine der gräflichen Residenz.
Eberhard, Graf von Württemberg, empfing Marie in seinem Schlafzimmer. Die Vorhänge seines Himmelbetts waren zurückgeschlagen und ließen die aus Kirschholz gedrechselten Pfosten erkennen. Die Bettdecke aus rotem Seidenstoff trug sein Wappen, den springenden Hirsch. Dasselbe Zeichen zierte auchsämtliche Wandbehänge und Vorhänge im Raum. Die größte Tapisserie zeigte einen mächtigen Sechzehnender, der einen unvorsichtigen Jäger niederwarf. Diese Szene war ein Symbol. Württemberg war kein Raubtier, das andere bedrohte, aber wehrhaft gegen jeden, der es zu bedrängen suchte.
Marie knickste vor dem Grafen, der in seiner Unterhose und dem offenen Hemd nicht gerade hoheitsvoll aussah, und reichte ihm ihr Bündel. »Ich habe die übrigen Unterlagen mitgebracht, erlauchter Herr.«
Graf Eberhard nahm das Päckchen, sah kurz hinein und legte es uninteressiert auf einen Tisch, in dessen Platte der Württemberger Hirsch als Intarsienarbeit eingelegt war. Sein Blick glitt streichelnd über Maries angespanntes Gesicht, blieb für einen Augenblick auf den beiden gut geformten Hügeln haften, die sich unter ihrer Bluse abzeichneten, und schien sich dann durch den Stoff ihres Rockes zu stehlen.
Marie sah, wie sich die Hose des Grafen wölbte, und wusste, dass er jetzt nur an eine amüsante Balgerei im Bett dachte. So öffnete sie ihre Bluse und zog sie sich über den Kopf. Die Ausbuchtung in Graf Eberhards Hose wurde größer, und er atmete schneller, während er sich gleichzeitig mit der Zunge über die Lippen fuhr.
In ihren Gesprächen mit Madeleine hatte Marie einiges mehr darüber erfahren, wie man das Verlangen eines Mannes steigerte, bis er
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