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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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damit durch die Luft, so dass es pfiff. Dann wählte er den richtigen Abstand zu Maries Rücken und tippte ihn kurz an. Voller Vorfreude nahm er wahr, wie sich ihre Muskeln vor Angst verkrampften. Mit zufriedener Miene drehte er sich zum Richter um und blickte ihn auffordernd an. Als Pater Honorius den Daumen senkte, holte er aus und schlug zu.
    Marie biss die Zähne zusammen, als die Rute ihren Rücken versengte. Wie durch dichten Nebel hörte sie den Gerichtsschreiber »eins« zählen. Erneut klatschte die Rute auf ihren Rücken. Diesmal war es so schlimm, dass sie glaubte, ihr Rückgrat breche unter der Wucht. Ihr Körper schien in Flammen zu stehen, und sie verfluchte ihre Sturheit, die sie gehindert hatte, den Weg insKloster zu wählen. Bald konnte sie keinen klaren Gedanken mehr fassen, denn jeder Winkel ihres Seins wurde von Schmerzen durchflutet. Schlimmer konnten selbst die Qualen des Fegefeuers nicht sein.
    Marie hatte Hunold nicht den Triumph gönnen wollen, sie jammern zu hören. Doch schon beim fünften Hieb hatte ihr Wille keine Macht mehr über ihr Fleisch. Eine rote Woge überflutete sie und drohte sie zu ersticken. Sie riss den Mund weit auf, um nach Luft zu schnappen, und hörte sich im selben Moment schreien. Zuerst stieß sie ihre Qual nach jedem einzelnen Hieb hinaus, doch irgendwann brach ein schier nicht enden wollender Ton aus ihrer Kehle, der nichts Menschliches mehr an sich hatte. Bis zum zwanzigsten Hieb hörte Marie den Schreiber mitzählen, dann nahmen ihre Sinne nichts anderes mehr wahr als Schmerz.
    Hunold genoss den Anblick des zuckenden, sich windenden Frauenkörpers, dessen Rücken sich mehr und mehr rot färbte, und als er das Aufklatschen des dreißigsten Hiebs vernahm, spürte er ein erlösendes Ziehen in seiner Lendengegend, das einen Herzschlag später seine Hose nässte. Mehr Befriedigung hätte er selbst dann nicht erlangt, wenn er das Mädchen noch einmal vergewaltigt hätte. Wohlgefällig betrachtete er das blutige Muster, das sich in die bis auf die Muskeln zerfetzte Haut auf Maries Rücken eingegraben hatte und sich wie ein Schachbrett von den Schultern bis zu den Hinterbacken zog.
    Seine Hand griff unwillkürlich zu dem wohlgefüllten Geldbeutel an seinem Gürtel. Die dreißig Pfennige, die er für die Auspeitschung bekommen würde, waren ein Bettel, verglichen mit der Summe, die er von dem Advokaten für seine Dienste erhalten hatte. Doch das Geld würde ihm nicht halb so viel Vergnügen bereiten können, wie die kleine Schärerin es ihm verschafft hatte. Mit sich und der Welt zufrieden drehte er sich um und meldete dem Richter den Vollzug der Strafe.
    »Ist die Hure noch am Leben?« Pater Honorius’ Stimme klang bei dieser Frage so unbeteiligt, als fragte er den Küster von Sankt Stephan nach der Tageszeit.
    Hunold löste die Stricke, die Marie an den Pfahl gefesselt hielten, und sah zu, wie sie in sich zusammenfiel und zu Boden rutschte. Einen Moment blickte er auf sie herab, dann leerte er ein Schaff mit kaltem Wasser über ihr aus, das eigens für den Zweck bereitgestellt worden war, und stieß ihr mit dem Fuß in die Rippen.
    Marie stöhnte auf und hob mühsam den Kopf. »Du bist kein Mensch mehr, Hunold, sondern ein Dämon.«
    Der Büttel lachte dröhnend. »Ich hätte dich auch totschlagen können, Hure. Also danke mir lieber, dass du noch lebst.«
    Er wandte sich ab und überließ Marie den beiden Gerichtsdienern, die sie aus der Stadt schaffen sollten. Die Männer stellten sie auf die Beine. Während der eine sie festhielt, löste ihr der andere die Fesseln und streifte ihr einen Schandkittel über, der ihren Körper gerade nur bis zu ihren Oberschenkeln bedeckte und eher einem Sack als einem Kleidungsstück glich. Das Hemd war von grellgelber Farbe und zeigte vorne und hinten zwei verzerrte Dämonengesichter, welche die Unzucht und die Wollust darstellten. Die Männer fesselten Marie wieder und drehten sie um ihre Achse, so dass die Zuschauer sie noch einmal betrachten konnten. Dann winkten sie dem Knecht, der ihre Pferde hielt.
    »Komm, Hure, jetzt geht es zur Stadt hinaus!« Ehe Marie begriff, was der Gerichtsdiener damit meinte, schlang der Mann das Ende eines langen Seils um ihre vor dem Leib zusammengebundenen Hände und befestigte das andere Ende an einem Steigbügel. Ohne ihr noch einen weiteren Blick zu gönnen, schwangen er und sein Kamerad sich in die Sättel und trieben die Pferde an.
    Da Marie die Beine nicht gehorchen wollten, wurde sie zu Boden

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