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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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zu, mein Kind, und schlag dir die Flausen aus dem Kopf. Für die Leute in ihren properen Städten bist du nach diesem Urteil kein Mensch mehr, sondern Abschaum, genau wie ich. Für die feinen Bürger und das Gesinde, das ihnen die Füße leckt, sind wir weniger wert als der Dreck, den sie täglich von sich geben. Meist verbieten sie uns, ihre Städte zu betreten, und schimpfen sogar noch über uns, wenn wir vor ihren Toren an Hunger und Kälte verrecken. Manchmal verkaufen sie uns einfach an einen ortsansässigen Hurenwirt und halten das für gottgefälliges Mitleid.
    Einmal habe ich alle Vorsicht in den Wind geschlagen, weil ich dringend Stoff und Lebensmittel kaufen musste, und bin unbemerkt an den Torwachen vorbeigeschlüpft, um einen Wochenmarkt innerhalb des Stadtfriedens aufzusuchen. Natürlich hat der Marktaufseher mich erwischt und vom Gericht zu zehn Rutenhieben verurteilen lassen. Zum Glück war der Büttel, der sie mir geben musste, daran interessiert, mit mir zu schlafen, und schlug daher so sacht zu, dass ich kaum etwas gespürt habe.«
    Marie starrte Hiltrud fassungslos an. »Und? Hast du dich ihm hingegeben?«
    Hiltrud begriff Maries Entsetzen nicht. »Ja, natürlich. Schließlich wäscht eine Hand die andere. Wenn ich an den Falschengeraten wäre, hätte mein Rücken vielleicht so ausgesehen wie deiner.«
    Plötzlich sah Marie sich wieder nackt am Schandpfahl hängen, den Blicken der Gaffer schonungslos preisgegeben.
    »Ich … ich weiß nicht, warum man mir das angetan hat. Ich bin die Tochter eines wohlhabenden Bürgers zu Konstanz und war bis zu der Nacht vor meiner Auspeitschung noch Jungfrau. Zwei Männer haben mich verleumdet und behauptet, ich hätte mit ihnen Unzucht getrieben …«
    Sie sprudelte ihre ganze schreckliche Geschichte heraus und stöhnte vor Schmerz laut auf, als Weinkrämpfe ihren Körper erschütterten.
    Hiltrud griff nach einem Lappen, tauchte ihn in den Wasserbehälter, der neben ihrem Kopf hing, und wusch Marie damit das Gesicht ab. Dann ließ sie den Lappen auf ihrer Stirn liegen.
    »Bleib ganz ruhig, sonst bekommst du wieder Fieber. Es ist doch nichts mehr daran zu ändern. Du wirst dich mit deinem neuen Leben abfinden müssen.«
    Marie holte vorsichtig Luft und drückte aufgeregt Hiltruds Hand. »Nein, nein, das glaube ich nicht. Mein Vater wird das nicht zulassen. Bestimmt ist er schon auf dem Weg hierher. Er kann jeden Moment hier auftauchen.«
    Hiltrud sah sie skeptisch an. »Das wäre schön für dich.«
    »Ich bin ganz sicher, dass er in den nächsten Stunden auftaucht. Und er wird dich ganz gewiss reich dafür belohnen, dass du mich gerettet hast. Vielleicht brauchst du dann nicht mehr … nicht mehr so herumzulaufen.« Marie deutete auf Hiltruds gelbe Bluse.
    Hiltrud hatte Maries Erzählung entnommen, dass sich deren Vater nicht sonderlich energisch für sie eingesetzt hatte. Da sie dem Mädchen jedoch nicht wehtun wollte, sagte sie nichts, was ihre Illusion hätte zerstören können. »Ich habe nichts dagegen, wenn dein Vater mir ein paar Münzen in die Hand drückt, denn ichkonnte bisher noch nichts verdienen, weil ich mich um dich kümmern musste.«
    Marie kam nicht dazu, ihr zu antworten, denn in dem Moment steckte der Apotheker den Kopf ins Zelt. »Grüß Gott, meine Liebe … Oh! Unsere kleine Patientin ist ja schon wach. Ich sagte dir doch, dass sie gesundes, kräftiges Blut in den Adern hat.«
    Dabei lächelte er Marie zu und forderte sie auf, ihre Kehrseite zu zeigen.
    Marie schüttelte abwehrend den Kopf und schlang die Decke fester um sich.
    Hiltrud lachte sie aus. »Jetzt stell dich nicht so an. Peter will nur nach deinen Wunden sehen. Er ist ein besserer Heiler als die hochgelehrten Doktores, die von Krankheitsteufeln und Höllendünsten faseln und ihren Patienten Dreck zu fressen geben. Peter kennt jedes Kraut und jede Wurzel und hat ihre Wirkung auf die Krankheiten des Körpers und der Seele studiert, wie du schon an seinem Namen Krautwurz erkennen kannst.«
    Marie sank in sich zusammen und ließ geschehen, dass der Apotheker mit Hiltruds Hilfe ihren Rücken entblößte und mit den Fingern prüfend ihre Wunden betastete.
    »Ausgezeichnet«, lobte er. »Es heilt wirklich gut. Ich muss nur noch ein paar der Striemen mit meiner Essenz behandeln und natürlich auch die Hundebisse. In denen können sich Gifte angesammelt haben. Klemm dir ein Stück Holz zwischen die Zähne, Kind, oder beiß in die Decke, denn es wird gleich sehr wehtun.«
    Marie brummte

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