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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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unwillig, denn sie glaubte, nach den Qualen, die sie hatte ertragen müssen, gegen jeden Schmerz gefeit zu sein. Aber als der Apotheker ihren Rücken mit dem essenzgetränkten Lappen berührte, schossen ihr die Tränen in die Augen, und ihr Mund öffnete sich zu einem gellenden Schrei. Bevor sie ihn herausbrachte, hatte Hiltrud ihr einen Lappen in den Mund geschoben.
    »Los, beiß darauf und sei still! Oder willst du mit deinem Geschrei den halben Markt hierher locken?«
    Marie konnte nur noch durch die Nase schnauben und sich unter der Hand des Apothekers krümmen.
    Peter Krautwurz hielt keinen Augenblick inne. »Entspann dich, Kind. Gleich ist es vorbei. Meine Essenz sorgt dafür, dass die Wunden schnell und ohne hässliche Narben heilen.«
    Als er die Flasche wegsteckte, spie Marie den Lappen aus. Wenn sie schon weiterleben musste, war sie froh, wenigstens nicht auf immer gezeichnet zu sein. Für einen Augenblick sah sie den Salbentopf in Peters Hand misstrauisch an, aber als er die Paste auftrug, spürte sie, wie sie die Schmerzen linderte. Mit einem beinahe zufrieden klingenden Seufzer ließ sie den Rest seiner Behandlung über sich ergehen. Nach einem aufmunternden Klaps auf ihren Oberschenkel richtete er sich auf. »So, jetzt wollen wir mal sehen, wie es unten bei dir aussiehst. Dreh dich bitte um.«
    Zuerst begriff Marie nicht, was er damit meinte. Als er sie jedoch mit Hiltruds Unterstützung umdrehte und ihre Schenkel auseinander zog, färbte sich ihr Gesicht blutrot, und sie bedeckte ihre Scham mit den Händen. Hiltrud, die ihr den Rücken stützte, damit sie sich nicht auf ihre Wunden legen musste, zog ihr kurzerhand die Arme vor die Brust und hielt sie dort fest.
    »Muss ich dir noch mal einen Knebel in den Mund stopfen?«, fragte sie, als Marie leise aufschrie. »Man hat dich schändlich zugerichtet, und Peter will nur sehen, ob er dir helfen kann.«
    Marie biss die Zähne zusammen und ließ zu, dass der Apotheker sie gründlich untersuchte. »Auch hier heilt es gut. Es wird nur etwas länger dauern als auf dem Rücken, denn am Unterleib kann ich meine Essenz nicht anwenden, sonst würdest du uns vor Schmerzen durch die Zeltdecke gehen. Aber Hiltrud besitzt eine eigene, sehr wirkungsvolle Kräutermixtur, und ich habe dir zusätzlich eine Salbe mitgebracht, die eine starke Vernarbung verhindert.«
    Hiltrud reichte dem Apotheker die Tonflasche mit ihrer Tinktur und sah zu, wie er die Flüssigkeit vorsichtig auf den geschwollenen, blutunterlaufenen Schamlippen auftrug und bis tief in die Scheide rinnen ließ. Marie verging fast vor Scham, denn bisher hatte sie außer den drei Schurken im Ziegelturm kein Mann unbekleidet gesehen, geschweige denn an anderen Stellen außer ihren Händen berührt. Dann dachte sie an die vielen Hände, die sie bei ihrer Vertreibung aus Konstanz befingert hatten, und holte tief Luft, um die Erinnerung abzuschütteln.
    Hiltrud sah das Entsetzen in ihren Augen und streichelte ihr beruhigend über das Haar. »So, jetzt bist du versorgt. Glaubst du, dass du dich eine Weile draußen hinsetzen kannst? Lehn dich an meinen Wagen und sieh dich ein wenig um.«
    »Ich will es versuchen.« Es gelang Marie mit Hiltruds Unterstützung aufzustehen. Ihre Knie zitterten, aber irgendwie schaffte sie es, sich auf den Beinen zu halten. Der Apotheker zog das Tuch zurecht, das er auf ihrem Rücken befestigt hatte, und half Hiltrud, ihr den umgeänderten Kittel überzustreifen. Das Ding hing wie ein Vorhang um sie herum und reichte ihr bis zu den Füßen.
    Der Apotheker nickte zustimmend. »Für die nächsten Tage ist das das richtige Kleidungsstück. Der Stoff liegt locker auf deinen Schultern und drückt nicht auf die Striemen.«
    Marie starrte schaudernd auf die gelbe Farbe, mit denen Huren jedermann kundtun mussten, welch schändlichem Gewerbe sie nachgingen, und brach in Tränen aus. Am liebsten hätte sie sich den Stoff vom Leib gerissen, doch sie besaß nichts, um ihre Blöße zu bedecken. Nun würde jeder, der sie ansah, sie für eine Sünderin halten, auf die die Schlünde der Hölle warteten und die so verworfen war, dass kein Pfarrer sie über die Schwelle seiner Kirche treten ließ. Sie wehrte sich jedoch nicht, als Peter sie nach draußen führte, sondern bedankte sich bei ihm und Hiltrud, die eine ihrer Decken zu einem Polster für sie zusammengefaltet hatte, so dass sie ohne allzu große Schmerzen im Halbschattender sich im Wind bewegenden Zweige sitzen konnte. Als sie sah, wie Peter

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