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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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das Geld mit falschen Versprechungen abgeknöpft und sei längst nach Italien oder Hinterösterreich gezogen. Marie hatte sich von ihr überzeugen lassen und dem Kerl die Schwindsucht an den Hals gewünscht.
    So blieb ihr nichts anderes übrig, als auf eine andere Gelegenheit zu warten, aber die hatte sich bisher noch nicht ergeben. Sie wäre längst nach Konstanz gereist, wenn sie es hätte wagen dürfen, sich der Stadt zu nähern. Auf die unerlaubte Rückkehr eines Verbannten standen die doppelte Anzahl von Hieben und die Brandmarkung. Selbst wenn sie es schaffte, mit ihren Hurenbändern am Rock in die Stadt hineinzukommen, würde sie keine zwei Fragen stellen können, ohne sofort im Turm zu landen. Was Hunold ihr dann antun würde, wagte sie sich nicht einmal auszumalen.
    »So nachdenklich?« Hiltrud war mit ihren Bratwürsten fertig und wischte sich die fettigen Hände an einem Büschel Gras ab. »Beschäftigst du dich schon wieder mit den alten Geschichten? Bitte, Marie, vergiss doch endlich, was damals geschehen ist, besonders deinen ehemaligen Bräutigam. Der Mann ist viel zu mächtig und einflussreich, als dass du ihm etwas anhaben könntest.«
    Marie starrte Hiltrud mit wutfunkelnden Augen an. »Wenn ich mir nicht vorstellen darf, wie meine Rache diesen Schuft und seine Handlanger trifft, dann lohnt sich dieses elende Dasein für mich nicht mehr.«
    Hiltrud schüttelte nachsichtig den Kopf.
    »So schlecht leben wir beide nicht. Ja, für wandernde Hübschlerinnen verdienen wir sogar ungewöhnlich gut. Ich gebe zu, dass ich mindestens die Hälfte meines Verdiensts deinem Engelsgesicht und der Tatsache verdanke, dass du wohlhabende Freier anziehst wie der Honig die Bienen und die Freunde deiner Kunden ja auch ihren Spaß haben wollen. Aber wenn du weiter so bösevor dich hin starrst, wirst du die Männer vertreiben und vor der Zeit alt und hässlich werden.«
    Hiltruds zufriedenes Lächeln beeinträchtigte die Wirkung ihrer Ermahnungen. Aber sie konnte nicht anders, denn die Begegnung mit Marie hatte ihr Glück gebracht. Ohne ihre auffallend schöne Freundin hätte sie nicht so wählerisch sein dürfen wie jetzt.
    Da Marie immer noch die Stacheln aufstellte, versuchte Hiltrud, ihre Gedanken auf etwas anderes zu lenken. »Ich habe Fita bei der Garküche getroffen. Sie sieht schlecht aus, und eine Kräuterfrau, die sie wegen ihrer Brustschmerzen aufgesucht hat, gibt ihr nicht mehr lange. Ich habe ihr geraten, nicht mit Berta weiterzuziehen, denn die behandelt sie wirklich wie eine Sklavin.«
    Marie blickte sinnend über den Fluss hinweg auf die Weinberge, die sich über die Hänge zogen. Vor ihrem inneren Auge aber sah sie sich selbst mit zerschlagenem Rücken in Hiltruds Zelt liegen, während die Freundin und ihr Apotheker sie verarzteten. Hiltrud hatte sich ihrer angenommen, obwohl sie nicht damit rechnen konnte, dass sie sie durchbrachte. Auch wenn ihre Freundin nach außen hin kühl, spöttisch und berechnend wirkte, besaß sie doch ein mitfühlendes Herz.
    »Ich hätte nichts dagegen, wenn Fita mit uns käme. Bestimmt könnten wir sie aufpäppeln. Aber sie hängt zu sehr an Berta, obwohl die Frau ihre Zuneigung schamlos ausnutzt.«
    Hiltrud zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich werde Fita trotzdem noch einmal vorschlagen, sich uns anzuschließen. Vielleicht …« Sie wollte noch etwas anderes sagen, doch in dem Moment stach ein gepflegt aussehender Mann mittleren Alters in schnellem Schritt auf die Zelte der Huren zu.
    »Den scheint es ja arg in der Hose zu jucken. Meinst du, dass der etwas für uns wäre, Marie?«
    Marie warf einen Blick auf die kriegerische Tracht des Mannes und schüttelte den Kopf. »Ich mag keine Soldaten. Sie sind mirzu rau. Soll er doch Berta nehmen. Die ist gut gepolstert und spürt die harten Hände nicht.«
    Hiltrud lachte und deutete mit dem Kopf auf die Zelte der Pfennighuren. »Genau das tut er auch. Schau, jetzt redet er mit ihr. Na ja, Kriegsleute haben oft einen seltsamen Geschmack. Ich kannte mal einen Offizier, der sich die hübschesten Huren hätte leisten können. Er ging jedoch immer zu einer fetten alten Vettel und war danach so zufrieden, als hätte ihn die schönste Jungfrau erhört.«
    Da sonst noch kein Freier zu sehen war, beobachteten Hiltrud und Marie, wie der Mann, den sie beide für den Dienstmann eines adligen Herrn hielten, mit Berta verhandelte. Statt mit ihr im Zelt zu verschwinden, winkte er schließlich auch Fita und mehrere andere Huren zu

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