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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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bleiben. Sie musste sich mit ihm arrangieren. Augenblicklich schien ihr das ganz gut zu gelingen, denn sie hatte bislang noch nie eine so gute Zeit mit ihm gehabt wie in den letzten Tagen.
    »Irgendeine Spur von Luise?«, fragte Arigund, um das Thema zu wechseln.
    Traurig schüttelte Annelies den Kopf. »Sie ist wie vom Erdboden verschluckt.«
    »Wirtho meint, sie sei einfach weggelaufen, wahrscheinlich wegen eines Bauernburschen aus der Gegend. Sie war ja schon immer etwas leichtfertig.«
    »Das hätte sie niemals getan!«, widersprach Annelies heftig. »Nicht, solange die Resl noch lebt.«
    »Und wenn die einverstanden gewesen wäre? Vielleicht wollte die Alte dem vermeintlichen Glück ihrer Enkelin nicht im Weg stehen?«
    »Warum setzt sie dann Himmel und Hölle in Bewegung, um nach Luise zu suchen? Nein, ihr ist etwas zugestoßen. Das weiß ich, und alle anderen wissen es auch.«
    »Nun, es könnte ein wildes Tier gewesen sein, ein Bär. Der vergräbt seine Opfer.«
    »Vielleicht, doch die Pferdehirten haben nichts davon berichtet. Er hätte kommen und wieder verschwinden müssen wie ein Geist. Bären aber bleiben länger in der Gegend, vor allem jetzt im Frühjahr.«
    »Wir können nur Vermutungen anstellen. Ich glaube, es macht keinen Sinn weiterzusuchen. Egal, was passiert ist, die Hoffnung, sie lebend zu finden, schwindet mit jedem Tag. Wirtho wird die Magd bald für tot erklären lassen.«
    Unwirsch verkniff die Zofe den Mund und schwieg. Arigund sah es und machte einen letzten Versuch, ein freundlicheres Thema anzuschneiden. »Und wir beide« – sie zwinkerte Annelies schelmisch zu – »müssen uns wohl allmählich mit der Vorbereitung auf unser neues Dasein als Mutter vorbereiten. Wie sieht es aus, hättest du Lust, die Amme meines Kindes zu sein?«
    Erschrocken zuckte die Zofe zusammen.
    »Oder fürchtest du, deine Milch würde für zwei Säuglinge nicht reichen?«, lenkte Arigund ein. »Ich werde selbstverständlich nicht darauf bestehen. Eigentlich hatte ich angenommen, es würde dich freuen.«
    Die Zofe atmete tief durch, neigte den Kopf und meinte: »Es ehrt mich natürlich, Herrin, dass Ihr mir Euer Erstgeborenes anvertrauen wollt, jedoch habe ich bislang keine Erfahrung mit Kindern, denn auch bei mir ist es das erste Mal. Vielleicht wäre es günstiger, eine Amme zu wählen, die bereits Kinder hatte und sich besser auskennt.«
    »Du hast Recht, Annelies«, gab Arigund nach und gähnte schläfrig. »Sicherlich ist das besser. Magst du Resl den Auftrag geben, nach einer solchen Frau zu suchen?«
    »Ja, Herrin«, erwiderte die Zofe und schloss leise die Tür hinter sich.
    Auf dem Flur atmete sie erleichtert auf. Arigund schien nicht zu wissen, dass Amme eines blaublütigen Kindes zu werden in aller Regel den Verlust des eigenen bedeutete. Nur selten wurde von adeligen Eltern ein Milchgeschwister akzeptiert. Die Brust der Amme gebührte ganz allein dem edlen Kind. Niemand durfte sie ihm streitig machen. Wäre der alte Truchsess noch am Leben, so hätte er Annelies als Amme niemals akzeptiert, da sie ja sein Kind austrug. Wirtho hingegen war das durchaus zuzutrauen. Allerdings schien ihm sein Spross herzlich egal. Zuweilen hatte Annelies sogar den Eindruck, der neue Burgherr würde fast hasserfüllt auf Arigunds Bauch starren. Die jedoch schien nichts davon zu merken. Sie schien sich auch keine Gedanken darüber zu machen, was der Tod des Truchsess für sie bedeutete. Denn auch ihre Lage hatte sich verschlechtert. Glaubte Arigund tatsächlich, Wirtho würde – kaum zum Truchsess ernannt – treu, gerecht und gottesfürchtig werden?
    Annelies befürchtete eher das Gegenteil: Wirtho war und blieb ein Tyrann, und entsprechend würde seine Regentschaft aussehen. Leise öffnete die Zofe die Tür zu ihrer Kammer. Hoffentlich blieb ihr dieser Luxus wenigstens noch bis zur Geburt ihres Kindes erhalten. Lächelnd nahm ihr Mann sie in die Arme. »Ich habe schon auf dich gewartet, Liebchen«, flüsterte er.
    »Das war ein langer Tag«, seufzte Annelies, streifte die Holzschuhe ab und sank auf ihr Lager.
    Matthias ließ sich neben ihr nieder. »Komm her, ich knete ein wenig deine Füße. Sie sind ganz geschwollen.«
    Annelies schloss genussvoll die Augen: »Das tut gut. Wie war dein Tag?«
    »Wir hatten viel mit den Gäulen der hohen Herren zu tun.«
    »Dann musstest du wenigstens den neuen Maestoso nicht reiten.«
    »Glücklicherweise nicht. Der Hengst ist aufgebracht wegen der vielen fremden Stuten. Ständig

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