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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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Schritte wurden eiliger und eiliger.
    In der Hütte brannte Licht. Die Hure hatte ihn erwartet. Sie begrüßte ihn warmherzig, als sie seinen prall gefüllten Beutel erblickte. Sie nahm das Geld, legte es zur Seite und folgte dem Gottesmann. Schweigend erreichte sie den geheimen Ort. Das Spiel konnte beginnen. Die Hure warf sich auf den Boden, umfasste seine Knie, küsste seine Füße und klagte: »Vater, vergib mir, denn ich habe gesündigt.«
    Pater Anselm roch den Duft von Rosen, der ihr anhaftete, und auch diesen anderen Geruch – etwas, das nur Frauen verströmten, etwas, das Männern den Verstand raubte. Wut flammte in ihm auf. »Evastochter, verrucht bist du, verrucht wirst du bleiben!«, donnerte er auf sie herab. Gerade wollte er nach ihr greifen, als ihn ein Geräusch zusammenzucken ließ. Erschrocken verharrte er und lauschte in die Dunkelheit.
    »Was ist, wo bleibst du denn?«, lockte Lolas Stimme. »Siehst du nicht ein reuiges Weib, bereit, von dir die Buße zu empfangen?«
    »Ich habe etwas gehört!«, flüsterte der Pater mit erschrockenem Gesichtsausdruck. »Da ist wer!«
    Lola tat, als würde sie lauschen.
    »Da ist nichts«, stellte sie fest. »Ihr habt Euch täuschen lassen.«
    Sie versuchte, ihn zu sich zu ziehen, doch er machte sich unwirsch los.
    »Ich schaue besser nach.«
    Schon huschte Pater Anselm davon. Es dauerte nicht lange, bis er zurückkehrte. Lola kauerte unterwürfig auf dem Stroh.
    Pater Anselm betrachtete sie mit Wohlgefallen. So ziemte es sich für eine Sünderin, und nun würde er selbst für ihre Buße sorgen. Er schob ihren Rock bis zu den Knien herauf. Ihre kleinen Füße gekreuzt, die Beine keusch zusammengepresst, sah sie ihn erwartungsvoll an. Das machte ihn jedes Mal rasend. Hastig raffte er seine Soutane und öffnete den Riemen, der seine Pumphose zusammenhielt.
    »Ich bin bereit, wenn du es bist!«, rief er und umfasste ihre Hüften von hinten.

*
    Annelies war hin- und hergerissen. Einerseits drängte es sie, ihr Geld in Sicherheit zu bringen und sofort zu verschwinden. Andererseits zog sie die Neugierde in den Tunnel. Was, bitte schön, hatte der Kerl mitten in der Nacht hier zu schaffen, wo er doch auf der Burg ein warmes Bett besaß? Unschlüssig krabbelte die Zofe möglichst leise aus ihrem Versteck. Diese Wände schienen Ohren zu besitzen, oder zumindest schienen sie jedes Geräusch weiterzutragen. Erneut ertönte die männliche Stimme, diesmal fordernd und laut: »Bist du bereit, Weib. Ich bin es durchaus!«
    Das Wimmern ging in ein ersticktes Jammern über. Ohne es wirklich zu wollen, schob sich Annelies tiefer in den Stollen. Sie musste nicht weit gehen. Der Gang machte einen Knick, dann gab er den Blick auf eine höhlenartige Felskammer frei. Beinahe hätte Annelies laut aufgeschrien. Entsetzt verschloss sie ihren Mund mit ihrer Hand. In ihrem ganzen Leben hatte sie so etwas noch nie gesehen. Der Satan selbst trieb hier sein Unwesen.
    Annelies wusste, sie hätte sofort umdrehen und geräuschlos flüchten sollen, aber im ersten Schreck hatten ihre Beine ihr nicht mehr gehorcht. Sie hörte die Ungeheuerlichkeiten. Sie sah die Schändlichkeit des Handelns und wollte doch nicht glauben, dass dies alles wirklich geschah. Erst als sie ihren Namen vernahm, fiel der Bann von ihr ab. Was hatte der Mann in seiner Raserei gesagt? »Und Annelies wird dir bald Gesellschaft leisten!«
    In diesem Moment wurde ihr bewusst, in welcher Gefahr sie sich befand. Das hier war für niemandes Augen bestimmt. Wenn man auf sie aufmerksam wurde, würde sie diese Höhle niemals lebend verlassen. Noch war der Mann zu sehr von seinem eigenen Tun gefesselt, aber das würde nicht mehr lange der Fall sein. Annelies musste sich jetzt retten, oder es würde für immer zu spät sein. Kalter Schweiß rann der jungen Frau über den Nacken, als sie sich auf leisen Sohlen so rasch wie irgend möglich davonschlich. Die Schreie und Rufe, das Stöhnen und Jammern brannten sich in ihr Gedächtnis ein. Das würde sie bis ans Ende ihrer Tage verfolgen. Sie hatte einen Blick in die Hölle geworfen und würde das Antlitz des Teufels nie wieder vergessen. Sie schürfte sich die Hände und Knie auf, so schnell kroch sie aus dem Loch, und dann rannte sie um ihr Leben.

*
    Erleichtert und von wohliger Wärme durchströmt sank Pater Anselm neben Lola aufs Lager. Sie schmiegte sich zufrieden an ihn und liebkoste noch ein wenig seine feuchten Lenden.
    »Sagt einmal, Vater, stimmt es eigentlich wirklich, dass die

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