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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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sein Bart. Doch sag, was machst du alleine hier draußen, mitten in der Nacht?«
    Mit einem Schlag standen ihr die Bilder aus der Höhle wieder vor Augen. Kurz wog sie ab, Herrn Reimar die ganze Geschichte zu erzählen, doch dann fasste sie lediglich das Verschwinden ihrer Freundin mit wenigen Worten zusammen. »Und Ihr, Herr, darf ich fragen, weshalb Ihr bei der Trauerfeier Eures Vaters nicht anwesend wart und Euch jetzt wie ein Dieb – verzeiht, Herr – in die Burg schleicht? Eure Mutter sandte Euch doch einen Eilboten, gleich nachdem der Truchsess verstorben war, und sie harrte Eurer mit großer Ungeduld.«
    »Mich erreichte kein Bote. Ich hörte vom Tod meines Vaters nur durch Zufall, woraufhin ich mich augenblicklich in den Sattel schwang. Leider wurde ich kurz vor Brennberg von einer Schar Räuber angegriffen und meines Pferdes beraubt. Ich musste also auf Schusters Rappen weiterreisen.«
    »Doch warum kamt Ihr durch diese kleine Pforte?«
    Unentschlossen trat Reimar von einem Fuß auf den anderen. Auch er schien nicht alles sagen zu wollen. »Ich war mir nicht sicher, ob mein Bruder mich auch willkommen heißen würde«, gab er schließlich zu. »Doch zumindest wollte ich mit ein paar Worten und einem Lied meiner Mutter Trost spenden.«
    Eine Weile sagte keiner etwas, aber beide dachten sie an Arigund.
    »Und, war denn deine Suche erfolgreich, Annelies?«, lenkte der Ritter schließlich ab. »Jedenfalls bist du hier hochgerannt, als wäre der Teufel hinter dir her.«
    »Vielleicht war es so, Herr, vielleicht auch nicht«, meinte sie vieldeutig. »Und Luise habe ich wohl gefunden, zumindest das, was von ihr übrig ist.«
    »So ist ein wildes Tier über sie hergefallen?«
    »In gewisser Weise. Jedenfalls, ich denke, ich werde der Resl Bescheid geben, damit sie entscheiden kann, was zu tun ist. Ihr wollt jetzt sicher zu Eurer Mutter. Sie wird stolz auf Euch sein. Es ist ein stattlicher Ritter aus Euch geworden.«
    »Und genau deshalb lasse ich euch da keinesfalls allein durch die Nacht streifen. Mein Schwert wird euch gegen jede Gefahr schützen, so, wie es mich die ganze Zeit beschützt hat.«
    »Ich fürchte, Herr, einer Bedrohung wie dieser ist Euer Schwert noch nicht begegnet, doch wer bin ich, Euch an irgendetwas zu hindern.«
    »Dann lass uns jetzt zur Hütte der Kräuterfrau gehen. Ich denke, ich finde den Weg noch, bin ich ihn in Kindertagen doch so oft gegangen.«

*
    »Und so kam es, edle Dame, dass Ihr mich jetzt hier in Begleitung Eurer Zofe und unserer Kräuterfrau vorfindet«, schloss Reimar schließlich. »Es ist nichts Unrechtes dabei und nichts, was man Pater Anselm beichten müsste.«
    Arigund faltete die Hände über ihrem Bauch. Wie sehr hatte sie den Tag herbeigesehnt, an dem sie ihren Minneritter wiedersehen würde. Doch unter welch merkwürdigen Umständen trafen sie sich jetzt?
    »Und wo finden wir Luise?«, fragte sie einfach, denn all die anderen Dinge, die ihr durch den Kopf gingen, waren nichts für fremde Ohren.
    »Es gibt einen Tunnel direkt unter der Burg«, meldete sich die Zofe zu Wort.
    Resl schlug die Hände vor den Mund. »Was bin i für a Depp! Wie konnt i da nimma dran denken.«
    »Der alte Fluchtweg aus der Burg«, bestätigte Reimar. »Mein Vater ließ ihn vor langer Zeit verschließen. Es war zu gefährlich geworden, ihn zu benutzen. Ist die Luise am Ende dort hineingeklettert, das dumme Ding?«
    Annelies brachte es nicht übers Herz zu erzählen, was sie gesehen und gehört hatte. »Lass uns jetzt aufbrechen«, meinte sie deshalb einfach. »Die Nacht wird unser Tun nicht mehr lange verbergen.«
    Die ersten Geräusche des nahenden Morgens begleiteten sie auf ihrem steinigen Weg. Annelies führte die Gruppe an. Trotz ihrer Schwangerschaft bewegte sie sich behende über die Felsen. Resl ächzte zuweilen, wenn ihr lahmes Bein keinen rechten Halt finden konnte. Reimar half Arigund, deren Knie zittrig waren und die bei jeder seiner Berührungen zusammenzuckte. Dann klaffte der Spalt schwarz und unheimlich vor ihnen im Boden. Kein Laut war zu hören, kein Lichtschein wollte daraus dringen. Unschlüssig standen die vier davor.
    »Da, diese Steinplatte hat der Truchsess über die Öffnung legen lassen, damit niemand hineinfällt«, erklärte Reimar. »Und jetzt ist’s doch passiert.«
    »Wie hast du denn den Tunnel gefunden?«, wandte sich Arigund an Annelies.
    »Im vergangenen Jahr beim Pilzesuchen«, erklärte die Zofe schlicht. »Da war das Loch schon offen, aber nicht so

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