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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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Arigund einen kleinen Fuchs mit breiter Blesse und heller Mähne vorführen und machte zweifellos klar, dass »Tassilo« dieses Pferd würde besteigen müssen. Nach langem Hin und Her wurde das Maultier aber zumindest mit dem Gepäck der Sänger beladen und hinten an einem der Wagen angebunden. Laut gab Marron kund, was er davon hielt. Wenigstens entpuppte sich der Fuchs als ein ruhiges und bequemes Tier. Arigund war dankbar dafür, auch wenn die anderen Ritter den Fuchs als »Schlafmütze« bezeichneten. Sie ertrug den Spott gelassen. Mittlerweile war sie es gewohnt, dass man sich hinter ihrem Rücken über sie lustig machte, weil sich »Tassilos« Interesse an Pferden auf die Frage beschränkte, welches denn das friedlichste Tier wäre und sein Verlangen nach Frauen über minnigliche Tugenden kaum hinausging. Der Waffenmeister hatte längst den Gedanken aufgegeben, »Tassilo« könnte noch ein brauchbarer Kämpfer werden. Es scheiterte schon daran, dass normale Schwerter für den leicht gebauten Sänger viel zu schwer waren, sodass er nach wenigen Hieben erschöpft ins Gras sank. Seine Waffe war ein schmales, nadelspitzes Messer, das er allerdings einzusetzen verstand. Mittlerweile gelang es »Tassilo« sogar, zielgenau damit zu werfen.
    Bei den Damen dagegen erfreute sich der Troubadour großer Beliebtheit. Sie schätzten seinen Charme und seinen guten Geschmack. »Tassilo« entging es niemals, wenn eine von ihnen ein neues Kleid trug, und er lobte sie, wenn ein Tuch besonders gut zu ihrer Augenfarbe passte. Die Damen warfen ihren Gatten anschließend tadelnde Blicke zu, da diesen die neue Garderobe selbstverständlich entgangen war. »Tassilo« nahm sich immer Zeit und war sich auch nicht zu schade, mit ihnen die Frage zu diskutieren, ob ein Ausschnitt zu gewagt oder gerade noch schicklich wäre. Er ging mit ihnen zum Tuchhändler und feilschte für sie um den Preis. Erlaubte es das Vertrauensverhältnis, zupfte »Tassilo« zuweilen sogar hier eine Haarsträhne zurecht oder rückte dort ein Tuch gerade. Die Männer lachten nur noch mehr, je mehr die Damen ihn lobten, konnten sie ja sicher sein, dass von dem »armen Wicht« keinerlei Gefahr für die Tugend ihrer Gattinnen ausging. Die zeigten ihre Dankbarkeit für die Aufmerksamkeit des Sängers durch Geschenke und Freundlichkeiten. Keine von ihnen verlangte mehr als einen artigen Kuss auf die Fingerspitzen, doch eine jede bedauerte sein Schicksal hinter vorgehaltener Hand und seufzte ob des »herben Verlustes«. Wäre er doch ansonsten der Traum einer jeden Jungfrau. Da die meisten Damen in Prag blieben, flossen zum Abschied reichlich Tränen und zahlreiche Erinnerungsgeschenke wechselten in »Tassilos« Besitz. So verließen die beiden Sänger Prag als wohlhabende Männer, und Marron hatte eine Menge zu schleppen, was er in gewohnter Manier mit Zähnen und Hufen zu kommentieren wusste.
    »Ich fürchte, er wird niemals wieder gutes Benehmen lernen«, seufzte Arigund. »Komisch, dass er nicht tritt oder beißt, wenn ich ihn reite.«
    »Entweder ist er sich als Packtier zu schade, oder du stehst hoch in seiner Gunst«, meinte Heinrich gut gelaunt, als sie endlich die Zügel ihrer Pferde in den Händen hielten.
    »Das Tier hat eben einen sicheren Instinkt, was Menschen angeht«, spottete Arigund und beobachtete, wie Marron nach dem Kutscher schnappte, der es am Wagen festmachen wollte.
    »Wo kämen wir hin, wenn wir uns auf die Narretei eines Esels verließen«, schimpfte Heinrich, dem das Maultier nach wie vor ablehnend gegenüberstand.
    »Wir würden uns kaum verschlechtern, leben wir doch in einer Welt, in der genug männliche Esel das Sagen haben«, scherzte Arigund.
    »Schwingt nur weiter solch aufrührerische Reden, Tassilo, und seht zu, wie weit Ihr kommt. Doch schaut, da ist Jakob!«
    Der Junge war im Winter ein ganz schönes Stück gewachsen. Schlaksig stand er vor ihnen und machte ein bedrücktes Gesicht.
    »Ich wünschte, ich könnte mit Euch ziehen«, lamentierte er. »Prag wird mir langsam langweilig.«
    »So, wie du aussiehst, liegt es weniger an Prag als an einer gewissen Aleandra«, meinte Arigund und hatte sogar ein wenig Mitleid mit dem Knaben.
    »Ihr Vater meint, wir wären viel zu jung, um uns aneinander zu binden.«
    »Verlieben kann man sich in jedem Alter.«
    Arigund spähte zu Heinrich herüber, doch der schien gar nicht zugehört zu haben. Herzlich drückte sie Jakobs Hand.
    »Leb wohl, mein Freund. Wir werden uns gewiss eines Tages

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