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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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meinte er schließlich. Er ließ von Arigund ab und ging zurück zu seinem Platz, wo er die Hand seiner Gattin nahm.
    »Nun«, fuhr er fort, »ich glaube auch im Namen der Königin zu sprechen, wenn ich behaupte, sie ist ein Geschenk, Eure Stimme, ein Gottesgeschenk. In seiner unendlichen Gnade hat Euch der Herr hierher geschickt, damit wir uns an seinen Wundern erfreuen. Seid willkommen an meinem Hof, Tassilo dal Monte, und bleibt, solange es Euch beliebt.«
    Verblüfft sah Arigund zu Heinrich, doch da brandete schon lauter Beifall auf. Die nächsten Stunden erlebte Arigund mit größtem Unbehagen. Tausend unbekannte Gesichter tanzten um sie herum und stellten Fragen, die unverfänglich zu beantworten ihre größte Konzentration erforderte. Zweitausend Hände fassten sie an und mussten in ungefährlichen Grenzen gehalten werden. Arigund hielt sich an Heinrichs Rat: Sie schwieg und lächelte, was man ihr großzügig verzieh in der Annahme, es zeugte von Bescheidenheit. Einige wenige versuchten es mit gebrochenem Italienisch oder Latein, worauf die junge Frau höflich, aber kurz in derselben Sprache antwortete. Und ganz als wollte sich Friedrichs Prophezeiung bewahrheiten, warfen ihr die Damen verzückte Blicke zu, und so manch eine schickte ein Ringlein oder ein anderes kleines Schmuckstück. Trotzdem war Arigund dankbar, als Herzog Boleslaw sie zum König bat. Sie verabschiedete sich mit einer kurzen Verbeugung und folgte. Der Herrscher stand im Kreise seiner Familie und schien tatsächlich einmal nicht mit Politik beschäftigt zu sein. Er winkte sie heran.
    »Herr dal Monte«, richtete er das Wort an sie, »meine Tochter wünscht, dass Ihr sie in ihre Kemenate begleitet und ihr als persönliches Geburtstagsgeschenk ein Schlaflied vortragt.«
    Arigunds Blick ging hinab zu dem kleinen Mädchen mit den großen Augen. Sie schmunzelte. Es galt also den Spielmann zu mimen und die Kleine zu unterhalten.
    »Es wird mir eine Ehre und ein großes Vergnügen sein, hoher Herr.«
    »Nun denn, Kunigunde, dann bist du entlassen.«
    Die Kleine knickste formvollendet und sagte: »Ich wünsche Euch eine gute Nacht, hoher Herr.«
    Verwundert bemerkte Arigund die formelle Anrede des Kindes. Bei aller Ehrerbietung wäre sie selbst niemals auf den Gedanken gekommen, ihren Vater anders anzusprechen als mit »Vater«. Offensichtlich herrschten hier strenge Sitten.
    Ein eigener kleiner Hofstaat folgte ihnen durch ein Labyrinth von Gängen bis zu einem Raum, der, bewacht von zwei Leibgardisten und gesichert mit einem schweren Riegel, am anderen Ende der Burg lag. Die Tür öffnete sich zu einem großen, freundlich eingerichteten Zimmer. In der Ecke stand eine Kommode mit wertvoller Einlegearbeit, vor dem Fenster eine große Truhe, davor die obligatorische Presse für die Schmuckärmel. Kunigundes Bett entsprach von der Größe her eher dem einer Erwachsenen. Die Decken schienen angewärmt und aufgeschüttelt. Ein frisches Feuer prasselte im Kamin und verbreitete wohlige Wärme.
    Kunigunde verabschiedete befehlsgewohnt die Domestiken und Spielkameradinnen, sodass sich schließlich nur noch die Amme und Arigund im Raum befanden. Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ sich das Kind ins Bett fallen. Dienstbeflissen erlöste die Amme das Mädchen von den quälenden Schuhen, die ganz offensichtlich viel zu eng waren.
    »Sing für mich!«, befahl Kunigunde.
    Arigund trat näher und fragte: »Wünscht Ihr ein besonderes Lied, Kunigunde?«
    Die Kleine winkte ab. »Irgendeines. Es ist nur, damit die da draußen meinem Vater berichten können. Ich will, dass wir spielen, so wie du’s versprochen hast.«
    Lächelnd tat Arigund ihr den Gefallen. Sie hatte kaum geendet, als die Kleine schon aufgeregt aufsprang, ihre Kiste öffnete und eine wunderschön gekleidete Puppe herausnahm, deren Gesicht aus einem seltenen weißen Material bestand, das Arigund noch nie zuvor gesehen hatte.
    »Das ist Rosalie!«, erklärte das Mädchen. »Mein Vater hat sie mir zum letzten Geburtstag geschenkt. Er sagte, sie stamme aus einem Land weit im Osten. Sieht sie nicht aus, als wäre sie lebendig?«
    »In der Tat«, bestätigte Arigund, »und wie wunderschön sie gekleidet ist. Ihr seid zu beneiden. Wollen wir mit ihr spielen?«
    Das Kind nickte eifrig und kramte weiter. »Lass uns Prinzessin und Bettlerin spielen.«
    Eine weitere Puppe landete auf dem Boden. Diese war nicht weniger schön gearbeitet, doch besaß sie lediglich einen geschnitzten Holzkopf. Kunigunde

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