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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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drückte der Sängerin das Spielzeug in die Hand. »Du bist die Bettlerin«, legte sie fest.
    Nichts leichter als das!, dachte sich Arigund, die Rolle kenn ich gut. Laut sagte sie: »Dann brauch ich aber noch einen anderen Aufzug, denn so ist eine Bettlerin nicht gekleidet. Sie braucht ein Hemd aus grobem Leinen und Holzschuhe.«
    »In der Tat: Du hast Recht! Gleich morgen werde ich es machen lassen. Glaubst du, wir können trotzdem schon einmal anfangen zu spielen?«
    Arigund machte ein nachdenkliches Gesicht. Dann nickte sie ernst. »Wir können ja spielen, dass die Bettlerin von einer edelmütigen Frau diese schönen Kleider geschenkt bekommen hat …«
    »… weil die ihr Leben Gott widmen möchte«, ergänzte Kunigunde, »und da braucht sie keine schönen Kleider, denn der Herr Jesus sieht nur unsere Herzen.«
    »Sie hat eine Bettlerin am Wegesrand bemerkt, und da wollte sie ein gutes Werk tun«, ergänzte Arigund.
    Die restliche Zeit sprachen die Puppen. Sie lachten, weinten und lagen sich in den Armen, bis Kunigunde auf dem Fußboden eingeschlafen war. Vorsichtig und unter den strengen Augen einer ansonsten stummen Amme hob Arigund das Mädchen auf und legte es in sein Bett. Dann wandte sie sich um und verließ den Raum.

K APITEL 30
    Der Winter verging mit Puppenspiel und Gesang. Heinrich und Arigund sonnten sich in der Gunst des Herrschers und seiner Tochter. Es war eine merkwürdige Freundschaft, die die Sängerin und das Kind verband. Kunigunde sprach nie über ihren Vater oder das Leben am Hof, doch durch die Puppen erfuhr Arigund, wie unglücklich das Mädchen war, wie wenig es sich von einem Vater geachtet fühlte, der sich nach einem Sohn sehnte, und wie wenig auch von ihrer Mutter, die ihren Lebenszweck darin sah, dem König einen solchen Prinzen zu gebären. Im März bereits stand fest, dass die Königin erneut schwanger war. Seither musste sich der gesamte Hof täglich zum Bittgebet für einen Buben versammeln. Sollte dieses Kind der ersehnte Erbe sein – sogar der Name stand schon fest, der Thronfolger sollte »Wenzel« wie sein Großvater heißen –, dann wollte man die kleine Kunigunde mit dem annähernd gleichaltrigen Sohn des Herzogs verloben. Das Kind wirkte angesichts solcher Ankündigung verzweifelt, sein Spiel war voller Ängste. Immer häufiger äußerte die Prinzessinnenpuppe den Wunsch, den Schleier zu nehmen, um den Intrigen am Hof zu entgehen. Fast täglich lag sie weinend in den Armen der Bettelpuppe. Arigund beobachtete besorgt, wie Kunigunde immer stiller wurde und sich zusehends zurückzog.
    Der König indes schien die Verzweiflung seiner Tochter nicht zu bemerken, oder sie kümmerte ihn nicht. Auch mit Heinrich konnte Arigund nicht darüber sprechen. Der war mit seinen eigenen Geschäften und Gedanken beschäftigt. Der König wünschte anlässlich der Geburt seines Sohnes – er war überzeugt davon, dieses Kind würde männlichen Geschlechts sein – ein rauschendes Fest. Das sollte jedoch nicht in Prag, sondern in Wien stattfinden, wohin den König die politische Entwicklung trieb. Wenn man den Worten des Herzogs Glauben schenkte – und man war in der Regel gut beraten, dies zu tun –, so lag Ottokar daran, ein Zeichen zu setzen. Die Adeligen im von Herzog Ulrich geerbten Kärnten und Krain murrten unverhohlen gegen des Königs Verwaltungspolitik, und einige verweigerten ihm bereits offen den Gehorsam.
    So herrschte seit dem zeitigen Frühjahr Aufbruchsstimmung. Jedermann erwartete den Eisbruch auf der Moldau, doch der ließ auf sich warten. Erst Mitte April lockerte der Winter seinen Griff. Nicht nur Heinrich bekam die Gelegenheit, Boten mit Briefen auszusenden, um Einladungen in alle Welt zu schicken, die sich dem prächtigen Fest anschließen sollten. Der Herrscher legte den Abreisetermin für Ende Mai fest und ließ den Herold die Liste mit den Männern und ihren Familien verlesen, die ihn nach Wien begleiten sollten. Die meisten davon waren keine Höflinge, sondern kampferprobte und zuverlässige Ritter, die dem König treu ergeben waren. Spätestens jetzt wurde klar, dass der König nicht die Absicht hegte, Höflichkeitsbesuche zu machen. Von den Sängern waren lediglich Heinrich und »Tassilo« aufgefordert, sich dem Zug anzuschließen. Die Nachricht versetzte Heinrich in Hochstimmung, Arigund jedoch in Unruhe.
    »Ich verstehe nicht, warum Ihr Euch nicht freut?«, haderte der Ritter mit ihr. »Es ist eine große Ehre und sichert unser Einkommen übers Jahr.«
    »Ich

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