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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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anschließend am nächsten Baum aufhängen. Dort mag ihr Kadaver den Krähen als Nahrung dienen.«
    Böse grinste er Arigund an. Schließlich stürmte der Truchsess hinaus. Der Bischof nickte Heinrich kurz zu und folgte Wirtho.
    Lange Zeit sagte keiner ein Wort, dann aber redeten plötzlich alle durcheinander, sodass keiner etwas verstand. Heinrich sorgte schließlich für Ruhe. Er hob beide Hände und brüllte einfach ganz laut: »Ruhe!«
    Das half. »Wir haben uns viel zu erzählen, aber wäre es nicht besser, das nacheinander zu tun?«
    Zustimmendes Murmeln folgte. Jeder suchte sich ein Plätzchen in der engen Kammer. Dann begann Heinrich erneut: »Reimar, mein Freund und Sangesbruder, ich bin sehr erleichtert, dich lebend zu sehen und gespannt auf Deine Geschichte.«
    »In der Tat sank mir bereits der Lebensmut, und ich hätte wohl keinen weiteren Winter in diesem Loch überlebt. Mein Leben und meine Freiheit verdanke ich unserem guten Pater und zuletzt dem tapferen Herrn Ulrich, der gerade dem König Bericht erstattet.«
    Dann erzählte Reimar von seiner Ankunft in Brennberg, den Geschehnissen in der Höhle und zuletzt von seiner langen Gefangenschaft im Turm und der Befreiung.«
    Als Reimar auf seine Reise nach Wien zu sprechen kam, wurde Arigund ganz aufgeregt: »Ihr sagt, Herr Reimar, Ihr wäret mit meinem Vater gereist, doch ich sehe ihn nicht. Hegt er Groll gegen mich?«
    »Ganz im Gegenteil«, beruhigte sie der junge Ritter, »er war in großer Sorge. Nachdem der Überfall bekannt wurde, aber niemand Eure Leiche gesehen hatte, ließ er überall nach Euch suchen, Arigund. Seine Hände bebten, als ihm endlich durch Pater Anselm die Nachricht überbracht wurde, Ihr wäret in Prag.«
    »Aber wer …?«
    Heinrich grinste schuldbewusst: »Verzeiht mir, Arigund. Ich ließ es ausrichten, denn einen Vater darf man nicht im Ungewissen lassen.«
    »Aber ich sagte doch, wir sollten das besser nicht tun, und ich habe selbst den Brief gelesen, der an ihn gerichtet war. Da stand nichts davon drin.«
    »Sollte auch nicht, denn ich hatte die Befürchtung, Wirthos Späher könnten die Schreiben abfangen, wie es ja schließlich auch geschah. Deshalb bat ich den König um einen verlässlichen Boten, der Geheimnisse auch in schwierigen Lebenslagen bewahren kann. Seine Wahl fiel auf Herrn Ulrich. Dass Euer Gatte die Dreistigkeit besitzt, einen Ritter des böhmischen Königs ins Loch zu werfen, hätte ich ihm allerdings nicht zugetraut.«
    »Es war mein Glück«, unterbrach ihn Reimar, »sonst hätte Herr Ulrich mich nie gefunden.«
    »Glück oder der Wille des Herrn«, meinte Pater Anselm, »nennt es, wie Ihr wollt. Doch in einem hat Herr Wirtho Recht«, fuhr der Geistliche nun in einem sorgenvolleren Tone fort: »Reimar, wollt Ihr wirklich das Risiko eingehen, Euren Bruder zu erschlagen so wie Kain den Abel?«
    Reimar ballte die Fäuste: »Wenn es nicht anders geht?«
    »Der Pater spricht weise«, ergriff Heinrich das Wort. »Lasst mich gegen Euren Bruder reiten und für Eure Sache kämpfen.«
    Reimar schüttelte den Kopf. »Man wird es als Feigheit auslegen.«
    »Nein, man wird es genau so sehen, wie der Kaplan es gesagt hat. Zudem könnte man Euch vorwerfen, es ginge Euch nicht um Eure Ehre und die der Herrin Arigund, sondern um Brennberg und den Titel des Truchsess.«
    »Herr Heinrich ist ein kluger Mann«, bestätigte der Pater. »Es gibt keinen Beweis mehr dafür, dass Euer Vater Euch zum Erben ernannt hat. Soviel ich weiß, hat Euer Bruder Eurer Mutter das Dokument geraubt und es dann vernichtet.«
    »Wie konnte er Euch eigentlich zu diesem Meineid zwingen, Pater Anselm?«, wollte Heinrich wissen.
    Der Geistliche errötete und krächzte: »Lass mich bitte darüber schweigen. Nur so viel: Ich bin ein schwacher Mensch und vom rechten Pfad abgewichen. Doch das muss ich mit meinem Schöpfer ausmachen.«
    Arigund sah, wie der Burgkaplan litt. Sie nahm seine Hand und sah ihn fest an: »Was mich angeht, Pater, so sei Euch verziehen.«
    »Ich habe diese Großzügigkeit nicht verdient, Frau Arigund. Habt Dank! Ihr habt ein großes Herz.«
    Hastig entzog sich der Geistliche ihr wieder.
    »Dann ist es also abgemacht«, nahm Heinrich wieder den Gesprächsfaden auf. »Ich werde gegen Wirtho reiten. Bleibt nur noch die Frage, was tun, wenn das Schicksal sich gegen mich entscheidet?«
    »Dann werde ich mit Arigund nach Frankreich gehen. Ich habe das bereits mit Herrn DeCapella besprochen. Wir werden dort ein neues Leben anfangen, ein

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