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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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würde es Euch verübeln, ich am allerwenigsten.«
    Der Ritter schüttelte den Kopf, ohne sie anzusehen: »Ich gab Euch ein Versprechen, edle Arigund von Brennberg. Das Wort eines Heinrich von Meißen gilt.«
    »Und ich beschied Euch, dass ich es nicht einfordern würde.« Ein wenig traurig glitt ihr Blick über Heinrichs Schulter hinweg in weite Ferne. »Dennoch bin ich froh über Euren starken Schwertarm, Herr Heinrich, der mich schon aus so mancher üblen Lage befreit hat.«
    Der Ritter richtete sich hoch auf. Er gab so eine stattliche Figur ab. Arigund schenkte ihm einen bewundernden Blick.
    »Ich vertraue auf Gott«, meinte er mit fester Stimme. »Er wird der gerechten Sache zum Sieg verhelfen.«
    Arigund reichte ihm die Hand. Ihre Fingerspitzen berührten sich. Wie gerne hätte sie jetzt seine tröstenden Arme gespürt. Stattdessen wandte sie sich rasch ab und stürmte aus dem Raum. Reimar sah ihr lange nach.

*
    Der Schlaf wollte Arigund in dieser Nacht nicht recht umfangen. Als er sie endlich erreichte, währte er nicht lange. Der vertraute flötende Klang schreckte sie auf. Arigund schlug die Augen auf und lauschte. Den ganzen Sommer hatte die Eule geschwiegen, jetzt war sie wieder da. Zögernd stand Arigund auf und tappte zum Fenster. Das Tier saß nicht weit entfernt auf der neu gezogenen Abschlussmauer. Eine Weile beobachteten sie sich gegenseitig. Was für ein schönes Tier. Das Gefieder war von braun-roter Farbe, nur im Gesicht, dem Schleier, zeigte sich mittig ein silbriger Streifen. Das Tier bewegte sich nobel. Die klugen Augen zwinkerten Arigund wissend zu. Die Eule drehte den Kopf, sah zum Südturm hinüber, dann wieder zu Arigund. Obwohl es eigentlich nicht sein konnte, dass es sich um dasselbe Tier handelte wie damals im Wald des Höllbachtals, kam ihr die Eule vertraut vor. Arigund hatte inzwischen die Bibliothek des Königs bemüht und gelesen, dass schon die alten Griechen die Eulen für ungeheuer weise hielten.
    »Guten Abend, Freundin«, flüsterte Arigund. »Da besuchst du mich also wieder einmal.«
    Die Eule gab ein freundliches Gurren von sich.
    »Und? Wirst du mir heute Nacht Gesellschaft leisten?«
    Ein kurzes Schnabelklackern war die Antwort. Es klang, als wäre das Tier tatsächlich auf ein Schwätzchen vorbeigekommen.
    »Wir beide wissen, dass morgen der Gevatter seine Hand nach einem Ritter ausstrecken wird, nicht wahr?«, flüsterte Arigund weiter.
    Gelangweilt begann die Eule ihr Gefieder zu putzen, als gäbe es weit interessantere Themen als Ehrenhändel und Ritterturniere. Feder für Feder wurde von dem gelblichen Schnabel ergriffen und behutsam geglättet. Arigund wartete, doch die Eule schien die Gefiederpflege für eine äußerst wichtige Angelegenheit zu halten, die ihre ganze Aufmerksamkeit erforderte und keinesfalls unterbrochen werden konnte.
    »Du hüllst dich also in Schweigen?«
    Das Tier schüttelte sein Gefieder und inspizierte es anschließend eingehend. Dann sah es Arigund an, als erwartete es ein Lob über sein Aussehen.
    »Weißt du, ich habe zwar große Angst vor morgen, aber so ein kleiner Tipp, wie es ausgeht, würde mir diesen Gang leichter machen, auch wenn …« Sie wagte es nicht, den Gedanken auszusprechen, als könnte er allein dadurch zur Prophezeiung werden.
    Verzweifelt schlug Arigund die Hände vors Gesicht. Als sie wieder hochsah, war die Eule verschwunden. Die junge Frau beugte sich weit hinaus, doch mehr als eine zurückgelassene Feder auf der Mauer war nirgends zu entdecken. Langsam wankte Arigund zum Bett zurück. Ihre Hände zitterten, als sie nach ihrer Kleidung fasste und sich langsam anzog. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Sie verließ ihr Zimmer. Ohne es wirklich gewollt zu haben, stand sie vor der Burgkapelle. Leicht schwangen die eisenbeschlagenen Holztore auf. Bischof Bruno achtete sorgsam darauf, dass das Haus Gottes in bester Ordnung gehalten wurde. Die Kerzen am Altar brannten, und in den Leuchtern an den Wänden flackerten Fackeln. Ganz vorne kniete ein Mann, den Umhang fest um sich geschlungen. Ihn hätte Arigund an jedem Ort dieser Erde sofort erkannt. Behutsam schlug sie das Kreuzzeichen und schritt nach vorne. Mit einem tiefen Seufzer ließ sie sich neben dem Ritter in der harten Holzbank nieder. Eine Weile knieten sie nebeneinander, jeder in sein Gebet versunken.
    »Heinrich«, flüsterte Arigund schließlich leise. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Meine Worte reichen nicht aus, meinen Dank auszudrücken.«
    »Dann

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