Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)
gerade gemeinsam an einem Altartuch für unsere Kapelle. Du kannst doch mit Nadel und Faden umgehen?«
»Gewiss«, bestätigte das Mädchen.
»Nun gut, wir werden ja sehen.«
Kunigund von Brennberg wandte sich um
»Auf ein Wort, edle Dame«, hielt der Abt sie auf.
Kunigund hob fragend die Augenbrauen.
»Möchtest du nicht schon vorausgehen, Arigund?«
Die Kaufmannstochter verstand, dass Pater Anselm unter vier Augen mit der Burgherrin zu sprechen wünschte. Sie knickste und zog sich zurück.
»Es geht um das Gespann der DeCapellas«, hörte Arigund im Fortgehen. Zu gerne hätte sie nun gelauscht, aber leider gab es hier im Garten keine Möglichkeit, sich zu verstecken. Also kehrte sie in die Burg zurück. Der gute Pater würde ihr schon noch berichten, was er hatte ausrichten können. Arigund war froh, einen Fürsprecher gefunden zu haben. Mit leichten Schritten eilte sie in ihre Kemenate, wo sie Annelies traf, die gerade die Naht eines der Gewänder ihrer Herrin richtete. Der kleine Raum war inzwischen fast gemütlich geworden. Ein von zu Hause mitgebrachter Wandteppich verbarg die grauen Mauern. Ihre Bettstatt war mit dicken wollenen Decken und bunten Tüchern ausgestattet worden, und in dem Leuchter steckten frische Kerzen.
»Stell dir vor, was passiert ist!«, plapperte Arigund drauflos und erzählte ausführlich ihre morgendlichen Erlebnisse. Annelies wiegte den Kopf. »Ich weiß nicht, ich finde diesen Sinneswandel der Paters merkwürdig«, merkte die Zofe an. »Gestern war er streng und unnahbar, verlangte solch schlimme Dinge von Euch, und heute soll er Euer Freund und Beschützer sein? Das kommt mir seltsam vor.«
»Er hat mich jetzt eben besser kennengelernt«, rechtfertigte Arigund.
»Oder er hat erfahren, dass Euer Vater ein reicher Kaufmann ist, und erhofft einen wohlgefüllten Beutel, wenn ihr von des Paters Freundlichkeit berichtet.«
Arigund hob mahnend den Zeigefinger. »Aber, Annelies, Pater Anselm ist ein Mann der Kirche, ein Mönch, der den irdischen Dingen entsagt.«
»Genau wie Pater David, und der hat die Spenden der DeCapellas stets gern genommen.«
»Doch nicht für sich. Er ist der Abt und muss wie ein Kaufmann denken. Aber Pater Anselm hat das nicht nötig. Er hat mich einfach ins Herz geschlossen. Stell dir vor, er will mich sogar weiter im Lateinischen unterrichten.«
»Aha!« Annelies biss den Faden ab und sah das Kleid weiter durch. Sie wusste, es hatte keinen Sinn mit Arigund weiter zu debattieren.
»Und wie ist es dir so ergangen an deinem ersten Tag?«, erkundigte sich Arigund. »Matthias schon gesprochen?«
»Oh, es gab zu viel zu tun. Aber ich war in der Küche und habe die Ohren gespitzt.«
Sofort war Arigunds Interesse geweckt. Sie wusste zwar, dass es sich für ein Fräulein nicht ziemte, dem Dienstbotengeschwätz zu lauschen, aber man erfuhr doch so manches Interessante. Neugierig setzte sie sich auf ihre Truhe, wo sie Annelies näher war, und wackelte aufgeregt mit ihren Zehen. »Und? Erzähle!«, forderte sie ihre Zofe auf.
Annelies vertiefte sich in die Inspektion des Kleides.
»Jetzt spann mich doch nicht so auf die Folter!«, beschwerte sich die Kaufmannstochter.
Annelies sah sich kurz um. Die Tür war verschlossen. Es würde schon niemand sein Ohr daran haben. Trotzdem senkte sie vorsichtshalber die Stimme. »Also, die Herrin Kunigund, so sagt man, führt den Haushalt mit strenger Hand. Sie ist gerecht, im Gegensatz zu ihrem Gatten, der zum Jähzorn neigt. Dann ist es besser, seinen Weg nicht zu kreuzen. Wirtho kommt ganz nach ihm.«
»Was du nicht sagst«, meinte Arigund.
»Es gibt noch einen anderen Bruder, nach seinem Vater Reimar genannt.«
»Ja, Pater Anselm hält große Stücke auf ihn. Angeblich ist Reimar der einzige Kerl auf diesem Hof, der halbwegs gebildet ist.«
»Das weiß ich nicht, aber er soll die Stimme eines Engels haben.«
»Na, wenn da nicht übertrieben wird.«
»Pater Anselm würde ihn gerne für das Kloster gewinnen. In Regensburg gibt es einen Knabenchor, der selbst beim Papst in hohem Ansehen steht. Es ist eine große Ehre, dort singen zu dürfen.«
»Davon hab ich schon gehört. Und warum schickt man ihn nicht dorthin, wenn er doch so begnadet ist?«
»Der Truchsess lässt es nicht zu. Er will seinen Sohn zum Ritter schlagen lassen. Schließlich steht er in der Erbfolge an zweiter Stelle.«
»Ich schätze eher, für ihn zählt nur jemand, der ein Schwert ordentlich zu führen weiß. Bildung ist ihm egal.«
»Nun ja,
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