Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)
Händen heimkehren. Als Kunigund ihren Gatten erreichte, führte ihm gerade Matthias, der rothaarige Knecht, einen stämmigen und jagderfahrenen Braunen vor.
Reimar von Brennberg lächelte der Burgherrin kurz zu. Sie nahm seine Hand und drückte sie gerade fest genug, dass er es durch die Lederhandschuhe spüren konnte.
»Wünsch uns Jagdglück«, meinte der Truchsess, überzeugt, dass ihm dies ohnehin zuteil werden würde.
Kunigund nestelte nach einem Tuch. »Passt auf Euch auf, mein Gemahl! Die Sauen sind gefährlich um diese Zeit. Sie wollen ihre Jungen beschützen.«
Ein Knappe war herangeeilt und half seinem Herren in den Sattel. Ohne sofort auf die Bemerkung seiner Gattin einzugehen, saß Reimar auf.
»Sei unbesorgt«, wiegelte der Burgherr selbstbewusst ab. »Eine Sau holt keinen Brennberg aus dem Sattel!«
Die Burgherrin wandte sich ihrem Sohn zu, der wie stets an der Seite seines Vaters ritt.
»Gib auch du auf dich Acht, mein Sohn«, meinte sie und reichte ihm die Hand. Doch der junge Ritter ignorierte die Geste.
»Ich werde Euch einen Eber bringen, groß wie ein Haus, Mutter«, prahlte er.
»Uns Damen dünkt eher nach Fasanen oder Hasen«, versuchte Kunigund seinen Übermut zu besänftigen. »Die Eber sind ausgezehrt und schmecken zäh.«
Wirtho machte eine abwehrende Geste. Mit einer dramatischen Geste wendete der junge Ritter sein Pferd und sprengte an die Spitze des Zuges. Stolz und Sorge mischten sich in Kunigunds Herz. Ihr Sohn war ein wackerer Bursche, allerdings kannte er keine Grenzen. Sie würde eine Kerze anzünden, sobald sie die Zeit dazu fand. Jetzt aber musste sie zunächst einmal ihren Haushalt ans Laufen bringen.
»He, du da!«, rief sie der Gänsemagd zu.
Die knickste artig.
»Halt die Augen offen, und pflück uns reichlich jungen Löwenzahn, damit wir heute Abend etwas Frisches auf dem Tisch haben und junge Brennnesseln. Das übergib dem Koch beizeiten.«
Kunigund sah sich nach ihrer Hofdame um, doch die war verschwunden. Also musste sie allein zu den Stallungen herübergehen, um die Eierernte des Tages zu überwachen. Sie hatten zum Glück im letzten Jahr eine gute Brut gehabt. Die Junghennen legten um diese Jahreszeit sehr ordentlich.
*
Kunigund von Brennberg zählte die Eier ab und seufzte. War dies eine Arbeit für eine Minneherrin? Früher hatte sie nicht selbst in den Stall gehen müssen. Was war nur aus ihrem stolzen Hof geworden? All die Musikanten und Gaukler, die ihre Sinne erfreuten, hatte ihr Gatte nach dem Turnier weggeschickt und auch so manch eine lieb gewordene Hofdame. Und nun konfrontierte er sie – noch vor der neuen Ernte – mit diesem Kaufmannskind, ein weiteres Maul, das nach Brot gierte, und gewiss ein verwöhntes, denn es stammte aus reichem Hause. Es würde all das Elend sehen und womöglich nach Regensburg an den Bischofshof und nach Landshut zum Herzog berichten, auf Brennberg litte man Not und ließe die Hörigen verhungern. Wäre das Mädchen wie vereinbart im Sommer gekommen, hätte es volle Speisekammern und gut genährte Leibeigene vorgefunden. Einen ganz anderen Eindruck hätte das Mädchen vom Hause Brennberg erhalten.
Die Burgherrin dachte an Arigunds Ankunft. Ärger keimte in ihr hoch. Warum hatte ihr Sohn nicht besser auf das Kind aufgepasst? Es hatte sterbenselend ausgesehen, als es ankam. Zudem hatte Wirtho ganz offensichtlich wieder gespielt, denn er hatte noch am selben Abend bei seiner Mutter um eine größere Summe Geld nachgefragt, angeblich, um Schulden aus der Reise zu begleichen. Dabei hatte der Truchsess seinem Sohn eine gefüllte Geldkatze mitgegeben. Kunigund hatte ihren Gatten gewarnt, Wirtho alleine loszuschicken. Der aber hatte alle Einwände vom Tisch gefegt. Schließlich könne man Arigund DeCapella nicht von irgendwelchen Wachknechten abholen lassen. Schließlich stünde er beim Kaufmann im Wort, dass das Mädchen bestens beschützt werde. Zudem würde es mehrere Ellen feines Leinentuch und seltene Gewürze als Gastgeschenk mitbringen. Sollte man riskieren, dass dies alles Raubgesindel anheimfiele? Wirtho habe zwar seine Fehler, aber er sei ein zuverlässiger und wackerer Streiter, der sich gewiss nicht die Butter vom Brot stehlen ließe. Für Arigunds Sicherheit gäbe es keine Alternative, außer er selbst würde reiten, doch dies wäre dann doch dem Anlass nicht angemessen. Diesen Argumenten hatte Frau Kunigund nichts entgegenzusetzen. Zudem sah sie einem Mitbringsel aus dem kaufmännischen Gewürzbestand freudig
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