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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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ergänzte Frau Kunigund hastig.
    Ihr Gewand raschelte, als sie sich auf einem Hocker neben dem Mädchen niederließ. Eine Weile saßen die beiden nebeneinander und lauschten Reimars rasselndem Atem und dem Gesang der Waldvögel vor den Fenstern.
    »Es war sehr mutig von dir, bei diesem Unwetter die Burg zu verlassen und meinen Sohn zu suchen. Wer weiß, wann seine Abwesenheit bei all dem Durcheinander aufgefallen wäre. Womöglich wäre er dort draußen erfroren. Ich wollte dir danken, Arigund von Regensburg. Du hast dich um Burg Brennberg verdient gemacht. Gibt es etwas, das ich für dich tun kann?«
    Arigund sah überrascht auf. Die Burgherrin gewährte ihr eine Gunst. Vieles fiel dem Mädchen ein, zum Beispiel, dass sie von den öden Handarbeitsstunden befreit würde. Gerne würde sie auch wieder Gesangsstunden haben. Frau Kunigunds Spielmann schien ihr dazu weit mehr geeignet als Pater Anselm, dessen Sangeskunst sich auf die für die Messe notwendigen Psalmen beschränkte. Am allerbesten wäre es, wenn sie darum bitten würde, die Burg verlassen und wieder nach Regensburg zurückkehren zu können. Wenn sich Frau Kunigund dafür aussprach, würde ihr Vater bestimmt mit sich reden lassen, und diesmal würde Arigund sich beherrschen und jedem Streit mit der Thundorfer Sippe aus dem Weg gehen. Das Mädchen seufzte. Bestimmt würde auch Annelies einen Freudensprung machen, wenn sie aus dieser kalten Burg herauskäme. Doch dann fiel der Kaufmannstochter siedend heiß wieder ein, dass ihre Zofe in diesen Tagen ganz andere Sorgen hatte.
    »Nun, Kind, es scheint ganz so, als würde dir etwas auf der Seele lasten.«
    Arigund zögerte. Natürlich gab eine Gunst, die die Burgherrin gewähren konnte. Sie musste es versuchen, auch wenn dadurch die Rückkehr nach Regensburg wieder in unerreichbare Ferne rückte. Das Mädchen schluckte.
    »Es gäbe wohl etwas, Herrin, um das ich bitten möchte.«
    Frau Kunigund sah es erwartungsvoll an.
    »Was ist es denn? Wenn es in meiner Macht steht, will ich es wohl gewähren.«
    »Leben und Freiheit Eures Hörigen Matthias möchte ich erbitten.«
    Kunigund von Brennbergs Miene wechselte von Überraschung zu Verärgerung. »Es ist weder mein Recht noch meine Aufgabe, über ihn zu richten. Diese Bitte kann ich dir nicht erfüllen. Nenne etwas anderes.«
    »So erbitte ich Eure Fürsprache in seinem Fall, Herrin.«
    Frau Kunigund knetete ihre Hände und betrachtete Reimars schweißnasses Gesicht. Gedankenverloren griff sie nach dem Leintuch und tupfte die Stirn ihres Sohnes ab.
    »Du bist ein merkwürdiges Kind, Arigund«, sagte die Burgherrin nach einer Weile. »Andere Mädchen hätten sich ein Schmuckstück gewünscht, ein neues Gewand oder gar eine Empfehlung für eine gute Heirat. Du aber bittest um Gerechtigkeit für einen Leibeigenen. Was bewegt dich dazu?«
    Arigund schluckte und senkte wieder den Kopf. Wie würde die Burgherrin wohl reagieren, wenn sie von Annelies’ Verzweiflung erfuhr? Nein, Arigund konnte dies nicht als Grund anführen. Aber was dann? Frau Kunigund wartete geduldig auf eine Antwort.
    »Wenn ich die Geschehnisse richtig verstanden habe, so hat der Knecht sein Leben riskiert, um das der anderen zu retten«, begann Arigund vorsichtig. »Matthias ist ein guter Mensch und war dem Truchsess stets ergeben.« Aus dem Augenwinkel betrachtete sie das Gesicht der Burgherrin, doch die verzog keine Miene. Mutig fuhr Arigund fort: »Auch wenn er sich falsch verhalten hat, als er das Pferd bestieg, so hat er es nicht aus Eigennutz getan.«
    Noch immer gab es keine Reaktion. Arigund atmete tief durch. »Wenn dieser Knecht ein Ritter wäre, würde man ihn als Helden feiern, so aber hat man ihn ins Verlies geworfen.«
    »Er ist eben kein Ritter!«
    »Nein, das ist er nicht.«
    »Du hast ein mildtätiges Herz, Arigund, doch bedenke, bevor du mich ins Wort nimmst: Die Unfreien müssen ihren Platz kennen. Wenn wir Männer und Frauen von Stand die natürliche Ordnung nicht aufrechterhalten, dann versagen wir vor Gott, denn es ist unsere heilige Pflicht, seinen Willen auf Erden zu erfüllen und seine Gebote zu leben – auch wenn es uns nicht immer gefällt.«
    »Ihr meint, auch wenn Matthias in bester Absicht handelte, so hat er doch gegen Regeln verstoßen. Aber sollte man Regeln nicht ändern, wenn sie sich schlecht bewähren.«
    Die Burgherrin legte das Leintuch beiseite und sah Arigund direkt in die Augen. »Wo willst du die Grenze ziehen zwischen guter Absicht und aufrührerischem

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