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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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Gebaren? Hast du nicht gesehen, wozu sein Handeln führte? Erst die Schwerter der Burgwache wiesen den Pöbel in seine Schranken. Es stiftet Unfrieden, wenn Regeln nicht eingehalten werden. Darum muss der Knecht bestraft werden, wenn auch ganz sicher nicht mit dem Tode, wie du fälschlich anzunehmen scheinst.«
    Arigund biss sich auf die Lippen. Sie war nicht dabei gewesen, als die Hörigen ihrer Empörung Luft machten, doch Annelies hatte erzählt, die Menschen hätten Matthias lediglich zur Hilfe kommen wollen. Die Kaufmannstochter atmete tief ein und entgegnete dann leise: »Am Aufruhr war der Knecht nicht beteiligt. So kann man ihm diese Dinge nicht zur Last legen.«
    »Ich merke, Arigund, du lässt dich nicht so leicht von deiner Meinung abbringen, aber warum verlässt du dich nicht auf die Rechtsprechung des Truchsess?«
    Weil er auf Wirtho hören wird, dachte Arigund, aber laut sagte sie: »Ich vertraue wohl auf die Erfahrung und den Gerechtigkeitssinn Eures Gatten, Herrin, aber wer wird da sein, um für Matthias zu sprechen? Es mag Sache der Männer sein, für Recht und Ordnung zu sorgen, uns Frauen aber steht Mildtätigkeit gut an.«
    Frau Kunigund lachte. »Was bist du nur für ein Pflauderer, Arigund.«
    Das Mädchen runzelte verständnislos die Stirn.
    »Mit dir ist nicht leicht debattieren!«, erklärte die Burgherrin. »Du hast eine geschickte Zunge.«
    »So ist mir die Bitte gewährt?«, hakte das Mädchen nach.
    »Eine Brennberg steht zu ihrem Wort. Der Hörige soll seine Fürsprecherin in mir haben, doch mehr kann und werde ich nicht versprechen. Und jetzt mach, dass du ins Frauenzimmer kommst. Dort wartet ein weiteres Altartuch darauf, besäumt zu werden!«
    Arigund, durch den Erfolg leicht übermütig geworden, rollte unziemlich mit den Augen, erntete dafür aber lediglich einen gutmütigen Tadel mit dem erhobenen Zeigefinger. Vor dem Frauenzimmer steuerte sie zunächst noch ihre eigene Kemenate an. Atemlos erreichte sie den schmalen Raum. Ihr Blick suchte Annelies, doch die war nirgends zu sehen. Dann würde sie ihr die gute Nachricht eben später überbringen. Ein wenig enttäuscht kehrte das Mädchen ins Haupthaus zurück.

*
    Annelies lächelte, als ihr Luise zuzwinkerte. Die Magd und ihre Großmutter waren in den letzten Tagen ihre wichtigsten Verbündeten geworden. Und natürlich der Koch, der von dem Geheimnis der Frauen wusste und die kleinen Diebstähle der täglichen Essensration geflissentlich übersah. Die Zofe, deren Anwesenheit in der Küche mittlerweile als völlig normal angesehen wurde, zählte leise bis zehn, schnappte sich den Eimer mit den Abfällen und folgte Luise. Die beiden Mädchen trafen die alte Resl vor dem Turm. Das Herz der Zofe klopfte immer noch heftig, wenn sie an den Wachen vorbeiliefen, obwohl sie an keinem der vergangenen Tage von einem der Männer angesprochen worden waren. Der Ferdl spähte von oben herab und winkte sie hektisch hinauf. Seine Augen leuchteten, und dreist zwickte er Luise in den Hintern.
    »Na, meine Schöne, was hast du mir denn heute Gutes mitgebracht?«, fragte der Wachknecht gierig. Er schnupperte wie ein Jagdhund an dem Korb. Luise gewährte ihm einen kurzen Blick auf den Inhalt. Ferdl lief das Wasser im Mund zusammen: »Hm, gekochte Eier mit Speck und Krapfen«, schwärmte er und wollte danach greifen. Die Magd klopfte ihm energisch auf die Finger und wies mit den Augen nach oben. Ferdl verstand und trollte sich mit Luise. Gleich danach hörte man ein Kichern. Resl schlurfte zur Falltür. Annelies pflückte den Schlüssel vom Holzbalken und nestelte an dem Schloss, dass sich behäbig öffnete. Die beiden Frauen hoben die Falltür an und riefen hinunter. Zu ihrer Erleichterung antwortete Matthias leise. In den ersten beiden Tagen war der Pferdeknecht kaum bei Bewusstsein gewesen. Stöhnend hatte er die Portion Hühnersuppe geschlürft. Heute schien es ihm etwas besser zu gehen, aber von seinem Strohlager hatte er sich noch immer nicht erhoben. Annelies kurbelte an der Winde und hielt den Knüppel, damit Resl aufsteigen konnte. Doch die schüttelte den Kopf.
    »Diesmal derfst du«, bestimmte sie. Annelies spähte in die Tiefe. Rasend gern wollte sie einmal wieder in Matthias’ Nähe sein, seine Hand halten und ihm Liebesworte zuflüstern. Andererseits ging es verdammt tief hinunter. Das Mädchen war sich nicht sicher.
    »Nun mach schon!«, herrschte die Alte es an. »Traust den alten Knochen wohl nicht, Derndl? Kannst glauben, in diesen

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