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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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Doch die gab noch keine Ruhe. »Geh weiter, du musst noch was in’n Magen kriegen, Bürscherl«, spornte sie ihn an und gab Annelies Zeichen, vorsichtig den hohlen Kürbis mit der Hühnerbrühe herabzulassen.
    Ohne auf Matthias’ Protest zu achten, flößte sie ihm die lauwarme Suppe löffelweise ein und gab erst Ruhe, nachdem er alles aufgegessen hatte. Annelies waren die Beine eingeschlafen, weil sie die ganze Zeit vor dem Loch gehockt hatte. Jetzt drängte die Alte zum Aufbruch.
    »Hol mich wieder rauf, Annelies!«, rief sie von unten, während sie hurtig ihre Sachen zusammenraffte. Es war schwer für das Mädchen, die Resl mit der Winde nach oben zu ziehen, aber sie schaffte es. Gemeinsam schlossen sie die Falltür und sperrten ab. Mehr konnten sie nicht tun. Ohne dass man sie gerufen hätte, kletterte Luise die Holzleiter herunter. Sie hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht.
    »Der Ferdl?«, fragte die Alte.
    »Schläft selig und süß wie ein Baby, nachdem es sein Geschäft verrichtet hat.« Luise zwinkerte ihrer Oma zu.
    Resl legte den Schlüssel in das Gebälk und zog Annelies mit sich zur Tür, während sie murmelte: »Ja, ja, die Männer san doch alle gleich.« Dabei kicherte die Alte vergnügt.
    »Aber was ist, wenn der Wächter was sagt. Wird uns der Herr Wirtho dann nicht alle in den Turm werfen lassen?«
    Verächtlich spuckte Resl auf den Boden. »Der junge Herr is noch lange nicht Truchsess, und bis dahin stinkt sei Gschiss genau a so wie unsers!«
    Annelies wollte gerade nachfragen, was die Alte damit meinte, doch in diesem Moment erscholl die Feuerglocke.

K APITEL 12
    »Du hast eine wirklich angenehme Stimme, Kind.«
    Arigund fuhr erschrocken zusammen, als sie von der Herrin Kunigund angesprochen wurde. Sie saß nun schon den zweiten Tag an Reimars Bettstatt und flößte ihm abwechselnd heiße Milch mit Honig und Lindenblütentee ein, doch das Fieber wollte nicht sinken. Bereits in der Nacht seiner Rettung hatte der Junge blass und kränklich gewirkt. Während Wirtho laut über den Verlust seines Hengstes lamentierte, hatte sein jüngerer Bruder an der Seite der Mutter gestanden, als Löscheimer und Regen die letzten Brandherde erstickten. Ohne einen Bissen zu sich zu nehmen, hatte er sich anschließend zurückgezogen. Am nächsten Morgen plagte ihn ein übler Husten. Zur Mittagsstunde hatte er sich ermattet hinlegen müssen. Seither stieg und stieg das Fieber. Frau Kunigund und Arigund lösten sich bei der Pflege des Knappen ab. Verwundert hatte die junge Patrizierin festgestellt, dass sie sich mit ihrem Tun die Achtung der Burgherrin erwarb, ja sogar die strenge Marie nickte wohlwollend, wenn sie Arigund an Reimars Seite sah.
    Berta hingegen belächelte Arigund süßlich.
    »Da hast du etwas missverstanden, meine Liebe«, erklärte sie mit hochnäsiger Miene. »Der edle Dienst am Lager des Ritters geziemt uns Damen, wenn unser Ritter nach einer Heldentat verletzt darniederliegt. Reimars Heldentat war die Suche nach einem … was war es gleich noch?«
    »Ein Schaf«, erwiderte Arigund, ohne nachzudenken, und hätte sich danach am liebsten die Zunge abgebissen.
    »Genau, ein hässliches, dummes Schaf«, bestätigte die junge Adelige, »und nicht er rettete die Jungfrau, sondern es war umgekehrt!«
    Das Mädchen freute sich sichtlich über ihr gelungenes Bonmot und schaute beifallheischend zu den kichernden Rabenstein-Schwestern. Arigund biss sich auf die Lippen und senkte den Kopf. Blöde Gänse! Ihnen würde das Lachen schon noch vergehen.
    »Was für ein Held unser Herr Reimar doch ist«, setzte Berta, weiter an die Geschwister gewandt, ihre Spottrede fort. »Er hat sich die aufopfernde Pflege einer edlen Dame wohlverdient.«
    Die Geschwister glucksten noch lauter. Arigund konnte sich nicht mehr beherrschen, sprang auf und rief: »Ihr seid so gemein!« Dann stürmte sie aus dem Zimmer.
    Seit diesem Tag ging sie dem Dreigestirn aus dem Weg. Stattdessen blieb sie – wann immer ihre Pflichten es zuließen – an Reimars Seite. Wenn ihn das Fieber allzu sehr schüttelte, sang sie ihm leise vor, was ihn zu beruhigen schien.
    Die Burgherrin trat ein und warf ihrem Sohn einen sorgenvollen Blick zu. Arigund erhob sich, um Frau Kunigund Platz zu machen. Die Dame ließ sie mit einer Handbewegung wissen, dass sie sich wieder setzen konnte.
    »Ich habe nach meinem Gatten schicken lassen«, erklärte die Burgherrin. Arigund sah erschrocken auf. Stand es so schlecht um Reimar?
    »Schon des Feuers wegen«,

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