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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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Himmelschlüssel blühen.«
    Ainwa starrte Alfanger entgeistert an. »Dieses Jahr sind sie wohl etwas früher dran«, sagte sie schließlich und wandte sich ab.
    »Natürlich«, erwiderte Alfanger, stand auf und kam langsam auf sie zu. »Und den Bogen hast du einem wilden Percht gestohlen, nicht wahr?«
    »Ich habe dir schon erklärt, ich habe ihn selbst gebaut«, erklärte sie ungeduldig.
    »Ainwa. Ich bin nicht blind. Ich weiß, woher dieser Bogen kommt und ich weiß, mit wem du dich triffst, wenn du im Wald verschwindest. Ich wollte dir nur sagen: Sei sehr, sehr vorsichtig. Du riskierst viel bei diesem Spiel. Die Alten werden nicht zögern, dich fortzujagen, wenn sie davon erfahren.«
    Ainwa ballte die Fäuste.
    »Sie sind mir egal! Sollen sie doch verrotten, ich lass nicht mehr zu, dass sie mein Leben bestimmen.«
    »Nun …«, meinte Alfanger, »… ich wollte nur sichergehen, dass du die Risiken kennst.«
    »Ist das alles, was du mir zu sagen hast?«
    »Nein«, sagte Alfanger und blickte zur Seite. Auf einmal erschien er unsicher. »Erinnerst du dich noch an den wirren Trank, den du vorgeschlagen hast, um Hongars Krankheit zu behandeln?«
    »Was spielt das jetzt noch für eine Rolle? Hongar liegt auf dem Sterbebett, schon seit Tagen. Es geht zu Ende mit ihm.«
    »Da irrst du dich – es geht ihm besser.«
    Sie runzelte verwirrt die Stirn.
    »Ich habe deinen Trank zubereitet. Ich habe Hongar erklärt, dass es die einzige Chance ist, sein Leben zu verlängern – und dass er von dir stammt.«
    »Er hat ihn getrunken?«, fragte Ainwa überrascht.
    »In seiner Lage hätte er wohl selbst die Hilfe eines Albes angenommen. Einen Tag später konnte er wieder von seinem Lager aufstehen. Er trinkt ihn jetzt alle zwei Tage. Ich hoffe bloß, meine Vorräte reichen noch, bis der Blutweiderich wieder blüht.«
    Ihre Gesichtszüge verhärteten sich.
    »Du hättest diesen Trank nicht anwenden dürfen.«
    »Es war seine einzige Chance.«
    »Es war dumm. Ich habe diesen Trank nur erfunden, völlig aus der Luft gegriffen. Hongar muss sich von selbst erholt haben.«
    »Ainwa, ich bin sicher …«
    »Nur, was man sehen und was man berühren kann«, unterbrach sie ihn und maß Alfanger mit einem kühlen Blick. »Alles andere spielt keine Rolle.«
     
    Gorman lag auf einem umgestürzten Baum und sonnte sich, als Ainwa die Lichtung im nördlichen Auwald erreichte, auf der sie am Tag zuvor Bogenschießen geübt hatten. Sie konnte die rötliche Narbe unter seinem linken Knie erkennen. Unglaublich, wie gut der Bruch verheilt war.
    »Du bist spät«, sagte Gorman, ohne aufzublicken.
    »Will nicht darüber reden«, brummte sie. »Also, was ist deine großartige Überraschung?«
    Gorman setzte sich auf und musterte sie neugierig.
    »Warum so grantig? Hast du zu wenige Himmelschlüssel gefunden?«
    »Witzig«, erwiderte Ainwa.
    Er sprang mit einer kraftvollen Bewegung von seinem Baumstamm herunter.
    »Lass uns gehen.«
    »Wohin?«
    »Weißt du, aus diesem Grund nennt man es ,Überraschung‘. Ich hoffe, du hast dir sonst nichts vorgenommen.«
    »Hm, zu dumm, gerade heute wollte ich einen weiteren Tag mit Alfanger allein in der Hütte sitzen«, meinte Ainwa grinsend. »Auf was für einer Scheinjagd befindest du dich heute?«
    »Ich suche einen Iltisbau«, sagte er amüsiert. »Ich brauch ein Junges, um es für die Hasenjagd abzurichten. Sehr schwer zu finden … fast unmöglich, könnte Tage dauern.«
    »Sie werden denken, du hast den Verstand verloren.«
    Gemeinsam marschierten sie los, in südlicher Richtung, auf die schroffen Berghänge der Höllberge zu.
     
    Es verging viel Zeit, ehe sie ihr Ziel erreichten. Sie waren entlang des Ataufers südwärts gewandert. Irgendwann vor der Mündung des Weyta bog Gorman scharf nach Westen ab, wo die Berghänge steil anstiegen und das Gelände immer wilder und unzugänglicher wurde.
    Nach einer Weile – sie hatte bereits begonnen, sich lautstark über den anstrengenden Aufstieg zu beschweren – erreichten sie eine steile Felswand, die ihnen den Weg versperrte.
    »Wir sind bald da«, sagte Gorman.
    Ainwa blickte sich neugierig um. Der Urwald hatte sich gelichtet und sie wanderten nun durch eine sumpfige Landschaft, die nur von ein paar Erlen bewachsen wurde. Blaue Moorfrösche quakten und versuchten ausdauernd, Weibchen anzulocken.
    »Hier …«, murmelte Gorman und hielt zielstrebig auf ein dichtes Erlengestrüpp am Rand der Felswand zu. Ein Bächlein sprudelte darunter hervor.
    Er bog das

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