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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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besonders klug.
    Ein riesiger Körper schälte sich aus der Dunkelheit. Etwas glänzend Schwarzes wand sich unglaublich schnell auf mich zu.
    Ich kniff die Augen zusammen. Zuerst dachte ich, der Tatzelwurm wäre eine riesige, schwarze Schlange – doch als ich ihn genauer betrachtete, wünschte ich mir, er wäre eine riesige, schwarze Schlange.
    Sein Körper war tatsächlich schlangenartig, allerdings dicker und länger als eine Schlange je sein könnte. Der Durchmesser seines Körpers musste mehr als eine Armlänge betragen. Seine Haut war völlig schuppenlos und glänzte feucht wie die eines Salamanders. Sein Schädel war ein mächtiges Ding, breit und kantig, über und über mit dichtem, schwarzem Fell überwuchert, das erst am Nacken in feuchte Amphibienhaut überging. Im Fackellicht konnte ich spitze Zähne erkennen, die aus seinem Maul ragten.
    Ein interessiertes Knurren ertönte.
    Der Tatzelwurm richtete sich auf und stützte sich auf zwei mächtige Vorderpranken. Ich verfolgte seinen Körper mit meinem Blick, Hinterbeine konnte ich jedoch keine entdecken.
    Der zottelige Schädel des Tatzelwurms bog sich zu mir herunter. Seine Augen! Konnte dieses Wesen tatsächlich blind sein? Es fühlte sich jedenfalls nicht so an.
    »Warum hasst du die Wanifen?«, fragte ich vorsichtig und erwiderte den Blick seiner milchweiß schimmernden Augen.
    »Mordlustiges Pack«, zischte der Tatzelwurm und näherte sich mir noch weiter. Sein Schwanz wand sich wie beiläufig um meinen Körper, ohne mich jedoch zu berühren. So viel zum Thema Weglaufen.
    »D–du musst es mir nicht erzählen, wenn es dich aufregt«, meinte ich, so ruhig ich konnte. »Du siehst meine Gedanken … Weißt du also, warum ich hier bin?«
    Ein dunkles Grollen erklang.
    »So viel Angst, mich wundert, dass es dich nicht zerreißt, Menschlein.«
    Angst? Sollte das heißen, der Tatzelwurm las gar nicht meine Gedanken, sondern …?
    »Du siehst in mein Herz«, flüsterte ich.
    »So voll.« Der Tatzelwurm stöhnte und schüttelte sein massiges Haupt. »Wie erträgst du das bloß?«
    »Ich habe jemanden verloren«, hauchte ich. »Ich muss für ihn stark bleiben.«
    Der Tatzelwurm zog die Schlinge um meinen Körper mit einer raschen Bewegung zusammen. Ich spürte seine feuchte Salamanderhaut selbst durch meine Kleidung hindurch. Eine Kontraktion seiner gewaltigen Muskeln – und er würde mich zerquetschen.
    »Wieso kommst du offenen Auges in mein Reich?«, fragte der Tatzelwurm lauernd. »Närrisches Menschlein, ich fühl doch deine Angst und das Zittern deiner kleinen Gestalt.«
    »Ich brauche deine Hilfe.«
    »Hilfe …« Der Tatzelwurm stieß ein heiseres Lachen aus. Seine Fänge blitzten auf.
    »Atas Kind bittet mich um Hilfe?«
    »Du weißt von Ata?«, fragte ich verblüfft.
    Der Tatzelwurm lachte erneut.
    »Der Hauch seiner Macht umgibt dich, kleines Menschlein, so wie der Glanz eines Kristalls. Du bist ein faszinierendes Ding … so zerbrechlich, aber mit dem Stolz des mächtigsten von uns im Herzen. Als wärst du so unverwundbar wie er … Dabei könnt ich dich so leicht verschlingen und dein Herz damit zum Schweigen bringen.«
    Eine warme Zunge fuhr mir übers Gesicht. Ich prustete und spuckte, um den Schleim, der mir plötzlich im Gesicht klebte, aus Nase und Mund zu bekommen.
    Warum hatte ich das Gefühl, dass dieses Gespräch in die falsche Richtung lief?
    »Du hast recht«, erwiderte ich mit bebender Stimme. »Du könntest mich töten. Leicht sogar, aber ich war nicht derjenige, der dir diesen Schmerz bereitet hat, und ein großer Geist wie du wird wissen, dass er durch meinen Tod nicht verstummen wird. Ich bin zu dir gekommen, weil ich deinen Rat brauche, weil du das einzige Wesen bist, das mir helfen kann.«
    »Oh … große Worte für so ein kleines Ding«, knurrte der Tatzelwurm und hob ein wenig den Kopf. »Ich begreife langsam, was Ata an dir so anziehend fand. Stell mir deine Frage, Kleines.«
    »Sag mir, wie ich Ata zurückgewinnen kann.«
    Der Tatzelwurm starrte mich einen Moment lang völlig reglos an.
    »Fragst mich, obwohl du weißt, was du getan hast?«, zischte er drohend. Sein Schwanz schlang sich noch fester um meinen Körper. Wenn ich je die Kontrolle über diese Situation gehabt hatte, dann war sie mir gerade endgültig entglitten.
    »Ich weiß, ich habe viele Fehler gemacht, aber ich bin hier, um sie wiedergutzumachen. Sag mir, wie ich Ata um Verzeihung bitten kann.«
    Der Tatzelwurm lachte laut auf.
    »Was gibt es da zu

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