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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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wollte, musste ich zurückwandeln. Ich rannte zu dem Wechselstein am anderen Ende der Wiese, dort, wo das kleine Waldstück begann, das die Wiese mit dem Moor verband.
    »Lasst ihn in Ruhe«, rief eine leise Stimme.
    Ich schüttelte den Kopf. Was war das? Ich blickte mich verwirrt um, doch die schneebedeckte Wiese lag genauso einsam vor mir wie zuvor. Auf einmal hörte ich wieder etwas wie von sehr weit her – zornige Rufe, ein schrilles Kreischen. Ich blickte mich alarmiert zu dem Percht um, der mir lautlos gefolgt war.
    »Halt dich bereit!«
    In Ordnung, Ainwa. Zeit, die zu beschützen, die ihr Leben für dich riskiert haben. Rainelf und Kauket … Aber was war mit Gorman, der das größte Opfer für mich gebracht hatte? Ich ballte die Fäuste und drängte den Gedanken zurück. Mit einem kräftigen Schlag wandelte ich zurück in die Menschenwelt.
    Die Stille erwachte mit einem überraschten Schrei zum Leben, gefolgt von einem schrillen Brüllen. Ich hob den Kopf gen Himmel. Ein gewaltiges, braungefiedertes Etwas stürzte auf mich herab. Riesige Klauen näherten sich mit unglaublicher Geschwindigkeit meinem Gesicht – zu schnell um auszuweichen … Plötzlich legte sich ein weißer Schleier über meine Augen … ich spürte etwas Flauschiges auf meiner Haut, dann lag ich auf einmal im Schnee. Verwirrt rappelte ich mich auf. Wieso befand ich mich auf einmal so weit hinter dem Wechselstein? Ich hatte mich doch gar nicht bewegt.
    »Ah! Besuch«, raunte eine wohlbekannte Stimme.
    Ich keuchte auf. Wen immer ich erwartet hatte, hier vorzufinden, ganz bestimmt nicht sie.
    Gmund und Gerla standen auf der mir gegenüberliegenden Seite der Wiese und blickten zu mir herüber.
    Gerla lächelte zufrieden, während Gmund mich aus seinem geschwollenen Auge anfunkelte.
    Über Gerla schwebte flügelschlagend ein riesiger, brauner Vogel. Er erinnerte mich an einen gigantischen Lämmergeier. Sein Kopf war rot und schwarz gefiedert und aus seinem armlangen Schnabel wuchs ein langer Federbart.
    Die Kreatur stieß einen schrillen Schrei aus. Die gelben Augen fixierten mich. Ein starker Wind kam auf und drängte mich ein Stück zurück.
    Bei Ata. Dieses furchterregende Ding musste ein Bartengryf sein.
    Gmund war auch nicht allein gekommen. Neben ihm stand eine Kreatur, die so seltsam aussah, dass ich sie unter normalen Umständen wohl komisch gefunden hätte.
    Sie lief auf vier Beinen und reichte Gmund etwa bist zur Brust. Das Wesen sah aus, als hätte man es aus verschiedenen Tieren zusammengesetzt. Der Kopf ähnelte dem eines riesigen Hasen, nun ja, einem ziemlich albtraumhaften Hasen jedenfalls, mit roten Augen und langen spitzen Zähnen. Zwischen den Löffeln thronte ein kleines Geweih wie das eines Rehbocks. Der Kopf ging in einen Federkranz am Hals über, der mich vage an die glänzenden Schmuckfedern eines Birkhahns erinnerte. Die Vorderläufe des Wesens entsprachen denen eines sehr großen Wolfs, während die Hinterläufe und der helle Fleck am After eher denen von Gämsen ähnelten. Ich war nicht sicher, aber ich vermutete, bei diesem Geist handelte es sich um ein Raurackl.
    Die Wanifen der Tráuna waren nicht allein auf der Wiese. Ihnen gegenüber, neben dem Wechselstein, durch den ich zurückgewandelt war, stand Rainelf mit erhobenem Stab. Sein Hermelinenwór kauerte unmittelbar neben ihm, dicht an ihn geschmiegt.
    Das Hermelinenwór. Es musste mich vor dem angreifenden Bartengryf gerettet haben, anders war mein seltsames Erlebnis von eben nicht zu erklären.
    Danke Rainelf, wieder einmal.
    »Komm rein. Spiel mit uns, Mädchen«, rief Gerla mir zu und breitete einladend die Arme aus. »Dein Wieselmann braucht Hilfe.«
    »Halt sie da raus«, rief Rainelf ihr mit eisiger Stimme entgegen. »Das ist eine Sache zwischen euch beiden und mir.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, meinte Gerla gespielt nachdenklich, während Gmund ihr einen irritierten Seitenblick zuwarf. »Vielleicht interessiert sie auch, was wir anzubieten haben.«
    »Gerla«, zischte Gmund. »Du weißt doch, für uns geht es nur um ihn!«
    »Keine Sorge, Brüderlein«, meinte Gerla, ohne den Blick von mir zu nehmen. »Es widerspricht nicht direkt dem Wortlaut, horch in dich hinein. Und jetzt gebrauch deinen Verstand. Warum glaubst du, sollen wir ihn erledigen? Nur weil sie etwas hat, das noch viel wertvoller sein muss.«
    »Verschwinde von hier, Ainwa«, rief Rainelf. »Dein Freund ist nicht hier. Du darfst dich von ihnen nicht aufhalten lassen.«
    Gerlas

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