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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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einige Fackeln erkennen, die sich vor dem Dorf hastig hin und her bewegten. Irgendetwas musste passiert sein.
    Ainwa lief die letzten Meter den Hang hinunter. Sie erkannte Weyref, der mit Galsinger redete, und dabei heftig gestikulierte. Die Jäger waren also bereits zurückgekehrt. Aber wieso war die Dorfwiese leer? Es war höchst ungewöhnlich, dass die Jäger im Sommer ohne Beute heimkehrten, vor allem, wenn so viele ausgezogen waren.
    Eine schwere Hand legte sich von hinten auf ihre Schulter.
    Sie zuckte zusammen und fuhr herum. Alfanger, Andra und Hongar standen vor ihr.
    »Was ist los?«
    »Ainwa …«
    Dieser Ton. Irgendetwas stimmte hier nicht.
    »Gorman …«
    »Was ist mit ihm?«, rief sie und streifte Alfangers Hand ab. »Andra, er ist doch mit euch zurückgekehrt, stimmt’s?«
    Andra schüttelte den Kopf und senkte den Blick.
    »Was?«
    »Wir trieben ein paar Rothirsche an den Rand der Weytaschlucht. Ein Regensturz überraschte uns. Die Erde unter unseren Füßen rutschte davon. Gorman verlor den Halt und … Er wurde in die Schlucht gerissen.«
    Ainwa starrte sie an.
    »Du lügst! Wenn er tot wäre, hättet ihr seinen Körper zurückgebracht.«
    »Ainwa, so einen Sturz überlebt niemand«, meinte Andra. »Wir haben stundenlang nach ihm gesucht. Der Weyta hat ihn fortgespült.«
    »Nein«, flüsterte sie und wich ein paar Schritte vor den anderen zurück. »Gorman lebt!«
    Alfanger streckte die Hand wieder nach ihr aus. »Komm, wir gehen zu deinem Vater.«
    Sie schüttelte energisch den Kopf.
    »Nein … nein! Ich kann ihn nicht dort lassen, nicht so!«
    »Wovon sprichst du?«, fragte Andra verwirrt.
    »Ich will … ich muss Gorman suchen!«
    Sie fuhr herum und rannte auf den Waldrand zu. Alfanger rief verzweifelt ihren Namen und Andra nahm die Verfolgung auf, um sie zurückzuholen, aber sie tauchte bereits in den Schatten des Urwalds ein, wo niemand sie mehr finden würde.

Kapitel 6
    Der Erlkönig
     
     
     
    D ie Erinnerung verblasste. Ich spürte ein seltsames Kribbeln auf meinem Arm. In der Dunkelheit tauchte ein Gesicht auf. Gormans Gesicht. Seine Kelpiaugen musterten mich, als wollte er mich mit ihnen aufsaugen.
    »Ich komme dich holen, meine Kleine«, sagte er mit rauer Stimme.
    »Wach auf! Wach auf oder wir sind tot!«
    Jemand rüttelte mich heftig an der Schulter. Ich schlug die Augen auf und hätte vor Schreck beinahe aufgeschrien.
    »Du?«, keuchte ich, als ich Rainelfs blasse Miene dicht über mir erkannte. »Wie kommst du hierher?«
    »Dafür haben wir keine Zeit«, zischte Rainelf und blickte sich nervös um.
    Ich musterte ihn. Wie war er nur ins Dorf gekommen, ohne dass ihn jemand bemerkt hatte?
    »Komm endlich, wir müssen hier verschwinden!«
    »Was … aber wieso?«
    Rainelf packte mich an meinem Hemd und zog mich mit erstaunlicher Kraft in die Höhe.
    »Wir haben keine Zeit zum Reden. Wir müssen uns beeilen, schnell!«
    Seine Augen waren weit aufgerissen und winzige Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Die Glut des Feuers erhellte das Innere der Hütte nur noch schwach. Was konnte ihn nur so erschreckt haben?
    Rainelf ließ mich los, lief zum Hütteneingang hinüber und spähte vorsichtig hinaus.
    Er verkrampfte sich und stieß beunruhigt Luft aus.
    Langsam wandte er sich mir zu. »Er kommt dich holen.«
    Ich starrte ihn an. »Gorman?«
    »Schnell jetzt. Dein Bogen, deine Pfeile, die wirst du brauchen«, wisperte er und drückte mir den Eibenbogen mitsamt dem Pfeilköcher in die Hand.
    »Wie lange noch?«, fragte ich, während ich mir den Bogen umhängte.
    Ein dunkler Schrei drang vom Wald her zu uns. Derselbe, den ich gehört hatte, als Gorman sich verwandelt hatte.
    »Bei Ata …«
    »Schnell, nimm deinen Stab und komm!«
    »Was für einen Stab?«
    »Du hattest einen Stab, als wir uns begegnet sind«, zischte er ungeduldig. »Ohne ihn kannst du nicht gehen.«
    Ich erinnerte mich vage an den Stock, den ich im Wald gebraucht hatte, um mich auf ihn zu stützen. In Alfangers Hütte angekommen, hatte ich ihn achtlos gegen die Wand gelehnt.
    »Aber mein Bein ist …«
    »Tu, was ich dir sage!«
    Ich schloss meine Hand um das glatte Holz des Stocks.
    »Gut. Und jetzt folge mir, lauf so schnell du kannst. Ich werde nicht auf dich warten!«
    »Ainwa?«
    Rainelf erstarrte.
    Alfanger hatte sich auf seinem Lager aufgerichtet und sah mich verwirrt an. Langsam wanderte sein Blick zu Rainelf hinüber und weitete sich erschrocken.
    »Wie ist das möglich? Ich muss

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