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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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ein paar Schritte, um zu Kauket aufzuschließen.
    »Das Geisterringen«, begann er. »Ist ein uraltes Ritual, bei dem Wanifen sich im Kampf gegenübertreten. Es ist archaisch, brutal und gnadenlos. Heute werde ich dich mit den Regeln vertraut machen und dann werden wir uns duellieren.«
    Ich spürte eine vertraute Aufregung aufsteigen, wie immer, wenn Kauket mir einen neuen Teil der Wanifenwelt offenbarte.
    »Ohne es zu wissen, hast du bereits Erfahrungen im Geisterringen gesammelt«, sagte er. »Erinnere dich an deinen Kampf mit dem Streuner. Wie hat er das Duell begonnen?«
    »Er hat dreimal mit seinem Stab auf den Wechselstein geschlagen«, sagte ich. »Damals dachte ich noch, es wäre ein Gruß – also tat ich dasselbe. Dann hat er den Percht gerufen.«
    »Exakt«, bestätigte Kauket, als würde erst sein Kommentar meine Erinnerung wahr machen. »Ein Schlag auf den Wechselstein lässt dich in die Geisterwelt wandeln. Drei Schläge und du wandelst in den Zwischenbereich der beiden Welten, in dem Wanifen ihre Duelle austragen, das Zwiefeld. Dieser Ort gehört weder zur Menschen- noch zur Geisterwelt, ist aber von beiden Orten aus sichtbar.«
    »Während des Kampfes war ich auf dem Kraftplatz gefangen. Es war wie eine Mauer«, erinnerte ich mich.
    Kauket nickte.
    »Es braucht mindestens zwei Wanifen, die gegeneinander antreten, um auf das Zwiefeld zu wandeln und für die Dauer des Kampfes können wir den Kraftplatz nicht verlassen.«
    »Heißt das, ich hätte ihm entkommen können, indem ich einfach noch mal auf den Wechselstein geschlagen hätte?«
    Kauket verlangsamte seinen Schritt.
    »Es ist nicht ganz so einfach, Ainwa.«
    Ich starrte auf den See hinaus, der in der Morgensonne dampfte.
    »Ich konnte es verlassen, nachdem ich ihn getötet hatte.«
    »Ja. Es ist der … gebräuchlichste Weg, um zurückzukehren. Das Ende des Duells, der Tod des besiegten Wanifen und das Übergehen des Seelengeists auf den Sieger.«
    »Also ist ein Kampf zwischen Wanifen immer ein Kampf auf Leben und Tod?«, fragte ich.
    »Wenn es wirklich dazu kommt, ja, dann ist es meistens so«, meinte Kauket ernst. »Aber es gibt noch eine andere Möglichkeit. Wenn beide sich dazu entschließen, den Kampf abzubrechen und gleichzeitig dreimal die Wechselsteine schlagen, kehren sie zurück.«
    Mein Blick fiel auf Kaukets frisch verheilte Narbe auf seinem Arm.
    »Hast du dich jemals duelliert?«
    Er seufzte.
    »Ein paarmal ließ es sich nicht vermeiden.«
    Ich starrte auf sein Handgelenk, auf dem nur Sphincos’ einsames Zeichen leuchtete.
    »Aber du hast nicht …?«
    »Du musst verstehen, Ainwa, ein Wanife sollte bei seinem Volk leben, er bildet die Verbindung zwischen ihnen und der Geisterwelt. Aber manchmal läuft es anders. Man trifft auf heimatlose Streuner, so wie du einem begegnet bist. Manche von ihnen stellen eine Gefahr für die Menschen im Seenland dar, andere sind auch nur auf der Suche nach einer neuen Heimat. Einige wenige hegen den Wunsch, ein Volk zu unterwerfen und zu herrschen, und das sind die gefährlichsten. Ein paarmal hatte ich keine andere Wahl, als mich mit den Eindringlingen zu duellieren. Sie stellten eine unmittelbare Bedrohung für die Ata dar.«
    »Warum ist nie einer gestorben?«
    Kauket schwieg einen Moment.
    »Ich habe sie vor die Wahl gestellt, sobald der Kampf entschieden war.«
    Ich versuchte, mir über die Bedeutung des Gesagten klar zu werden.
    »Du hast sie laufen lassen?«
    Er nickte.
    »Obwohl sie dich getötet hätten, hätten sie die Gelegenheit dazu gehabt?«
    Kauket schwieg.
    »Sie hätten zurückkehren können.«
    »Ich weiß.«
    »Vielleicht haben sie andere Menschen angegriffen.«
    »Vielleicht.«
    »Aber …«
    »Hör zu, Ainwa«, sagte er. »Es ist nicht so einfach, wie du glaubst. Du hast es selbst erlebt. Du trägst den Geist eines Toten mit dir herum bis in alle Ewigkeit. Ich weiß, du hattest keine Wahl und ich bin froh, dass du so reagiert hast. Bei mir war es anders, ich hatte die Wahl und ich habe mich für Gnade entschieden.«
    Ich starrte Kauket an und einmal mehr empfand ich Bewunderung für ihn. Ebenso fühlte ich mich schäbig, weil an meinen Händen schon das Blut eines Wanifen klebte.
    »Mach dir keine Vorwürfe deswegen«, sagte Kauket, der mir meine Gedanken offenbar vom Gesicht ablas. »Für dich liegen die Dinge anders. Wenn du kämpfst, steht viel mehr auf dem Spiel.«
    »Wieso?« Ich wollte keine Sonderregeln, keinen Segen zum Töten. Ich wollte ein Vorbild für andere

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