Die Washington-Akte
Dieb, dem man außer ein wenig Sachbeschädigung nichts anlasten konnte.
Er schaute nach oben. Im zweiten Stock lag der Kuppelraum. Dorthin führten nur die nördliche und die südliche Treppe. Malone wollte ihn ganz offensichtlich in eine beengte Umgebung locken.
Heute nicht, Cotton.
Er schlich von der Treppe weg zum Ende des Flurs und spähte in die Eingangshalle hinaus. Die Frau war auf seiner Seite des Raums in der Nähe der vorderen Fenster und der Tür hinter einem Tisch in Deckung gegangen. Er zielte mit seiner Waffe über ihren Kopf und durchschoss ein achtzehnfach unterteiltes Fenster unmittelbar hinter ihr.
Hale überlegte, was er auf Cogburns Drohung erwidern sollte. Zum ersten Mal entdeckte er so etwas wie Rückgrat bei einem dieser Männer.
Daher entschied er sich für die Wahrheit.
»Ich bin dabei, die Geheimschrift zu entschlüsseln«, erklärte er.
»Wie denn?«, fragte Cogburn, eindeutig nicht beeindruckt.
»Ich habe eine Abmachung mit der Chefin der NIA getroffen.«
Malone stand in einem achteckigen Raum mit leuchtend gelben Wänden, der von einer Kuppel mit einem gläsernen Auge gekrönt war. Runde Fenster in sechs der Wände ließen das helle Licht der Morgensonne herein. Bis in dieses Stockwerk war bisher nur wenig Rauch gelangt.
Er überlegte, wie er Wyatt am besten entgegentreten konnte.
Unten waren plötzlich Schüsse zu hören.
Knox wahrte äußerlich die Fassung, aber bei dem, was er gerade gehört hatte, überlief es ihn eiskalt. Carbonell spielte alle Beteiligten gegeneinander aus. Sie quetschte ihn aus. Sie traf Abmachungen mit seinem Chef. War er kompromittiert worden? Befand er sich deswegen hier? Er bereitete sich auf rasches Reagieren vor, doch Hale hielt noch immer eine Pistole in der Hand, und er selbst war unbewaffnet.
»Was für einen Handel hast du geschlossen?«, fragte Bolton Hale.
»Die NIA hat die Geheimschrift entschlüsselt.«
»Und wo ist dann das Problem?«, fragte Surcouf.
»Das Ganze hat einen Preis.«
Die anderen drei warteten darauf, dass er fortfuhr.
»Stephanie Nelle muss sterben, damit wir den Schlüssel in die Hand bekommen.«
»Dann töte sie doch«, sagte Cogburn. »Du wirfst uns immer vor, wir seien beim Blutvergießen zu zimperlich. Worauf wartest du denn?«
»Man kann der NIA -Chefin nicht trauen. Und wir können Miss Nelle natürlich nur ein einziges Mal umbringen. Dieser Tod muss also zum gewünschten Ergebnis führen.«
Bolton schüttelte den Kopf. »Du sagst da also gerade, dass du all unsere Probleme lösen kannst, wenn du einfach diese Frau im Gefängnis tötest? Dann wäre die Gefahr beendet. Und unsere Kaperbriefe wären bestätigt? Warum spielst du da noch Spielchen?«
»Es geht mir darum sicherzustellen, Edward, dass die Gefahr wirklich mit dem Tod dieser Frau endet.«
»Nein, Quentin«, entgegnete Bolton. »Es geht dir darum sicherzustellen, dass du außer Gefahr bist.«
Cassiopeia suchte tief geduckt hinter dem Tisch Deckung.
Zwei Schüsse.
Ganz in der Nähe.
Die Kugeln ließen die Fensterscheiben hinter ihr zerbrechen.
Sie riss sich zusammen und erwiderte das Feuer mit einem eigenen Schuss, wobei sie auf die Stelle im Qualm zielte, wo sie das Mündungsfeuer erblickt hatte.
Als Wyatt das Fenster hinter der Frau zerschossen hatte, hatte er ihr eine einfache Fluchtroute eröffnet. Es war einen Meter achtzig hoch und öffnete sich wie eine Tür auf Bodenhöhe, so dass sie leicht hindurchtreten konnte.
Aber sie verschwand nicht.
Er zielte mit dem nächsten Schuss auf den Tisch, hinter dem sie Deckung suchte.
Beim vierten Schuss würde er vielleicht nicht mehr so großzügig sein.
Malone musste ins Erdgeschoss zurück und sehen, wie es um Cassiopeia stand. Aber die südliche Treppe rechts von ihm, die er hinaufgestiegen war, war nicht der richtige Weg. Er entschied, zur Nordseite des Hauses und damit zu der zweiten Treppe zu gehen.
Cassiopeia wusste, dass ein Rückzug angeraten war. Hier pfiffen zu viele Kugeln und waberte zu viel Rauch.
Wie viele Angreifer gab es eigentlich?
Und warum hatte Cotton nicht geantwortet?
Sie gab noch einen Schuss ab, sprang dann durch den offenen Fensterrahmen hinter ihr und machte einen Satz vom Portikus hinunter.
Wyatt sah die Frau fliehen und beschloss, dasselbe zu tun.
Malone war bestimmt inzwischen auf dem Rückweg nach unten.
Das hier reichte jetzt.
Malone erreichte das Erdgeschoss. Ein kurzer Flur zu seiner Linken führte in die Eingangshalle zurück, doch die mied er und
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