Die Washington-Akte
Lincoln anfangs für seine Zwecke benutzt hatte. Zur Zeit des Spanisch-Amerikanischen Kriegs hatten bereits mehr als fünfzig Nationen in der Pariser Seerechtsdeklaration von 1856 die Kaperei verboten. Obgleich weder Spanien noch Amerika den Vertrag unterzeichnet hatten, einigten sie sich am Ausgang des 19. Jahrhunderts darauf, sich während ihres Kriegs der Kaperei zu enthalten. Das an keine internationale Vereinbarung gebundene Commonwealth plünderte spanische Schiffe aus. Leider dauerte der Krieg nur vier Monate. Nach Abschluss des Friedensabkommens verlangten die Spanier Vergeltung und stellten Amerikas Aufrichtigkeit in Frage, da es die vor dem Krieg getroffene Abmachung verletzt habe. McKinley gab dem Druck schließlich nach und genehmigte die Strafverfolgung der Piraten unter Berufung auf die Tatsache, dass ihre Kaperbriefe nicht rechtlich durchsetzbar seien. Daher engagierte das Commonwealth heimlich einen geistig verwirrten Möchtegernanarchisten und ermutigte ihn, McKinley zu töten. Der Anschlag geschah am 5. 9. 1901. Der Attentäter wurde noch am Tatort gefasst. Siebzehn Tage später wurde er vor Gericht gestellt und verurteilt. Weitere fünf Wochen darauf wurde er auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet. Der neue Präsident, Theodore Roosevelt, hatte keine Skrupel wegen der Angriffe des Commonwealth und scherte sich nicht darum, die Spanier zu beschwichtigen.
Die Strafverfolgung endete.
Natürlich wussten weder Roosevelt noch sonst jemand etwas über die Verschwörung zum Anschlag auf McKinley.
»Das ist der Unterschied zwischen dir und mir«, sagte Hale zu Bolton. »Ich halte unsere Vergangenheit einfach nur hoch. Du aber bestehst darauf, sie zu wiederholen. Wie schon gesagt, Kugeln und Gewalt sind nicht länger die Methode der Wahl, um einen Präsidenten zu eliminieren. Schande und Demütigung bewirken das Gleiche, haben aber den Vorteil, dass andere freiwillig den Kampf für uns aufnehmen. Wir müssen nur das Feuer entfachen.«
»Deine verdammte Familie hat dieses ganze Desaster ausgelöst«, hielt Bolton dagegen. »Schon 1835 haben die Hales nichts als Ärger gemacht. Alles lief bestens. Niemand machte uns Probleme. Wir hatten dem Land einen großen Dienst erwiesen, und die Regierung ließ uns in Ruhe. Doch statt Jacksons Entscheidung zu akzeptieren, diese Piraten nicht zu begnadigen, hat dein Ururgroßvater beschlossen, den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu töten.« Bolton zeigte mit dem Finger auf Hale. »Das war eine genauso dumme Aktion wie die, die wir versucht haben. Mit dem einzigen Unterschied, dass man uns nicht erwischt hat.«
Hale konnte nicht widerstehen. »Zumindest noch nicht.«
»Was soll das heißen?«
Hale zuckte mit den Schultern. »Nur dass die Untersuchungen gerade erst begonnen haben. Sei dir nicht so sicher, dass ihr keinerlei Spuren hinterlassen habt.«
Bolton, der diese Worte offensichtlich als Drohung auffasste, wollte sich erneut auf ihn stürzen, hielt sich dann aber zurück, als er bemerkte, dass die Pistole, wenn auch gesenkt, noch immer in Hales Hand war.
»Du würdest uns verraten«, sagte Bolton. »Nur um deine eigene Haut zu retten.«
»Niemals«, entgegnete Hale. »Ich nehme meinen Eid, den ich auf die Artikel geschworen habe, ernst. Nur dich nehme ich nicht ernst.«
Bolton sah Surcouf und Cogburn an. »Wollt ihr einfach dastehen und ihn so mit uns reden lassen? Hat keiner von euch beiden etwas zu sagen?«
Cassiopeia fuhr mit Edwin Davis die steile Straße zum Hauptgebäude von Monticello hinauf. Man hatte alle Busse angehalten und den örtlichen Sheriff gerufen. Sie rollten auf einen Parkplatz vor dem Herrenhaus. Der Museumsdirektor erwartete sie am Ende eines gepflasterten Wegs, der zu einem von Säulen getragenen Portikus führte. Zwanzig Meter entfernt wurden Menschen in einen weiteren Bus verfrachtet.
»Wo ist Cotton Malone?«, fragte Cassiopeia.
»Drinnen. Er hat mich aufgefordert, das Haus abzusperren und niemanden hineinzulassen.«
»Was ist passiert?«, fragte Davis.
Drinnen hörte man ein Brausen, gefolgt von einem hellen Lichtblitz, der in einigen der Fenster aufleuchtete.
»Was war denn das?«, fragte Cassiopeia.
»Wir hatten schon mehrere solche Explosionen«, antwortete der Direktor.
Sie eilte über den Weg auf das Haus zu.
»Er hat gesagt, dass keiner reingehen soll«, rief der Direktor ihr zu.
Sie griff nach ihrer Waffe. »Das gilt nicht für mich.«
Ein lauter Knall hallte von drinnen heraus.
Dieses Geräusch kannte
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