Die Wasserfälle von Slunj
keineswegs absichtsvoll, sondern im Drange der Affären, welche nicht erkennen ließen, ob und wann sie Donald treffen könne – dann klingelte unweigerlich im Verlag oder in Hietzing das Telephon, und er war da.
Wir sagen nicht, daß alles im rein Konventionellen blieb zwischen den beiden. In englischer Sprache ist ein Liebesgeflüster zudem besonders reizvoll. Französisch ist’s leicht zu picksüß, deutsch wird’s gefühlstief und italienisch gar oratorisch. Englisch aber löffelt sich der süße Brei recht artig („to spoon with somebody“). Nicht zu viel, nicht zu wenig. So löffelten sie denn. Es war ja übrigens – nach Donald’s Empfinden – kaum damit begonnen worden, kaum noch irgendwas vorgefallen. Man kann nicht so unbedingt sagen, daß unser Donald sich was eingebrockt hätte. Dennoch und wahrhaftig, er mußt’ es auslöffeln; sogar bis zum bittern Ende.
Schon damals steckte er in keiner guten Haut. Das Wetter war erst föhnig, wie oft im Frühling; und dann wurde alles bald allenthalben grün und jedermann stand im Grunde ein wenig fassungslos vor dem Umschwung der Jahre, seiner Jahre, der sich hier wieder einmal manifestiert hatte. Aber bei Donald datierte eine Art neuen, und nicht besseren Befindens, schon seit seinem Besuche in Broubek’s, des Hausmeisters, Keller-Reich unter der Villa in der Prinzenallee. Er wußte das, wie man solche Dinge eben weiß, nur aus dem Augenwinkel gesehen oder halb um die Ecke gefühlt. Er schlief nicht mehr durch bis zum Morgen. Er saß auf, machte Licht und träumte, im Bett sitzend, weiter: und wußte da, daß er aufstehen, zum Fenster gehen und hinunter schauen mußte auf das Stück Garten unten vor dem Fenster: damit würde er Haus und Garten vor Schaden bewahren. Aber er vermochte es nicht, sich dem Fenster zu nähern und hinaus und hinunter zu schauen, so sehr er’s wollte. In seinen Ohren war ein schwaches und hohles Sausen. Gerade das brachte ihn jetzt in Bewegung, mit einem Ruck saß er auf dem Bettrand und verstand nicht mehr, was er eben vorhin noch so dringlich gefühlt und gewollt hatte. Dadurch war er im Augenblicke erleichtert und glücklich und dachte an seinen Vater, der in seinem Zimmer schlief an der Galerie über der Halle, seinem eigenen Zimmer genau gegenüber. Das beruhigte ihn nun vollends.
Gleichsam um die Ecke schauend wußte er doch schon, wie es bei Monica sich verhielt. Wir möchten eigentlich sagen: er seinerseits hätte von sich selbst nur einen Deckel abzunehmen gehabt. Über den Inhalt des Gefäßes konnte kein Zweifel mehr bestehen. Aber Donald blieb selbst unter dem Deckel. Er saß ihr gegenüber, hielt die Pfeife in der Hand und lächelte. So meistens. Geschah mehr, so war’s ganz zwischendurch, ein wenig Löffeln. Mehr geschah nicht.
Der Teufel hole Frau Henriette, mit ihrer Meinung von Langsamkeit und Zurückhaltung als nationalen Eigenschaften (einfach das Gegenteil ihrer eigenen Eigenschaften!)! Nein, man möchte diesen langen Burschen zuweilen wirklich in den Hintern treten. Aber es würde ja nichts nützen. Also tritt man ihn nicht. Und so werden denn am Ende nur gutartige und harmlose Wesen vom Autor in den Hintern getreten, wie Finy und Feverl. Freilich mit Filzpatschen, mit Filzpatschen ! Mit Stiefeln net.
U m diese Zeit, als Wasmut, Hofmock und Augustus den Zdenko nach Schulschluß heim begleitet hatten und durch die Razumovskygasse in die breite Marxergasse hinab gegangen waren, stießen sie dort auf die beiden ,Engländer‘. Das ist dem Zdenko nicht vergönnt gewesen (dafür anderes).
Beide also kamen sie diesmal daher, nicht einer allein, wie sonst meistens. Das hatte seine Gründe. Die Sache mit Gollwitzer & Putnik in Belgrad war glücklich erledigt, die letzten Kisten hatte man heute mittags auf’s nahe Hauptzollamt zur Abfertigung gefahren, nicht ohne Assistenz Chwostik’s, der unbedingt bei diesem Expedit – welches die Speditions-Firma Schenker & Co. besorgte – hatte anwesend sein wollen. Robert und Donald waren bei bester Laune; und sie hatten beschlossen, sich heute einen freien Nachmittag zu machen.
Sogleich riefen sie Augustus in englischer Sprache lustig an, und so stand man denn am Trottoir beisammen, und Augustus machte den beiden Herren seine Schulfreunde bekannt – übrigens nicht ohne Zdenko von Chlamtatsch zu erwähnen, der nun schon nachhause gegangen sei. Die Engländer schüttelten den jungen Leuten die Hand, und gleich redete Robert den Augustus deutsch an: „Jetzt sag’
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