Die Wasserfälle von Slunj
ja auch immerhin etwas!). Henriette wußte schon, daß auch Monica zu Claytons kommen würde. Da standen sie nun unter dem alten Baum. Zwei Bänke gab es auch hier. Es blieb nun einmal eine beispiellose Kaltschnäuzigkeit, den Buben da so zu behandeln! Doch schien er keineswegs in Trauer oder Bedrücktheit zu sein. ,Macht einen ganz gesammelten Eindruck. Süß, diese knabenhafte Strenge in so einem hübschen Gesicht! Er sieht irgendwie entschlossen aus! Vielleicht ist diese blöde Kuh sozusagen an den Unrichtigen gekommen? Wenn ich mir das vorstell‘ .... In meinem Schlafzimmer!‘
Aber die Neugier plagte. Vielleicht auch wollte Monica durchaus sich ablenken, nach irgendetwas anderem greifen, um sich daran festzuhalten, urplötzlich in einen neuen Strudel geraten, wie sie jetzt war!
„Haben Sie nicht einen Klassenkameraden namens Frehlinger?“ fragte sie plötzlich. So ging die Kugel aus dem Lauf, für den Schützen selbst befremdlich, der auch nichts damit traf.
„Ja“, sagte er. „Sitzt vor mir in der Bank.“
„Verkehren Sie mit ihm?“
„Einmal war ich am Sonntag bei ihm.“
„Seine Mutter ist eine Jugendfreundin von mir. Kennen Sie die Eltern Frehlinger?“
„Ja, ich war zur Jause eingeladen.“
„Sie ist eine schöne Frau, was?!“ (,Das geht jetzt schon sehr weit‘, dachte Monica gleich nach ihren eigenen Worten).
„Ich erinnere mich nicht mehr so genau. Wir waren nur kurz am Kaffeetisch. Sie ist sehr groß, glaube ich, wie der Heinrich ja auch.“
,Bombensicher ist der!‘ dachte Monica. ,Und nie wäre jemals der geringste Verdacht entstanden! Eine Schneegans. Mit diesem Radinger muß sie anfangen! Aber ich sag’ ihr meine Meinung. Vielleicht könnte man die Sache mit dem Zdenko wieder zustande bringen?! Geradezu ideal! Für beide Teile!‘
Intervenieren möcht‘ halt jede und jeder gern. Aber nun kam man heran. Es war schon eine großartige, wenn auch etwas ausgefallene Idee (sie stammte von Robert!) hier im Grünen, nach dem Tee – französischen Champagner zu trinken. „Originell – fast möcht’ ich sagen: genial!“ äußerte Gollwitzer, als der Diener, ein Serviermädchen und Broubek mit den mächtigen Silbertabletten, auf welchen die Kelche standen, über den Rasen schritten.
Natürlich hörte man die Pipsis lachen, mit den Gymnasiasten Wasmut und Hofmock. Auch des Augustus etwas fettes Gelächter war zu vernehmen.
Dahinter stand eine zweite Gruppe von Erwachsenen (übrigens wurden bald Strecksessel von der Terrasse herabgebracht): die Ehepaare Bachler und Eptinger mit Donald, auch die Eltern Harbach ließen sich imposant dort nieder. Chwostik und Milo aber gingen zu Monica und Zdenko, als sich Robert Clayton mit Gollwitzer dort hin wandte.
Durch einen Augenblick nur öffnete sich ein Spalt in der Zeit, kam eine Stockung in ihren Fluß, wurde Platz für einen Auftritt: als Robert Monica ansah und ihr sein Glas entgegen hob. Was jetzt kommen mußte, war bereits geschehen. Sogleich deckte Gespräch die klaffende Stelle. Dazu muß es ja immer herhalten (und darum ist’s allermeist so wenig wert). Ein paar Fragen an Monica, auf ihre Tätigkeit in Wien bezüglich; und Donald habe erwähnt, daß sie lange in England gewesen sei? Die Fragen waren weniger lebhaft und geschickt, wie jene früheren Chwostik‘s. Aber das brauchten sie auch garnicht zu sein. Übrigens empfand Monica die Anwesenheit Chwostik’s deutlich als angenehm, ja, beruhigend und tröstend.
Ein Bruchstück oder Splitter, in eine Unterhaltung hineingeraten, kann dieser eine gänzlich andere Wendung geben, und ist selbst bei eben währendem Gespräche kaum mehr festzustellen und auszumachen. Noch weniger nachher, nach jener Wendung, wo man nicht einmal mehr weiß, wovon vorher die Rede war und wovon man ausgegangen ist. Als kleine niedrige Serviertischchen und die Gartensessel gebracht worden waren – es schienen die Bänke unter dem alten Baum doch etwas feucht – und man einen großen kupfernen Bowlenkübel voll Eis und Champagnerflaschen in den Schatten gestellt hatte (es war das alles schon sehr gemütlich, muß man sagen!, und allenthalben saßen die Gäste so im Garten und tranken!) wurde jedenfalls bereits vom Semmering gesprochen.
„Old Pēpi!“ rief Clayton, „Sie müssen uns wieder einmal auf die Rax führen. Wie lange ist das her . . . .“ Er brach ab. „Ja“, sagte Chwostik, und das Folgende ungeniert im Wiener Dialect (der übrigens bei Robert Clayton eine Art Mode geworden war, er
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