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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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gewöhnt.
    Z u Konstantinopel – dessen berühmte Einfahrt aber von den am Vorderschiff der ,Cobra‘ versammelten Passagieren bei sehr dunstigem Wetter erlebt worden war – hatte sich der Doctor Harbach unseren beiden Reisenden mit deren Einverständnis angeschlossen, vornehmlich deshalb, weil sie nach Budapest wollten: hier gab es ja die Russows, und für ihn also einen Anziehungspunkt. Während die beiden Herren ihren Geschäften nachgingen, bummelte er umher. Die Hauptsache war dann Bukarest. Dort gollwitzerten sie mehrere Tage; Doctor Harbach speiste in üppigen Restaurants, wo dem Gaste zur Genehmigung Fisch oder Fleisch erst in rohem Zustande vorgewiesen wurden, die er dann rückwärts auf dem Roste braten sah.
    Es ist kennzeichnend für die Lage, daß Chwostik – sozusagen mit einem gesenkten Seitenblicke auf Donald – nicht ungern den Arzt in ihrer Gesellschaft wußte, auch abgesehen davon, daß ihm manches Gespräch mit Doctor Harbach viel Neues brachte; und lernen wollt’ er ja immer, der Pēpi, das war der Grundbaß bei ihm: ein alter Appercipierer. Im übrigen wußte wohl auch der Arzt schon einiges über den jungen Engländer, wenn er auch, nach der Abfahrt von Beirut, nicht bemerkt hatte, wie jener das abgebrannte Streichholz statt der Shagpfeife zwischen die Lippen schob, bei scheuendem Blicke der alten Kruhlow.
    Belgrad, wo sie ihre Sachen mit dem Generalvertreter Ingenieur Wosniak abmachten, brachte einige Erleichterungen für Chwostik. Hier endlich konnte er sich aussprechen über alles, was Clayton bros. und damit auch ihn selbst betraf. Im kühlen Hinterzimmer von Milo’s Comptoir im Hotel an der Kralja Milana – wo selbstverständlich alle drei Herren wohnten – tranken sie einige Baracks, und es erscheint bemerkenswert, daß bei Chwostik hier doch die Diskretion durch die fremde Luft sich lockerte. So erfuhr denn Milo, wie die Sachen jetzt, und nach gefallenem Vorhange, wirklich standen.
    Sein Blickpunkt war gegeben: Vermeidung von Komplikationen für Pēpi, und dessen Vorteil überhaupt. So empfahl er zunächst strikte Nicht-Intervention – die sich ja eigentlich von selbst verstand – sagte aber darüber hinaus noch, daß ein Zustand wie der Donald’s unberechenbare Möglichkeiten und Gefahren berge; und Chwostik möge sich durch die oft glatte Oberfläche nie täuschen lassen. Durch diese sah er also offenbar hindurch, der Milo.
    Nach solchen mitgegebenen Lehren traf man etwa zehn Tage vor Pfingsten in Budapest ein, und wohnte im ,Britannia‘. Doctor Harbach besuchte gleich die Russows während Donald und Chwostik sich ,dans la même branche‘ betätigten, und dabei die Herren Putnik und Gergelffi kennen lernten, die ihnen bei der letzten Reise hier noch nicht untergekommen waren.
    Was nun diesen Gergelffi betrifft – wer war er selbst eigentlich, darf man hier schon fragen, und abgesehen von seiner lebhaften und genauen Anteilnahme an László’s Geschick? Nachdem er sich endlich gelöst hatte aus seinem langen Stillstand auf der Andrassy-ut vor dem Denkmal des unbekannten königlichen Notars und Chronisten, querte er die mächtig breite Fahrbahn, und trat dann auf der anderen Seite in ein großes Café, das fast so leer war wie die Straße, und offensichtlich bald schließen wollte. Aber er bekam noch seinen Schwarzen. Der Wein verflog. So hatte er’s wollen. Nun machte sich Tibor wieder auf den Weg in die Dörbentei-utca, wo er eine kleine aber elegante Wohnung besaß.
    Er war seinem Vater schon recht sehr ähnlich, muß man sagen, in der schmalen Figur, im Gang, im mageren, etwas engen und verstockten Gesicht. Sogar die Vorliebe für starke Parfums teilte er mit dem ,Schaffer‘ des alten Globusz, welche Vorliebe eigentlich für solch ein ökonomisches Organ als etwas ungewöhnlich erscheint. Aber Ungarn ist eben nicht Oberösterreich oder Niederbayern. Auch ein guter Reiter war Tibor, wie der Vater.
    Nach langen Jahren wieder einmal in Moson bei diesem zu Besuch, ward er diesmal von zwei biederen alten Weibern bedient und verwöhnt, die ihm vordem und als Jüngere kaum aufgefallen waren. Jetzt gefielen sie ihm sehr, ihrer Gutartigkeit und Arglosigkeit wegen; und er fragte den Alten, woher die eigentlich kämen.
    „Von der Straße“, sagte Vater Gergelffi, „waren Huren in Wien.“
    Viel später erst zeigte sich, daß diese bündige Auskunft in Tibor Gergelffi’s geistigem Haushalt eine Rolle zu spielen begonnen hatte: nämlich als ein Vehikel seiner Skepsis, die sich

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