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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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Es reichte nicht hinauf in die vereisende Region ihrer kalten Wut gegen jeden, gegen alle, gegen László, Gergelffi, den Diener Janos, die Köchin, das Stubenmädchen Marika. Gegen diese zusammengenommen führte sie ihren Schlag. Man hatte sie gehetzt, gedrängt, diesen Engländer ihr aufgezwungen und zuletzt sie im Stiche gelassen von allen Seiten. Nun sollte ihre Antwort erfolgen.
    Sie erhob sich, nahm Donald bei der Hand und sagte auf französisch: „Komm. Komm mit mir.“
    Margot führte ihn aus dem großen, an das Vorzimmer grenzenden Salon hinaus und tiefer in die Wohnung hinein, durch ein Speisezimmer, überall die hohen Türen hinter sich schließend, in einen kleineren Salon, und hier blieb sie vor weißlackierten Flügeln stehn, lächelte Donald sanftmütig an und sagte:
    „Ich werde dich rufen.“
    Sie küßte ihn rasch auf die Wange und verschwand.
    So deutlich mußte man ihm kommen.
    Jetzt endlich begriff er alles. Auch, daß er einst durch eine ganz ähnliche Türe hätte gehen müssen, statt dem Regen zu lauschen. Nun vermied er diesen Punkt nicht mehr. Doch dies blieb übrig. Er war am Ziele. Er fand sich dicht vor das Ziel versetzt, am Türpfosten lehnend, Unsagbares vor sich. Er hatte es, bei all’ seiner Zudringlichkeit, noch nicht einmal zu denken gewagt. Nun war es da.
    Sein langsames Herz meldete sich eilig. Die Erregung fraß ihn an mit einem befremdenden polstrigen Gefühl. Ihre Stimme erklang halblaut von drinnen, ohne daß er verstehen konnte, was sie rief. Donald griff nach der goldfarbenen ovalen Türschnalle und öffnete langsam, einen verdunkelten Raum erwartend, ein kleines gedämpftes Licht vielleicht.... Das Zimmer war grell erhellt. Ein Luster strahlte, ein Wandarm über einem Spiegel, eine starke Lampe neben dem gänzlich geschlossenen Doppelbett. Sie stand, nackt bis auf die langen Strümpfe, im allerhellsten Licht, mit dem Rücken zu ihm gekehrt, die ganze Mitte des Leibes ein einziges feuerrotes Mal, ein finsterer Glanz und darüber der schneeweiße Rücken. Donald, der eingetreten war, sank gegen die Türfüllung und blieb da angelehnt. Die Schritte hörte er erst im letzten Augenblicke, als László schon unter der offen gebliebenen Türe erschien. Es hätte, im Sinne Margot’s, garnicht besser gehen können. Das Erscheinen László’s war für sie die unvorhergesehene Krönung der Lage. Sie blieb stehen wie sie war und blickte über die linke ihrer weißen Schultern zurück. Donald wich und kam an Putnik vorbei, da dieser bereits tiefer in’s Zimmer getreten war, und ging vor sich hin, aber anders als er gekommen, bei einer anderen Türe hinaus, und gelangte in das Gartenzimmer, wo László zu schlafen pflegte. Hier blieb er stehen und sah durch die offene Doppeltür in den Garten. Putnik kam rasch. „Mr. Clayton!“ rief er scharf. Im nächsten Augenblick nahm er blitzschnell ein Gewehr von der Wand und richtete es aus nächster Nähe auf den Engländer. Donald schlug den Lauf beiseite, so daß die Waffe jetzt in den Garten gerichtet war. Darauf schien Putnik (sicher ist sicher) geradezu gewartet zu haben, denn jetzt erst drückte er mit einer gewissen Ostentation ab. Ein donnernder und hallender Schrotschuss löste sich, man konnte sehen, wie die Körner durch einen vorhängenden Baumwipfel rissen und dann rückwärts in die alte massige Mauer schlugen, die Staubwölkchen und Geriesel entließ. Putnik, der nicht geahnt hatte, daß dieses Gewehr durch seine eigene Nachlässigkeit von der letzten Entenjagd her noch geladen geblieben war, fiel durch den Schreck ganz und gar aus seiner Theatralik, die das Versagen der rächenden Waffe, nicht aber einen Schuss hätte vorführen sollen. „Verflucht!“ sagte er. „Jetzt wird der Hausmeister gerennt kommen. Sie sind mein Zeuge, Mr. Clayton, daß wir die Waffe nicht anders entladen konnten, weil der Patronenzieher versagt hat, ja?“ „All right“, sagte Donald, und daß er es englisch sagte, verwunderte ihn selbst. Schon schrillte die Klingel, allerdings hörte man sie nur gedämpft vom Eingang her durch die große Wohnung. László ging und führte bald Andre-bácsi herein, einen kleinen alten Mann mit zahllosen Fältchen im rasierten Gesicht, es sah aus wie ein vielfach gesprungenes Gefäß. Donald lächelte, das Gewehr jetzt in der Hand. „Es ging nicht anders,“ sagte er auf ungarisch, „mit einem Werkzeug darf man an einer Patrone nicht herumhantieren. Dem Garten hat’s ja nicht geschadet“. Damit griff er in

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