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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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Chwostik dabei an, daß er das blaue Mädchen dort links rückwärts hinter ihm jedenfalls noch einmal würde ansehen können beim Mitnehmen der leeren Aktentasche, die er auf jene Etagere gelegt hatte. Das hatte er gut gemacht. Er war sich selbst geradezu dankbar. Der Rechtsanwalt prüfte die englischen Facturen, die Begleitpapiere und Verzollungs-Dokumente.
    „Der Doctor Hemmeter von der Steuer-Administration“, sagte er dann, „will diese Beträge nicht in ihrer vollen Höhe als Investitionen anerkennen, das heißt sie dürfen nicht im vollen Ausmaße von der Bemessungsgrundlage in den ersten Jahren zur Abschreibung gelangen. Die Steueradministration steht darüber hinaus auf dem Standpunkte, daß hier nur eine Summe eingesetzt werden dürfe, welche den Anschaffungskosten der in Frage kommenden – nämlich der hier facturierten – Maschinensätze und Werkzeuge im Inlande entsprechen würde. Herr Robert Clayton tritt dem entgegen mit der einfachen Begründung, daß eine solche Bemessungsgrundlage der Wahrheit nicht entspräche. Ich würde gerne hierüber Ihre Ansicht hören, Herr Chwostik.“
    Dieser schwieg.
    Dann sagte er:
    „Natürlich hat Mr. Clayton recht. Aber das ist hier sozusagen nur eine zweite Sache, es ist nicht von entscheidender Bedeutung. Nach allem, wie ich höre, bleibt die Steueradministration in diesem Punkte fest. Soll sie fest bleiben, lassen wir ihr die Freud’. Aber ich bin überzeugt davon, daß man uns bei einigen viel wichtigeren Posten entgegen kommen wird, wenn wir eine inländische Taxierung oder Erstellung der Anschaffungskosten glatt hinnehmen. Ich hab’ mir das gerechnet.“
    Chwostik zog sein abgewetztes Portefeuille aus der Brusttasche und entnahm ihm ein kleines Blatt Papier.
    Diese Aufstellung war nun überzeugend. Der Doctor Eptinger betrachtete Chwostik erstaunt. Er hatte freilich die Sache auch schon durchgerechnet, und mit dem gleichen Ergebnis.
    „Wie bringt man das jetzt den Engländern bei?“ sagte er.
    „Wenn Sie gestatten, Herr Doctor, will ich’s halt noch einmal versuchen.“
    „Tun Sie das!“ rief Dr. Eptinger lebhaft. „Vielleicht haben Sie Glück.“
    Beide Männer waren sich keineswegs dessen bewußt, daß sie die Sache der Firma vollends zu ihrer eigenen machten. Das Selbstverständliche ist hautnah. Es schläft und dunstet sozusagen mit uns. In diesem Punkte ist unsere Darstellung hier schon die eines fast historischen Sachverhaltes.
    Chwostik erhob sich. Nun konnte er sich wenden, um nach seiner Aktentasche zu greifen. Schon sah er durch das dritte Fenster des Raumes, durch das blaue Fenster. Sie saß an einem weißlackierten Tischchen. Das bemerkte er jetzt erst. Die Fäden spannten sich zwischen ihm und dem Bilde. In diesem Augenblick ertönte ein tiefes Brummen vom Flusse her. Dr. Eptinger war an’s Fenster getreten.
    „Schaun Sie, Herr Chwostik, der neue Dampfer, die ,Leda‘!“ sagte er.
    Chwostik mußte sich jetzt neben ihn stellen.
    Das Schiff erschien als breit auf den Fluß gelagerter weißer Fleck unterhalb der hohen Eisenbahnbrücke. Während es durchfuhr, rollte ein Güterzug oben hinaus, pfiff, und verdickte dann den schmalen Strich, ihn zugleich mit weißer Watte waagrecht besäumend. Jetzt, im Näherkommen, streckte der Dampfer sich mehr und mehr aus, und zog schließlich schneeweiß und elegant vorüber (wie ein Schwan, könnte man ja wohl sagen, aber das gäbe, hinsichtlich Leda’s, einen nicht zu entwirrenden mythologischen Pallawatsch) und jetzt auf die Straßenbrücke zu. Schon war der hohe Rauchfang geknickt, nun waagrecht umgelegt. Man sah, daß sich Matrosen an Bord bewegten, und unter den Sonnensegeln standen und saßen viele Passagiere.
    Hier bei der Brücke, unter welcher ,Leda‘ jetzt so rasch durchglitt, daß ein ebenso schnell dicht gewordenes Häuflein von Obendrauf-Zuschauern gleich wieder zerlief, von hier an verließen die Häuser-Reihen den Fluß-Lauf bald ganz: besonders am linken Ufer schloß sich dicht und grün die Au mit ihren Bäumen, mit dem ineinander gewachsenen hohen Gebüsch, das den Blick nur da und dort in die weiten Wiesenpläne dahinter entließ. Der Dampfer zog mehr und mehr durch eine reine Landschaft, welche, von Bord aus gesehen, gleitend war, ihr Gewicht und ihre Schwere verloren hatte.
    Auf der Kommandobrücke stand der Kapitän, der alte Hanner. Dieser kannte die Donau genau, auch die schwierigen Stellen bei Persenbeug und im Strudengau. Hanner kannte übrigens auch seinen älteren

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