Die Wassermuehle
einer gründlich die Leviten liest, Klaus Winterfeldt.“
„Bei deinem Daddy hat es nicht geholfen, oder?“
„Bei meiner Mutter hätte es sich nicht gelohnt.“
„Ganz schön grausam.“
„Weißt du, wann sie sich zum ersten Mal gemeldet hat nach all den Jahren? Nachdem er gestorben war. Von irgendeiner Finca aus Mallorca. Sie wollte zur Beerdigung kommen. Ich habe ihr gesagt, dass ich sie mit einem Trauerkranz erschlage, wenn sie es wagt, den Friedhof zu betreten.“
„Und ausgerechnet du willst mir was von Dickschädel erzählen.“
„Ich habe beizeiten die Fronten geklärt und mich mit dem Ergebnis abgefunden. Das solltest du auch tun.“ Sie hielt vor einem Döner-Imbiss an. Klaus machte Anstalten, auszusteigen, doch sie winkte ab. „Lass mal. Ich lade dich ein.“
Er grinste. „Ich werde Hedi morgen sagen, dass ich mit einer charmanten Polizeiexpertin essen war.“
Dagmar wurde rot; Klaus lachte.
Die zweite Streife fuhren sie nach Mitternacht. Der Mond schien matt am diesigen Himmel, die Stadt war ruhig.
„Warum hast du unsere Ziviljacken mitgenommen?“, fragte Dagmar.
„Kleiner Einsatz im Hafenviertel“, sagte Klaus.
„Nicht ganz unser Dienstbezirk, oder?“
„Revierübergreifende Zusammenarbeit. Habe ich mit Reinhold vom Zweiten so abgesprochen. Am Main wird zuviel geklaut in letzter Zeit.“
„Wann?“, fragte Dagmar.
„Hauptsächlich zwischen eins und drei.“
„Wann du das mit Reinhold abgesprochen hast.“
„Gestern Abend nach dem Spätdienst. Bei einem gemütlichen Schoppen im Vincenzo, wenn du’s genau wissen willst.“
Dagmar wendete mit quietschenden Reifen und fuhr in Richtung Hafen.
„So ein Streifenwagen ist nicht unkaputtbar, Kollegin“, sagte Klaus lächelnd.
„Die Frühstreife kannst du fahren! Wenn du bis dahin noch wach bist.“
„Was bist du denn so stinkig?“
„Du hättest mich auch mal fragen können!“
„Das habe ich gerade, oder?“
„Du nimmst mich einfach nicht ernst!“
„Wir bewegen uns auf einer Straße mit zugelassener Höchstgeschwindigkeit von fünfzig km/h. Sei so nett und bremse, bevor du in den Kreisel da vorne abbiegst.“
„Du bist furchtbar!“
„Ich würde dich nicht mal gegen Hans-Jürgen eintauschen.“
„Ich bin gerührt, echt.“
„Obwohl er über eine Fertigkeit verfügt, die dir völlig abgeht. Die Sieben-Goldene-A-Methode: Alle anfallenden Arbeiten alsbald an andere abzuschieben.“
„Ekel.“
„Die zweite rechts, bitte.“
Reinhold erwartete sie schon. Er hatte ebenfalls eine Kollegin dabei. Sie stellte sich als Petra vor. Dagmar kannte sie vom Sehen; sie schätzte sie auf Mitte dreißig.
„Wir haben uns gedacht, wir lassen die Wagen hier stehen und machen eine kleine Fußstreife“, sagte Reinhold zu Dagmar. „Zwei Liebespärchen im Mondschein, sozusagen. Manchmal hat dein Kollege richtig gute Ideen.“
Petra deutete zum Himmel. „Liebespärchen ohne Mondschein, würde ich inzwischen sagen.“
Klaus lachte. „Dann sieht wenigstens keiner, dass wir in Räuberzivil herumlaufen.“ Er steckte das Funkgerät ein und nickte Petra zu. „Ihr in westlicher Richtung, wir in östlicher. Wenn was ist, funkt uns an.“
„Entschuldigung“, sagte Dagmar, als die beiden außer Hörweite waren. „Ich dachte, du nimmst mich nur als notwendiges Übel mit.“
„Du sollst nicht denken, du sollst deine Ohren aufsperren. Wir wollen den Klaubrüdern schließlich das Handwerk legen, oder?“
Leise schwappte das Wasser des Mains gegen die Uferwand aus Beton. Ab und zu fuhr ein Auto vorbei; irgendwo zirpten Grillen, ein Käuzchen schrie. Die Nacht blieb ruhig. Um kurz nach drei kehrten sie unverrichteter Dinge zu den Streifenwagen zurück.
„Die hatten wohl keine Lust heute“, sagte Petra.
„Wär auch ein bisschen viel Glück, wenn’s gleich beim ersten Mal geklappt hätte“, sagte Klaus.
„Machen wir weiter?“, fragte Reinhold.
Klaus sah Dagmar an. Sie nickte. „Klar. Nächster Nachtdienst, gleicher Ort, gleiche Zeit. Bis dann.“
Petra und Reinhold stiegen in ihren Wagen und fuhren davon. Dagmar tauschte ihre Ziviljacke mit dem Uniformblouson, Klaus gab Michael durch, dass sie wieder einsatzbereit waren. Dagmar fuhr ins Gewerbegebiet an der Strahlenberger Straße.
„Auch nicht ganz unser Dienstbezirk, was?“, sagte Klaus gähnend.
Dagmar zuckte die Schultern. „Immer nur die gleichen Straßen rauf und runter zu fahren, ist ja langweilig.“ Sie bestreifte mehrere Firmen, kehrte ins Revier
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