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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
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Superman geküsst. Daddy warf ihn raus, weil er meiner nicht würdig war. Eifersüchtige Väter sind drollig.“ Sie biss in ihr Brötchen. „Ich bin trotzdem beim fliegenden Personal hängengeblieben. Sven ist Flugbegleiter. Ich musste dreimal nach Mallorca reisen, um ihn rumzukriegen.“
    „Mallorca, soso. Hast du dort zufällig nach einer bestimmten Finca gesucht?“
    „Das geht dich nichts an.“
    „Aha. Du hast.“
    Dagmar warf das Brötchen auf den Teller. „Ich wollte endlich wissen, warum sie Vater und mir das angetan hat! Ob es sich wenigstens gelohnt hat!“
    „Entschuldige“, sagte Klaus betreten.
    „Ich habe sie gehasst dafür.“
    „Hast du sie gefunden?“
    „Wir passten nicht in ihre vollkommene Welt. Wir waren zu unbedeutend für ihre formidable Lebensplanung.“
    Klaus schwieg.
    „Ich nahm einen Job an. Als Bedienung in der drittklassigen Pinte, in der sie sich mit ihren Freunden traf: zugekiffte Aussteiger, verquere Weltverbesserer und selbstverwirklichte Möchtegernphilosophen, allesamt beseelt von hehren Idealen und aufrichtiger Verachtung für uns Spießbürger, die wir unser armseliges Dasein mit stumpfsinniger Arbeit verplempern, weil wir konsumverderbt, kleinkariert und oberflächlich sind.“
    „Hast du mit ihr gesprochen?“
    „Wozu?“
    „Aber vielleicht ...“
    „Ihre geheiligte Freiheit bestand darin, sich von dickwanstigen geilen Touristen aushalten zu lassen.“
    „Es tut mir leid.“
    „Es ist vorbei.“ Dagmar stand auf und stellte Teller und Tassen zusammen.
    Klaus erhob sich ebenfalls. Sein Kopf dröhnte. „Lass mal. Ich mach das schon.“
    Sie nickte. „Den Spätdienst habe ich heute frei. Wir sehen uns morgen zum Frühdienst, ja?“
    „Zum Nachtdienst“, sagte Klaus. Vormittags habe ich ein paar Termine in Frankfurt.“ Er begleitete sie in den Flur. „Hast du übermorgen Abend Zeit? Ich lade dich und deinen Flugbegleiter zum Essen ein.“
    „Sven ist noch mindestens eine Woche lang unterwegs.“
    „Dann verschieben wir es, bis er wieder da ist.“
    „Versprichst du mir etwas, Klaus?“
    „Ich bin zu allen Schandtaten bereit.“
    „Bitte hör auf zu trinken.“
    „Herrje! Es war ein Versehen! Wie hätte ich denn ahnen sollen, dass die elenden Tabletten so reinhauen?“
    Sie sah an ihm vorbei ins Leere. „Er ist nie wirklich darüber hinweggekommen, dass sie ihn verließ. Und ich musste all die Jahre mitansehen, wie er sich langsam, aber sicher ins Grab soff.“
    Bevor Klaus etwas erwidern konnte, war sie gegangen.

K APITEL 34
    P feifend schob Hedi den gefüllten Römertopf zurück in den Backofen. Sie schälte Kartoffeln und warf sie schwungvoll ins Wasser. Dann schaute sie in den Mülleimer. Seit zwei Tagen roch es seltsam in der Küche. Der Eimer war leer. Sie nahm eine Schüssel und ging nach draußen. Am Himmel war nicht eine Wolke zu sehen; die Wäsche flatterte im Wind, in der Ferne bellte ein Hund. Vom Hühnergehege drang Gackern über den Hof.
    Kurz nachdem der Stubbe-Schorsch gegangen war, hatte Anette angerufen und versprochen, am Abend Christoph-Sebastian abzuholen. Eine Stunde später meldete sich Wolfgang aus New York und wünschte ihr einen schönen Tag. Den würde sie haben. Allein schon deshalb, weil sie ständig an Viviennes verkniffenes Gesicht denken musste, mit dem sie den Telefonhörer weitergereicht hatte.
    Hedi schnitt die Reste der ehemals üppigen Petersilienpflanzung ab und klaubte eine halbe Schüssel voll Salatblätter von den Beeten. Obwohl sie sich redliche Mühe gegeben hatte, den Garten nach dem Hühnerangriff wiederherzustellen, sah er trostlos aus.
    Als sie zurück ins Haus kam, hörte sie Vivienne im Wohnzimmer schimpfen. „Du Scheusal! Was hast du mit meinen Kontaktlinsen angestellt?“
    Hedi brachte den Salat in die Küche und setzte die Kartoffeln auf.
    „Du rührst dich nicht eher vom Fleck, bis ich sie gefunden habe!“, rief Vivienne nebenan.
    Hedi ging hinüber. Vivienne kroch mit hochrotem Kopf über den Teppich; Christoph-Sebastian saß auf dem Sofa und lächelte wie ein Blattgoldengel. „Ich hab überhaupt gar nix gemacht, Tante Hedwig. Ehrlich.“
    „Soll ich suchen helfen?“, fragte Hedi.
    „Wo hast du das verflixte Döschen ausgeleert, du Satansbraten?“
    „Aber da war doch nur Wasser drin, Tante Vivienne.“
    „Was kaut Tim da?“, fragte Hedi.
    Vivienne hielt inne und starrte den dicken rotweißen Kater an, der in der Tür zum Flur saß und sich die Schnurrbarthaare leckte. Christoph-Sebastian

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