Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
Vom Netzwerk:
Energien der universellen Sensibilität zu erfassen“, bemerkte Vivienne. „Wenden wir uns um, so entdecken wir das finstere Schauspiel der bläulichen Nacht, in der gespenstische Pflanzen dem triumphalen Blühen der Apotheose folgen.“
    „Seerosen in der Abenddämmerung“ , sagte Reiner.
    „Noch Kaffee?“, fragte Hedi.
    „Ich habe nichts anderes getan, als zu beobachten, was das Universum mir gezeigt hat, um mit meinem Pinsel Zeugnis davon abzulegen. Ist das denn nichts?“, sagte Vivienne.
    Reiner grinste. „Ihr Irrtum ist, dass Sie die Welt auf Ihr Maß reduzieren wollen, während Sie feststellen würden, dass sich Ihr Wissen von selbst vergrößern würde, wenn Sie Ihr Wissen um die Dinge vermehrten.“
    Vivienne breitete die Arme aus. „Gehen wir also beide Hand in Hand und helfen uns gegenseitig, immer besser zu beobachten.“
    Hedi stand auf. „Ich prophezeie Ihnen, Herr Kunze: Ihr Handkäs wird schlecht werden.“
    Reiner machte ein zerknirschtes Gesicht. „Sollte es uns etwa nicht gelungen sein, Sie mit einer kleinen Auswahl an Monet-Zitaten gebührend zu beeindrucken, Madame?“
    Vivienne lachte. „An Hedi werden Sie sich die Zähne ausbeißen. Letztens war ich mit ihr in einer Ausstellung bildender Künstler im Heidelberger Schloss. Sie hat es fertiggebracht, den Leuten zwei leere Coladosen als Spontankunst eines vielversprechenden jungen Talents unterzujubeln.“
    „Solange mir niemand schlüssig erklären kann, warum ein Haufen bunter Stoffschnipsel zum Kunstwerk wird, wenn man ihn statt in den Müll in einen Kaminschacht wirft, habe ich ein Problem mit moderner Kunst.“
    „Was heute verschmäht wird, ist oft morgen schon Kulturgut“, sagte Reiner. „Monet, aber auch die Fauves sind Beispiele dafür.“
    „Was ich in Heidelberg gesehen habe, hat meiner Meinung nach mit Kunst so viel zu tun wie der Inhalt meines Putzeimers mit dem Indischen Ozean.“
    „Und doch fließt beides irgendwann zusammen“, sagte Reiner lächelnd.
    „In diesem Leben nicht mehr. Noch Kaffee?“

K APITEL 39
    A m nächsten Morgen fuhr Anette Winterfeldt mit einem Kombi an der Mühle vor. Sie hielt direkt vor der Haustür, warf mit einem Knall die Autotür zu, zupfte ihren Minirock und die darüberwallende Bluse in Form und betätigte energisch die Klingel. Hedi öffnete.
    „Guten Morgen, Schwägerin. Du kannst gern im Flur parken. Neben der Garderobe ist noch Platz.“
    „Ich will sofort Frau Belrot sprechen!“
    „Seit wann fährst du denn eine Familienkutsche?“
    „Wo die Belrot ist, will ich wissen!“
    „Und warum?“
    „Das sage ich ihr selbst.“
    „Vivienne! Besuch für dich“, rief Hedi die Treppe hinauf. Sie gingen ins Wohnzimmer. „Setz dich. Möchtest du einen Kaffee?“
    Anette blieb stehen. „Ich finde es eine Unverschämtheit, dass dein Mann unter den Augen meines Sohnes nackt in den Mühlteich springt, Hedwig!“
    „Dein kleiner Liebling leidet an übersteigerter Fantasie.“
    „Es fragt sich, wer hier an übersteigerter Fantasie leidet.“
    „Es zwingt dich niemand, deinen Wonneproppen unserem verderbten Einfluss auszusetzen, oder? Sag mal: Hast du zugenommen, oder bist du etwa schwanger?“
    „Wenn die Belrot nicht augenblicklich auf der Bildfläche erscheint, werfe ich den Kram in den Hof!“
    „Könntest du mir bitte endlich erklären, was ...“
    „Frau Winterfeldt! Schön Sie zu sehen“, sagte Vivienne von der Tür her. Ihr Lächeln wirkte gezwungen.
    Anette sah sie wütend an. „Ich mag es nicht, wenn man mich für dumm verkauft, Frau Belrot!“
    Vivienne kam herein und streckte ihr die Hand hin. „Aber verehrteste Frau Winterfeldt! Ich kann Ihnen versichern ...“
    Anette verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Ich verlange auf der Stelle mein Geld zurück!“
    „Was, zum Teufel, ist in dich gefahren?“, fragte Hedi.
    Anettes Augen blitzten. „Du teilst dein Haus mit einer miesen kleinen Hochstaplerin.“
    Vivienne wurde kreidebleich. „Ich möchte Ihnen nahelegen, zu überdenken, was Sie hier vor Zeugen von sich geben, Frau Winterfeldt.“
    „Meine Informationen stammen aus erster Hand. Schließlich haben wir einen Detektiv in der Familie, nicht wahr, Hedwig?“
    „Du willst doch nicht andeuten, dass Klaus ...?“
    „Dein Noch-Ehemann war so nett, ja. Auf Bernds Bitten hat er diverse Erkundigungen eingezogen.“ Sie sah Vivienne an. „Das Ergebnis ist wenig schmeichelhaft für Sie.“
    „Das sind infame Lügen!“
    „Ich habe Ihre angebliche Kunst einem

Weitere Kostenlose Bücher