Die Wassermuehle
auch über den Sturmschaden an der Eichmühle, und Ihr Mann sagte, dass er die Kosten für die Dachreparatur übernehmen wird.“ Er sah Vivienne an. „Aber das ist ja, wie ich hörte, gar nicht nötig.“
Hedi wusste nicht, was sie sagen sollte, und starrte in ihre Suppe.
„Sind Sie verheiratet?“, fragte Vivienne.
„Geschieden. Warum?“
Sie lächelte kokett. „Weibliche Neugier, Herr Mehret. Oder darf ich Matthias sagen?“
Er tunkte sein Brot in den Teller. „Klar, Vivienne.“
Vivienne errötete. „Woher kennen Sie meinen Vornamen?“
„Woher kennen Sie meinen?“
„Interessieren Sie sich für Malerei?“
„Solange sie sich auf Zimmerdecken und Häuserwände beschränkt.“
„Ich male in Öl.“
„Das fülle ich in Motoren ein.“
Vivienne zwinkerte ihm zu. „Habe ich es doch geahnt, dass wir Gemeinsamkeiten haben!“
Matthias Mehret betrachtete ihr weißes Leinenkleid. „Ich glaube nicht, dass Sie das nach einem Besuch meiner Werkstatt immer noch behaupten würden.“
Vivienne lachte. „Die Besucher meiner Werkstatt waren bislang allesamt begeistert, lieber Matthias. Nicht wahr, Hedi?“ Vivienne stieß sie in die Seite. „Schläfst du?“
Hedi stand auf. „Ihr entschuldigt mich? Ich muss telefonieren.“
Vivienne ging ihr nach. „Ich wollte es dir vorhin schon sagen: Im Flur liegt ein unerfreulicher Brief.“
„Der kann mir heute die gute Laune auch nicht verderben.“
Vivienne zuckte mit den Schultern. Als sie zum Tisch zurückkam, war Matthias Mehret verschwunden.
Hedi spürte ihr Herz klopfen, als sie Klaus’ Nummer wählte. Der Ruf ging durch, aber es nahm niemand ab. Gerade wollte sie auflegen, als sich eine weibliche Stimme meldete. „Hier Winterfeldt! Ja, bitte?“
Sie legte auf. Den Brief fand sie auf dem Schuhschrank neben der Kellertür. Er kam von einer Anwaltssozietät aus Kronberg und enthielt einen Mahnbescheid über dreißigtausend Euro.
K APITEL 46
E in italienisches Volkslied summend, saugte Favitta Brancatelli den winterfeldtschen Wohnzimmerteppich. Klaus saß auf der Couch und las Zeitung. Das Telefon klingelte.
„Telefono! Soll ich Ihnen abnehmen?“, fragte Favitta. Klaus nickte. „Wenn’s meine Mutter ist: Ich bin nicht da.“
Favitta Brancatelli stellte den Staubsauger aus. „Und wenn Frau ist?“
„Bin ich auch nicht da.“
„Das nix gutt.“
„Na?“, meinte Klaus, als sie aufgelegt hatte. Sie zuckte mit den Schultern.
„Auch gut.“
„Nix gutt! Müssen reden mit Frau!“
„Dieses ständige Gerede bringt gar nichts. Ich werde sie durch Sachbeweise überzeugen.“
„Was ist Sachbeweise?“
„Wegweiser zur Wahrheit.“
Favitta stellte den Staubsauger wieder an. „Sie können Füße hochheben, per favore?“ Grinsend legte Klaus seine Beine auf den Tisch.
„Das nix gutt!“, tadelte Favitta Brancatelli.
„Sie sind eine Perle, Favitta.“
„Perle?“
Klaus schlug die Zeitung zu und stand auf. „Meine Kollegen wundern sich, warum ich plötzlich so gut bügeln kann. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich sie in ihrem Glauben lasse.“
„Nix dagegen. Können wieder setzen.“
Klaus zeigte auf das zusammengeklappte Bügelbrett, das neben der Tür an der Wand lehnte. „Bei Gelegenheit könnten Sie’s mir vielleicht trotzdem mal beibringen.“
Sie lächelte. „Schokolada und Vino bianco hat serr gutt gewesen.“
„Die hatten Sie sich redlich verdient.“
Favitta Brancatelli räumte den Staubsauger und das Bügelbrett weg. „Müssen heute nix arbeite?“
Klaus schüttelte den Kopf. „Erst wieder am Samstag.“
„Haben Ferien?“
„So ähnlich, ja.“
Zehn Minuten nachdem Favitta gegangen war, verließ er das Haus und fuhr in den Odenwald.
* * *
Hedi zerriss den Brief samt Mahnbescheid und warf ihn in den Müll. Ihre Fantasie produzierte Gesichter schöner Frauen, die immer wieder vier Worte sagten. Hier Winterfeldt! Ja, bitte? War diese Person mit ihrer melodischen Stimme etwa der wahre Grund für Klaus’ schroffes Verhalten? Und seine überraschende Bereitschaft, die Dachdeckerkosten zu übernehmen, ein Zeichen, dass er keinen Wert mehr auf ihre Rückkehr legte? Weil er sich längst anderweitig getröstet hatte? Sie kämpfte mit den Tränen. Sollte er doch bleiben, wo der Pfeffer wächst!
Wütend sah sie die restliche Post durch. Von Wolfgang war wieder nichts dabei. Sie schluckte ihre Enttäuschung hinunter und ging in den Hof zurück.
Matthias Mehret verabschiedete sich gerade von
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