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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
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gezwängt. Die Scheiben waren von innen angelaufen. Hedi bekam Angst. Mit zitternden Händen öffnete sie die Fahrertür; Alkoholdunst schlug ihr entgegen.
    Klaus saß vornübergebeugt, den Kopf auf dem Lenkrad, das Gesicht abgewandt. Seine linke Hand hing leblos herab. Auf dem Beifahrersitz lag ein Strauß Nelken.
    Hedi nahm seine Hand; sie war eiskalt. Sie sprach ihn an, aber er rührte sich nicht. Verzweifelt rüttelte sie ihn an der Schulter. „Bitte, Klaus. Sag was!“
    Stöhnend richtete er sich auf. Sein Gesicht war blass, das Haar hing ihm in die Stirn. Es dauerte einen Moment, bis er sie erkannte. „Oh, Hedi? Schön, dass du mich besuchst.“
    „Liebe Zeit! Was tust du denn hier?“
    „Hab mir gedacht ... Ist ein bisschen leer da oben bei uns.“
    „Ich habe dich überall gesucht! Sogar deine Kollegin habe ich aus dem Bett geworfen!“
    Er lächelte. „Dagmar? Sie hat mir das Leben gerettet, weißt du. Ich hätte die dumme Weste nämlich gar nicht angezogen. Hat dem Kerl doch glatt die Reifen platt geschossen. Im Lilipark ham sie ihn erwischt. Obwohl ... Das ist dir wurscht, stimmt’s?“
    „Was redest du für einen Blödsinn!“
    „Kein Blödsinn. Warum bist du nicht in München?“
    „Bitte, Klaus ... Steig aus und komm mit.“
    Er lehnte sich zurück, und Hedi sah den Gips an seinem Arm. Mit der linken Hand deutete er zum Beifahrersitz. „Die wollt ich dir vorhin bringen. Warst aber nicht da. Irgendwie hab ich Pech mit dem Grünzeug.“
    Sie strich ihm durchs Haar. „Das ist doch kein Grund, sich zu betrinken, oder?“
    Er lachte. „Unsre Wohnung ist zu groß. Sascha zieht nämlich auch aus. Hat er mir gestern gesagt.“
    „Bitte, lass uns drin darüber reden.“
    Er nickte, und Hedi half ihm beim Aussteigen. Sie verschloss das Auto und steckte den Schlüssel ein. Klaus hielt sich die linke Seite. Sie sah ihn besorgt an. „Hast du starke Schmerzen?“
    „Geht schon.“
    Er hatte Mühe, die Balance zu halten. Vorsichtig hakte sie ihn unter. Der Weg bis zum Haus kam ihr endlos vor, und sie atmete auf, als sie durch die Einfahrt gingen. An der Haustür blieb sie stehen und suchte nach ihrem Schlüsselbund; Klaus spielte mit ihrem Haar. „Neue Frisur?“
    „Ja.“
    „Steht dir gut.“
    Endlich hatte Hedi den richtigen Schlüssel parat. Mit der einen Hand stützte sie Klaus, mit der anderen stieß sie die Tür auf.
    „Du siehst wunderschön aus.“
    „Und du gehörst dringend ins Bett.“ Hedi drückte auf den Lichtschalter; es blieb dunkel. „Mist, verdammter!“
    Er streichelte ihre Wange. „Bist du glücklich mit ihm?“
    „Klaus, bitte! Hier ist nicht der richtige Ort zum Diskutieren.“
    „Sag’s mir.“
    „Wir reden, wenn du wieder nüchtern bist.“ Sie griff ihm unter die Schultern, und langsam gingen sie nach oben. Im zweiten Stock klammerte er sich mit der gesunden Hand ans Treppengeländer. „Ich glaube, mir wird schwindlig.“
    Hedi konnte sein Gesicht nicht sehen, aber sie hörte seiner Stimme an, dass er Schmerzen hatte. „Du wirst doch nicht ausgerechnet vor Rosa Eckligs Wohnungstür schlappmachen wollen? Komm. Noch ein kleines bisschen, und wir haben’s geschafft, ja?“
    Er murmelte etwas Unverständliches und ließ das Geländer los. Hedi merkte, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, und sie zitterte vor Anstrengung, als sie ihn endlich ins Schlafzimmer gebracht hatte. Mit einem Stöhnen sank er aufs Bett.
    Hedi wischte sich den Schweiß von der Stirn und knipste das Licht an. Als sie seine rechte Hand sah, erschrak sie. Die Finger waren geschwollen und blau.
    „Um Himmels willen, Klaus! Was hast du gemacht?“
    Er atmete schwer; sein Gesicht war kalkweiß. „Hat ein bisschen gestört beim Schalten.“
    Hedi lief aus dem Zimmer und kam mit dem Verbandskasten, zwei Pappdeckeln, Messer und Schere zurück. Klaus rappelte sich hoch. „Ich wollte dir sagen, dass ich in die Mühle ziehe. Wenn du überhaupt noch Wert drauf legst.“
    Sie setzte sich neben ihn und nahm vorsichtig seinen verletzten Arm. „Das ist jetzt nicht wichtig.“
    „Doch. Ich ...“
    „Der Gips muss ab! Halt still, bitte. Haben sie dir etwas gegen die Schmerzen mitgegeben?“
    Er schüttelte den Kopf. Hedi schnitt den Gipsverband auf. „Was glaubst du wohl, warum dir der Arzt das Ding angelegt hat? Bestimmt nicht, damit du anschließend eine Rallye in den Odenwald fährst!“
    „Ich wollte ...“
    „Wie kannst du nur so unvernünftig sein!“ Sie knickte die Pappe zurecht

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