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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
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sah so leer aus.“
    „Wer hat das Foto gemacht?“, wollte Vivienne wissen.
    „Mein Mann. Kurz bevor er starb.“ Elisabeth ging in die Küche und holte den Eintopf.
    „War Ihr Mann Fotograf?“, fragte Vivienne, als sie zurückkam.
    „Nein, Landwirt. Im Nebenberuf.“
    „Und im Hauptberuf?“
    „Müllmann.“
    „Oh.“
    „Eine unverzichtbare Tätigkeit, nicht wahr?“, sagte Elisabeth lächelnd und schöpfte den Eintopf in die Teller.
    „Das Bild von Juliette ist wunderschön“, sagte Hedi.
    „Juliette selber war auch wunderschön.“
    „Sie haben sie wohl sehr gemocht?“, fragte Vivienne.
    „Ja.“ Elisabeth sah Hedi an. „Dass sie so gestorben ist, war gut. Sie hätte es nicht ertragen, fort zu müssen.“
    „Musste sie das denn?“, fragte Vivienne. „Ich dachte, sie sei für ihr Alter noch recht rüstig gewesen.“
    „Mit fast siebenundachtzig Jahren kann man kein Mühlhaus mehr allein bewirtschaften. Auch wenn Juliette sich das niemals eingestanden hätte.“
    „Warum haben Sie ihr keinen Pflegedienst organisiert? Geld genug hatte sie doch.“
    „Erstens wusste ich das nicht, und zweitens müssen Sie erst einmal jemanden finden, der täglich hier herauskommt. Und was die offizielle Seite angeht: Die Stelle der Gemeindeschwester ist seit über einem Jahr unbesetzt.“
    Vivienne warf Hedi einen triumphierenden Blick zu; sie sah verlegen zur Seite und probierte den Eintopf. Er schmeckte köstlich. Vivienne erkundigte sich nach dem rot gestrichenen Fachwerkhaus.
    „Der alte Meierhof stand jahrelang leer, war völlig heruntergekommen und einsturzgefährdet“, sagte Elisabeth. „Aber die neuen Besitzer aus Frankfurt scheuten keine Kosten und Mühen, um alles originalgetreu wiederherzustellen.“
    „Die kommen aus Frankfurt?“, horchte Vivienne auf.
    „Sie ist Innenarchitektin, er Anwalt. Vor der Neuausfachung haben sie sogar eine Partikeluntersuchung über die original verwendeten Farben anfertigen lassen.“
    „Soll das heißen, das Haus war früher tatsächlich so bunt?“, fragte Hedi ungläubig.
    Elisabeth nickte. „Zwar waren Scheunen oder einfache Wohnhäuser, also solche wie das hier, selten farbig gefasst, generell aber wurden Fachwerke viel häufiger rot, grau oder ocker bemalt, als das heute vermutet wird. Die farbigen Begleitstriche am Meierhof finde ich besonders gelungen. Sie heben die Trennung zwischen Gerüst und Ausfachung auf und lassen das Fachwerk leben.“ Sie sah Vivienne an. „Werden Sie die Eichmühle kaufen, Frau Belrot?“
    Hedi schüttelte den Kopf. „Aber nein! Sie wollte bloß ...“
    „Vielleicht“, sagte Vivienne lächelnd.
    Nach dem Essen holten sie den Wagen in Matthias Mehrets Werkstatt ab; der Motor lief wie geschmiert, und ein neuer Auspuff war auch montiert.
    „Ein gutaussehender Mann, dieser Mehret“, sagte Vivienne, als sie aus dem Dorf hinausfuhren.
    „Wie hast du das mit der Mühle vorhin gemeint?“, fragte Hedi.
    „Was glaubst du denn, wie ich es gemeint habe?“
    „Du willst sie wirklich kaufen?“
    Vivienne lächelte. „Ich hatte mir das Kuhkaff schlimmer vorgestellt. Und was Elisabeth Stöcker angeht: Für eine doofe Bäuerin redet sie mir ein bisschen zu klug.“
    „Na ja, sie ist ja auch ...“
    „Egal, was sie ist. Sie hat Geschmack. Zumindest, was alte Möbel und alte Häuser angeht.“

K APITEL 18
    A m zweiten Sonntag im Mai setzten Sascha, Dominique und Klaus alles daran, Hedi das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Der Duft knusprig aufgebackener Brötchen durchzog die Wohnung, im Flur standen keine Schuhe herum und aus Dominiques Zimmer drang kein Laut.
    In der Küche lief der Kaffee durch. Nirgends waren Pizzaverpackungen oder aufgerissene Chipstüten zu sehen. Auf dem sorgfältig gedeckten Tisch stand eine Vase mit Tulpen. Neben Hedis Teller lag eine in rotes Geschenkpapier eingewickelte Schachtel, vermutlich eine Pralinenmischung. Pünktlich um acht erschien die ganze Familie zum Frühstück.
    „Alles Liebe zum Muttertag“, sagte Klaus und küsste sie. Er gab ihr eine in blaues Geschenkpapier eingewickelte Schachtel, vermutlich eine Pralinenmischung.
    „Von uns auch alles Gute“, sagten Sascha und Dominique.
    „Danke“, sagte Hedi gerührt. Sascha goss ihr Kaffee ein. Dominique reichte ihr den Korb mit den Brötchen; Klaus servierte weichgekochte Eier.
    Nach dem Essen stellten die Kinder das Geschirr zusammen. Klaus stand auf, um es in die Küche zu bringen.
    „Ich werde die Mühle behalten“, sagte

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