Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
Vom Netzwerk:
können!“
    „Scheune und Stall werden zu einem Atelier umgebaut“, fuhr Hedi unbeeindruckt fort. „Im ehemaligen Schweinekoben richte ich mir eine Töpferwerkstatt ein.“
    „Dann kannst du ja richtig schön rumferkeln“, bemerkte Dominique spitz.
    „Die Mühle ist so groß, dass wir alle Platz darin haben werden.“
    „Mit dieser durchgeknallten Person ziehe ich nicht unter ein Dach!“, sagte Klaus.
    „Du kennst sie doch überhaupt nicht richtig!“
    „Was ich gesehen habe, reicht mir.“
    „Klaus, bitte ...“
    „Nein.“
    „Vivienne wird ja gar nicht in der Mühle wohnen, sondern über dem Atelier im Stall. Wenn alles fertig ist, natürlich.“
    Klaus nahm die Teller und stand auf. „Ich sagte: Nein. Das ist mein letztes Wort in dieser verdammten Angelegenheit!“
    „Meins auch“, sagte Sascha.
    „Und meins erst recht“, knurrte Dominique.
    Wenn Vivienne nicht gewesen wäre, hätte Hedi nach einigen Tagen die Flinte ins Korn geworfen.
    „Sobald sie erst gemerkt haben, dass dir die Sache ernst ist, geben sie schon nach“, versuchte sie, Hedi aufzumuntern.
    „Hast du eine Ahnung! Die sind stur wie die Maulesel.“
    „Spätestens, wenn die Wohnung ohne dich im Chaos versinkt, kommen sie angekrochen. Wart’s ab.“
    „Das Chaos, das meine Familie aus einer Wohnung vertreibt, muss erst noch erfunden werden.“
    „Sie glauben, dass sie nur lange genug Nein sagen müssen, um ihren Willen durchzusetzen.“
    „Das glauben sie nicht, das wissen sie.“
    „Ein Grund mehr, dir nicht länger von einem bequemen Ehemann und zwei ebensolchen Kindern auf der Nase herumtanzen zu lassen.“
    „Aber ...“
    „Wenn du in die Mühle ziehen willst, tu es. Alles andere ergibt sich von selbst.“
    „Es fragt sich nur, ob ich das dann will, was sich ergibt.“
    „Wenn du selbst nicht einmal weißt, was gut für dich ist, kann ich dir auch nicht helfen, Hedwig Winterfeldt.“
    Je näher der Juni rückte, desto schlechter fühlte Hedi sich. Nachts konnte sie nicht schlafen, tagsüber war sie müde und gereizt. Gespräche zwischen ihr und Klaus endeten regelmäßig im Streit, Dominique reagierte auf Erklärungsversuche mit pampigen Sprüchen und Sascha mit trotzigem Schweigen.
    Der Abschied im Krankenhaus war schwerer, als sie gedacht hatte. Von ihren Patienten bekam sie Schokolade und Pralinen und von ihren Kolleginnen einen roten Wetterhahn.
    „Für dein neues Heim. Damit du immer weißt, in welcher Himmelsrichtung das Stadtkrankenhaus Offenbach liegt.“ Selbst Belinda fiel ihr um den Hals, und Hedi hatte alle Mühe, die Tränen zurückzuhalten.
    Der Nachfolger von Dr. Bechstein schenkte ihr einen Strauß Freesien. „Ich lasse Sie ungern gehen, Frau Winterfeldt. In den wenigen Monaten, die ich hier bin, habe ich Sie nicht nur als fachlich qualifizierte und engagierte, sondern auch als einfühlsame und verständnisvolle Mitarbeiterin schätzengelernt. Und davon gibt es leider nicht allzuviele. Ich habe gehört, Sie wollen als Gemeindeschwester arbeiten?“
    „Ich habe im Odenwald ein Haus geerbt, und zufällig war in der Nähe eine Stelle frei.“
    „Das freut mich für Sie.“ Er gab ihr die Hand. „Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute.“
    „Danke.“ Hedi war froh, dass er keine großen Worte machte. Auf dem Nachhauseweg stand sie lange vor der Lächelnden Frau. Sie würde ihr fehlen, genauso wie das Pfauenhaus und all die anderen kleinen Dinge in dieser Stadt, die ihr so selbstverständlich geworden waren, dass sie keinen Gedanken daran verschwendet hatte, dass sie sie jemals vermissen könnte.
    * * *
    Vivienne bestand darauf, ihre Bilder selbst zur Mühle zu transportieren. Ein Auto besaß sie nicht, angeblich brauchte sie keins. Am Vormittag des dritten Juni kaufte Hedi auf dem Automarkt für fünfhundert Euro einen alten VW-Bus. Sie hoffte, dass er bis zum September halten würde.
    „Wieviel hat dir der Besitzer bezahlt, dass du ihn von dem Schrotthaufen erlöst?“, fragte Klaus, als sie nach Hause kam.
    „Für meine Zwecke reicht er“, sagte Hedi und ging ins Schlafzimmer.
    Klaus kam ihr nach. „Und was sind deine Zwecke?“
    „Ich glaube nicht, dass ich dir das noch erklären muss.“ Sie zog einen Koffer vom Schrank.
    Klaus nahm ihn ihr ab. „Du meinst es nicht ernst, oder?“
    Hedi öffnete den Schrank und holte einen Stapel Pullover heraus. „Gib mir bitte den Koffer.“
    „Du kannst nicht einfach gehen.“
    „Und ob ich kann.“
    Klaus sah sie mit einem seltsamen Blick an.

Weitere Kostenlose Bücher