Die Wassermuehle
sein.“
„Ich bitte dich!“
Klaus lachte. „Warum? Liegt dein IQ drüber?“
„Haha!“
Michael kam herein. „Ihr müsst mal ins Lauterborn fahren. Da beschwert sich eine Dame über zu viele Fliegen im Treppenhaus.“
Klaus legte die Zeitung weg. „Na so was aber auch.“
„Seit wann sind wir für die Bekämpfung von Fliegen zuständig?“, fragte Dagmar.
Michael gab Klaus den Zettel mit der Adresse. „Früher oder später landet eben alles bei der Polizei.“
„Ist dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass wir immer den ganzen Mist kriegen?“, fragte Dagmar, als sie aus dem Hof fuhren.
„Irgendeiner muss es machen.“
„Und warum nicht Hans-Jürgen?“
„Außer uns war niemand mehr da, oder?“
„Es weiß doch jeder, dass Hans-Jürgen den halben Tag mit Schrotteln verbringt.“
Klaus grinste. „Du solltest dich bei Michael beschweren, nicht bei mir.“
„Und du solltest dir nicht immer alles aufdrücken lassen!“
„Ob ich dumm auf der Wache rumsitze oder einen dummen Auftrag erledige: Wo ist der Unterschied?“
Vor einem grauen Hochhaus hielten sie an. Die Anruferin, eine etwa fünfzigjährige Frau namens Schenker, wartete in ihrer Wohnungstür im siebten Stock. „Es ist einfach unmöglich. Ich lebe seit zehn Jahren hier, aber so viel Ungeziefer hatten wir noch nie! Ich habe mich schon bei der Wohnungsbaugenossenschaft beschwert und beim Gesundheitsamt. Aber glauben Sie, da passiert was? Die schicken irgendeinen Büromenschen her, der zweimal gegen die Tür klopft und einfach wieder verschwindet, wenn niemand aufmacht.“
„Welche Tür wird denn nicht aufgemacht?“, fragte Klaus.
Sie zeigte nach oben. „Achter Stock, dritte Wohnung links. Gut riechen tut’s da oben auch nicht gerade.“
„Wer wohnt dort?“, fragte Dagmar.
„Bertold Wichert. Das steht jedenfalls am Klingelschild. Gesehen habe ich den nie. Aber es kann nur diese Wohnung sein. Die beiden anderen stehen leer.“
„Lebt Herr Wichert allein?“, wollte Dagmar wissen.
„Ich habe gerade gesagt, dass ich den Herrn nicht kenne! Tun Sie jetzt endlich was gegen dieses Ungeziefer, oder nicht?“
„Wir schauen nach, Frau Schenker“, sagte Klaus.
„Aber meinen Namen halten Sie bitte aus der Sache raus!“ Bevor Klaus etwas erwidern konnte, schloss sie die Tür.
„Es ist schon erstaunlich, wie nett sich manche Leute um ihre Nachbarn kümmern“, sagte Dagmar sarkastisch, als sie nach oben gingen.
„In so einem Haus zieht doch ständig jemand ein oder aus. Wer soll da den Überblick behalten?“
„Sie sagte, dass sie seit zehn Jahren hier wohnt.“
Klaus deutete auf die Fenster im Treppenaufgang, an denen grünschillernde Fliegen auf und ab liefen. „Mit dem Ungeziefer hat sie jedenfalls recht.“ Als sie in den achten Stock kamen, verzog Dagmar das Gesicht. Es roch widerlich. Klaus ging zu der Wohnung, an deren Tür der Name Bertold Wichert stand, und hielt seine Nase ans Schlüsselloch. „O je.“
Er klopfte und klingelte, aber es rührte sich nichts. „Soll ich einen Schlüsseldienst bestellen?“, fragte Dagmar.
Kaus trat zwei Schritte zurück. „Diese läppische Tür schaffe ich auch ohne Schlüsseldienst.“ Er nahm Anlauf und trat gegen das Schloss. Es passierte nichts. „Mist. Ist wohl doch ein Riegel davor.“
Dagmar lächelte. „Ich fahre schnell runter. Soll Michael die Kollegen von der Kripo benachrichtigen?“
„Noch nicht. Wir schauen erst mal selbst nach.“
Der Mann vom Schlüsseldienst brauchte zehn Minuten, bis das Schloss geknackt war. Als Klaus die Tür öffnete, kamen ihm ein Schwarm Fliegen und ein faulig-süßlicher Gestank entgegen. Damgar scheuchte die Fliegen weg. Im Flur war es eng und stockduster; Klaus tastete nach dem Lichtschalter. Eine von Spinnweben überzogene Funzel an der Decke ging an, aber sie spendete kaum Licht. Der Flur war über die gesamte Länge mit Kartons, Zeitungen und Sperrmüll vollgestellt; lediglich in der Mitte war ein schmaler Gang frei.
„Lass mich vorgehen“, sagte Klaus.
„Wozu?“
Dagmar schlüpfte an ihm vorbei. Selbst im trüben Licht sah Klaus, dass sie blass war. Das erste Zimmer, das sie betraten, war die Küche. Die Jalousie war zur Hälfte heruntergelassen, das Fenster auf Kippe. Auf dem Tisch türmten sich verschimmelte Lebensmittel und leere Bierdosen. Dazwischen standen eine halbleere Schnapsflasche und ein voller Aschenbecher. In der Spüle lagen aufgequollene Zeitschriften und nasse Socken. Der Linoleumboden war
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