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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
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Frau Belrot.“
    „Was ist mit Christoph-Sebastian?“, fragte Hedi.
    Anette nahm ihre Handtasche und verließ ohne eine Antwort mit Vivienne zusammen den Raum. Hedi räumte den Tisch ab. Sie trug das Geschirr in die Küche und setzte Wasser auf. Sie fragte sich, was Viviennes Agentin dazu trieb, einer Frau wie Anette Kunst anzubieten. Sie wartete, bis der Kessel anfing zu pfeifen, goss das heiße Wasser in eine Schüssel und ließ kaltes dazulaufen. Im Wohnzimmer war es auffallend still. Hedi ging nachsehen.
    Christoph-Sebastian hatte Juliettes Garnsortiment um Viviennes Yuccapalme gewickelt und war dabei, die Gardinen in Längsstreifen zu zerteilen.
    „Bist du des Wahnsinns?“, schrie Hedi.
    Christoph-Sebastian guckte erstaunt. Hedi nahm ihm die Schere weg und zog ihn grob vom Boden hoch.
    „Aua!“, rief er, riss sich los und rannte heulend aus dem Zimmer. „Das sag ich meiner Mama! Das ist Kinderschändigung!“
    Hedi ging zurück in die Küche. Auf den Fliesen breitete sich eine Pfütze aus. Fluchend drehte sie den Wasserhahn zu.
    Es dauerte fast zwei Stunden, bis Vivienne und Anette aus dem Atelier kamen. Sie trugen sechs Bilder zu Anettes Mercedes und beschäftigten sich eine Viertelstunde mit dem sachgerechten Verladen.
    Christoph-Sebastian nutzte die Zeit, um den Hofhahn in die Räucherkammer zu sperren und im Mühlteich baden zu gehen.
    „Ich bin wirklich glücklich, Sie kennengelernt zu haben, Frau Belrot“, meinte Anette zum Abschied.
    „Mein Gockel stinkt nach Pökelsalz“, sagte Hedi.
    „Die vier größeren Arbeiten lasse ich heute noch abholen“, sagte Anette.
    „Ja. Gut“, erwiderte Vivienne. „Bezahlen Sie per Überweisung?“
    „Du hast tatsächlich die ganzen Schinken gekauft?“, rief Hedi.
    „Also, bitte!“, sagte Vivienne.
    Anette lächelte. „Du trägst ja schon deine Freizeitsachen, Christoph-Sebastian.“
    „Ich musste ihn aus dem Mühlteich retten“, sagte Hedi.
    „Ja, ja, du machst das schon, Hedwig. Wenn’s recht ist, gebe ich Ihnen einen Scheck, Frau Belrot.“
    Sie gingen ins Haus; Christoph-Sebastian schlenderte in Richtung Obstwiese. Auf Juliettes wurmstichigem Schuhschrank im Flur schrieb Anette einen Verrechnungsscheck über dreißigtausend Euro aus. Hedi bemühte sich, unbeeindruckt auszusehen. Vivienne bedankte sich und verschwand mit dem Scheck nach oben.
    „Was sagt denn Bernd dazu, wenn du so viel Geld für Kunst ausgibst?“, fragte Hedi.
    „Er lässt mir diesbezüglich freie Hand.“ Sie lächelte. „Wer einer Mätresse eine Eigentumswohnung und ein Sportcoupé finanziert, muss es verkraften können, wenn die Ehefrau ein bisschen Bares für Bilder braucht.“
    Hedi war fassungslos. „Bernd betrügt dich?“
    „Seit drei Jahren.“
    „Und das stört dich nicht?“
    „Ende Januar rief ein freundlicher Autoverkäufer an. Er erkundigte sich, wie ich mit dem kürzlich erworbenen Wagen zufrieden sei. Pech nur, dass ich kürzlich gar keinen Wagen erworben hatte. Bernd hat es nicht mal abgestritten. Ich dachte ernsthaft daran, mich scheiden zu lassen.“
    „Aber?“
    „Rational betrachtet wäre das ziemlich dumm, oder? Nichts gegen dich, Hedwig. Aber ich fände es nicht besonders erstrebenswert, in einer billigen Mietwohnung oder baufälligen Hütte vor mich hinzudarben. Lieber lasse ich meinen Gatten ordentlich für seine Sünden bluten.“
    „Du meinst mit baufälliger Hütte nicht zufällig dieses Anwesen hier?“, sagte Hedi verstimmt.
    „Also, wenn du ehrlich bist ...“ Anette warf einen Blick auf ihre Uhr. Statt Ziffern waren Brillanten eingesetzt. „Liebe Zeit. Ich muss heim!“
    Hedi begleitete sie nach draußen.
    „Spinnst du?“, hörten sie jemanden in den Gewächshäusern schreien. Der Stimme nach war es der Gärtnergehilfe, den Uwe eingestellt hatte. „Mach sofort, dass du hier rauskommst!“ Christoph-Sebastian tauchte in der Tür des ersten Gewächshauses auf.
    „Christoph-Sebastian!“, rief Anette. „Komm sofort hierher!“
    Als der Junge am Auto eintraf, strich Anette ihm lächelnd über den Kopf. „Dass du dich ja ordentlich benimmst in den nächsten vier Wochen.“
    „Ja, Mama“, sagte Christoph-Sebastian und rannte davon.
    Hedi wurde blass. „Vier Wochen? Bist du verrückt?“
    Anette stieg in den Wagen und warf ihre Handtasche auf den Rücksitz. „Sei nicht so kleinlich. Bernd und ich fliegen morgen auf die Malediven. Das ist einfach nichts für ein Kind.“
    „Du fährst mit ihm in Urlaub, obwohl er dich betrügt?“,

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