Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)
waren es insgesamt?«
»Knapp über neunhunderttausend.«
»Und wie haben Sie bezahlt?«
»Wir haben das Geld überwiesen.«
»Ist das üblich?«
»Es war ein einmaliger Deal. Der Preis war unschlagbar, deshalb haben uns die Konditionen nicht gestört.«
»Wohin ging die Überweisung?«
»Ich weiß es nicht.«
»Wer dann?«
»Die Buchhaltung.«
»Wer kann mir dort Auskunft geben?«
»Rosemary Shields.«
»Mr. Tran, tun Sie mir einen Gefallen? Rufen Sie Rosemary an, während ich dranbleibe, und bitten Sie sie, mir die Überweisungsdaten zu geben. Ich werde dafür sorgen, dass man Sie, Rosemary und G.B. Flatt aus den weiteren Ermittlungen heraushält.«
»Einen Moment bitte«, sagte er.
Fünf Minuten lang tat sich nichts, und Ava fürchtete schon, sie sei aus der Leitung geflogen. Als sie gerade auflegen und erneut anrufen wollte, meldete sich Tran wieder. »Die Überweisung ging vor zwei Wochen an die Dallas First National Bank, 486 Sam Rayburn Drive, in Dallas, Texas.«
»Auf wessen Konto?«
»Das von Seafood Partners natürlich.«
»Haben Sie einen Ansprechpartner bei der Bank?«
»Nein.«
»Eine Telefonnummer?«
»Leider nein.«
»Vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich wende mich direkt an die Bank.«
Die Dallas First National hatte nur zwei Niederlassungen, und die Hauptgeschäftsstelle am Sam Rayburn Drive lag in einer Einkaufsmeile. Jeff Goldman war Bankdirektor, Vorstandsvorsitzender und Filialleiter in einer Person. Ein vielbeschäftigter Mann , dachte Ava.
Die FDA -Masche würde bei Goldman womöglich nicht ziehen. Zeit, Rebecca Cohen ins Spiel zu bringen.
Sie rief die allgemeine Rufnummer an. Fast eine Minute musste sie sich anhören, wie eine Stimme mit schleppendem texanischem Akzent die Vorteile von Lokalbanken und persönlichem Service aufzählte, danach wurde sie zu einer Mailbox durchgestellt und hinterließ eine Nachricht.
Goldman rief erst am frühen Nachmittag zurück. Ava hatte schon befürchtet, dass er ihre Geschichte überprüft hatte und sie nie von ihm hören würde.
»Finanzministerium, Rebecca Cohen«, sagte sie.
»Ms. Cohen, hier spricht Jeff Goldman, Dallas First National Bank. Sie haben sich heute Vormittag bei uns gemeldet.«
Er klang, als käme er nicht aus Texas, sondern aus New York. »Ja, das stimmt, vielen Dank für Ihren Rückruf.«
»Für welche Abteilung des Finanzministeriums arbeiten Sie, Ms. Cohen?«
»Für die Bundessteuerbehörde.«
»Das ist immer noch ziemlich vage.«
»Meine Abteilung befasst sich mit Geldwäsche.«
»Was zum Teufel wollen Sie also von mir? Wir sind nur eine Lokalbank, eine Art Tante-Emma-Laden.«
Damit er sich ein paar Szenarien durch den Kopf gehen lassen konnte, wartete sie kurz, bevor sie fragte: »Haben Sie einen Kunden namens Seafood Partners?«
Sie hörte, wie er mit der Faust auf den Tisch schlug. »Scheiße«, sagte er.
»Wie lange zählt die Firma schon zu Ihren Kunden?«
»Scheiße, Scheiße, Scheiße.«
»Mr. Goldman«, insistierte sie, »wie lange ist sie bei Ihnen Kunde? Nicht allzu lange, vermute ich.«
»Etwa drei Wochen«, antwortete er gepresst.
»Wer hat das Konto eröffnet?«
»Ein Chinese namens Seto.«
»Wie viel hat er auf das Konto eingezahlt?«
»Eintausend Dollar.«
»War er dazu persönlich in Ihrer Filiale?«
»Das ist die einzige Art, wie wir Geschäfte machen.«
»Sie haben ihn also kennengelernt?«
»Nein, eine meiner Angestellten hat ihn betreut. Es war doch nur ein Geschäftskonto mit tausend Dollar. Aber gesehen habe ich den Mann: groß, fast mager, mit dünnem Schnurrbart.«
»Und vor zwei Wochen wurde telegraphisch eine Summe von fast vier Millionen Dollar auf das Konto überwiesen. Ich wette, das ist Ihnen aufgefallen.«
»Natürlich.«
»Kam Ihnen das nicht verdächtig vor?«
»Nein, wieso auch? Unsere Bank ist klein, aber wir sind hier in Dallas: Geschäftliche Transaktionen über Millionen sind nichts Ungewöhnliches.«
»Trotzdem hat Ihre Angestellte Sie darauf aufmerksam gemacht?«
»Wir mussten prüfen, ob alles legal war.«
»Und was haben Sie dahingehend unternommen?«
»Wir haben die ausstellende Bank kontaktiert, und um ganz sicher zu gehen, haben wir zusätzlich bei G. B. Flatt in der Buchhaltung angerufen.«
»Und?«
»Dort hat man uns erzählt, man hätte eine größere Menge Shrimps gekauft. Es schien logisch zu sein.«
Zeit, einen Gang zurückzuschalten, nicht zu viel Druck auszuüben. »Dieser Seto – was hat er Ihnen über seine Firma
Weitere Kostenlose Bücher