Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)
»Tja, die Ware war für den Verkauf bei Major Supermarkets in Einzelbeutel verpackt worden, die Mindergewicht hatten. Wir haben etliche davon für einen anderen Einzelhändler neu verpackt, den Rest haben wir in Säcke von Seafood Partners abgefüllt.«
»Mit korrekter Gewichtangabe?«
»Natürlich, obwohl das nicht gerade einfach war. Normalerweise müssen wir fünf Prozent pro Beutel dazugeben, um das überschüssige Eis zu kompensieren. Diesmal waren es zehn Prozent und mehr.«
»Und für welchen Händler wurde die Ware neu verpackt?«
»G. B. Flatt.«
»Unter dessen Markenname?«
»Ja.«
»Wie viel?«
»Zwanzig Truckladungen.«
»Befindet sich ein Teil der Ware noch bei Ihnen?«
»Nein, nein, nach dem Verpacken haben wir sie sofort weiterverschickt.«
»Wohin?«
»Zu deren Hauptauslieferungslager in Houston.«
»Und der Rest?«
»Zu einem Lager in Seattle.«
»Welches?«
»Continental. Sie haben nur einen Kühlraum.«
»In wessen Auftrag?«
»Seafood Partners.«
»Haben Sie Ihr Geld schon bekommen?«
»Wäre das nicht der Fall, hätte die Ware unser Lager nicht verlassen.«
»Wurde per Scheck bezahlt?«
»Ja.«
»Von Seafood Partners?«
»Ja.«
»Sie haben nicht zufällig eine Kopie des Schecks vorliegen?«
»Doch, natürlich.«
»Bitte holen Sie sie.«
Ava hörte, wie ein Aktenschrank geöffnet und geschlossen wurde, dann ein Rascheln.
»Ich habe sie«, sagte er.
»Geben Sie mir die Daten durch.«
Er war von der Northwest Bank ausgestellt, einem großen Geldinstitut mit Hauptsitz in Seattle. Seafood Partners hatte ein Konto bei einer Filiale in der Nähe des Sea-Tac-Airport. Ho nannte ihr Adresse, Telefon- und Kontonummer.
»Wer war Ihr Ansprechpartner bei Seafood Partners?«
»Jackson Seto.«
»Sonst noch jemand?«
»Nein.«
»Haben Sie je seinen Partner George Antonelli getroffen?«
»Nein, und Seto auch nie persönlich. Das Geschäftliche haben wir telefonisch abgewickelt.«
»Wann haben Sie zuletzt von ihm gehört?«
»Ich habe ihn vor vier oder fünf Wochen angerufen, nachdem die Ware fertig verpackt war.«
»Unter welcher Nummer?«
Er nannte ihr dieselbe Handynummer wie Andrew Tam.
»Sagen Sie, Mr. Ho, wie ist Jackson Seto eigentlich auf Sie gekommen?«
Er lachte. »In der Branche braucht irgendwann jeder meine Hilfe. Das ist mein Job – die Probleme anderer Leute zu lösen.«
»Nun, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie über dieses Problem Stillschweigen bewahren würden. Es gibt keinen Grund, Seto anzurufen, und falls er sich bei Ihnen meldet, sollten Sie diese Unterhaltung mit keinem Wort erwähnen.«
»Er gehört ganz Ihnen.«
»Danke.«
»Allerdings wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie unsere Kooperationsbereitschaft in Ihrem Bericht erwähnen.«
»Schon so gut wie erledigt, Mr. Ho«, sagte sie.
Ava suchte im Internet nach Informationen über G. B. Flatt. Es handelte sich um die größte Lebensmittel-Einzelhandelskette in Texas mit mehr als dreihundert Filialen. Sie durchsuchte verschiedene aufgeführte Abteilungen, bis sie den Verantwortlichen für Meeresfrüchte in einem Unterverzeichnis für verderbliche Lebensmittel fand. Dessen Name lautete J. K. Tran – bestimmt ein Vietnamese. Mann oder Frau? Nicht so eindeutig.
Sie überlegte, ob sie weiter die Rolle der FDA -Kontrolleurin spielen sollte. Bis jetzt läuft es wie geschmiert, dachte sie. Carla hatte sich als Glücksgriff erwiesen.
J.K. Tran war nicht erfreut, von ihr zu hören. »Wir haben nichts falsch gemacht«, platzte er heraus, sobald sie die FDA und Seafood Partners erwähnte.
Warum so defensiv? , fragte sie sich. Hat er sich schmieren lassen? Hat Seto ihn bestochen, damit er die Ware annimmt?
»Mr. Tran«, sagte sie gedehnt, »unser Interesse gilt allein Seafood Partners. Wir haben bereits mit Barry Ho von Garcia Shrimps gesprochen, und er schwört, dass die Ware jetzt den Vorschriften entspricht. Mein Problem ist, wir haben Mr. Seto mitgeteilt, dass die Ware nicht zum Transport freigegeben ist. Uns liegt nichts, rein gar nichts gegen G.B. Flatt vor. Sie können die Ware behalten. Ich brauche nur die Bestätigung, bei wem Sie sie gekauft haben.«
»Seafood Partners.«
»Jackson Seto?«
»Ja.«
»Wie viel hat er Ihnen gezahlt?«
»Wozu müssen Sie das wissen?«
Tran ist nicht auf den Kopf gefallen , dachte sie. »Wir verhängen ein Bußgeld, das auf Grundlage des Warenwertes berechnet wird.«
Das schien plausibel, denn Tran sagte: »Vier Dollar pro Pfund.«
»Wie viel Pfund
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